"Wir schaffen das zusammen"
Martina Gerdes und ihre Tochter Simone engagieren sich in vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Die Bankkauffrau Martina Gerdes (61) ist Regionalleiterin der Caritas-Konferenzen in Arnsberg, engagiert sich in der Hospizseelsorge des Erzbistums Paderborn und gründete und leitet die Jugend-Caritas in Arnsberg. Zudem ist sie in der Stiftung Nordwest der Mitarbeitenden der Deutschen Bank verantwortlich für Projekte für Kinder in Ostwestfalen-Lippe. Die Sonderpädagogin Simone Gerdes (27) engagiert sich in vielfältigen Projekten der Jugend-Caritas sowie der Kirchengemeinde. Lange hat sie in einem Hospiz ehrenamtlich mitgearbeitet und während ihres Studiums in Köln einen schwerstmehrfach behinderten Jungen begleitet.© Markus Jonas
Caritas in NRW: Simone, was bewundern Sie am meisten am sozialen Engagement Ihrer Mutter?
Simone Gerdes: Ich bewundere, dass Mama niemals aufgibt und immer weitermacht. In allen Bereichen ist sie der Motor, vor allem für die Arnsberger Jugend-Caritas mit ihren 114 Mitgliedern. Ohne sie würde dort vieles nicht laufen. Sie überlegt immer, was man Neues schaffen könnte, und motiviert uns Jugendlichen, Gutes zu tun. Dieses Engagement ist das Herzstück ihrer Arbeit und treibt uns alle an.
Caritas in NRW: Was bewundern Sie am meisten am sozialen Engagement Ihrer Tochter?
Martina Gerdes: Ich schätze Simones Fröhlichkeit und ihre unermüdliche Bereitschaft, sich einzubringen. Sie ist meist die Erste, die sich meldet, wenn ich etwas in die Social-Media-Gruppe unserer Jugend-Caritas poste, und zieht dadurch auch andere Jugendliche mit. Sie ist eine Multiplikatorin und verbreitet immer Freude - das berührt mich jedes Mal sehr.
Caritas in NRW: Welche besondere Eigenschaft bringt Ihre Mutter, welche Ihre Tochter in ihre Arbeit für die Caritas ein?
Simone Gerdes: Ihre große Liebe zu den Menschen. Sie hat ein riesiges Herz und sieht stets diejenigen, die Hilfe benötigen. Ob es Kinder aus benachteiligten Familien sind, für die sie eine Wunschstern-Aktion organisiert, oder Menschen mit Behinderung im Wohnheim - Mama hat immer den Blick für die, die oft übersehen werden.
Martina Gerdes: Simone hat eine Ausdauer, die ich bewundere. Wenn sie sich für jemanden einsetzt, dann spielt die Zeit keine Rolle, selbst wenn sie dafür bis in die frühen Morgenstunden wach bleiben muss. Sie gibt einfach nicht auf.
Caritas in NRW: Gab es eine konkrete Situation, in der Ihre Tochter Sie inspiriert hat?
Martina Gerdes: Simone war ehrenamtlich im Hospiz tätig, und als meine Schwiegermutter starb, hat sie mir sehr geholfen. Sie wusste genau, wie man mit Sterbenden umgeht - das hat mich beeindruckt und mir Halt gegeben. Simone hat mir gezeigt, wie man in solchen Momenten eine Kerze anzündet, betet, still ist und einfach am Bett des Verstorbenen schweigend da ist. Da hat sie mir gezeigt, wie ich mit dem Tod meiner Schwiegermutter umgehen kann.
Caritas in NRW: Wo hat Ihre Mutter Sie inspiriert?
Simone Gerdes: 2023 wurde meine Mutter mit dem Elisabeth-Kreuz geehrt. Das hat mir vor Augen geführt, wie viel sie für andere tut und wie viel Liebe sie gibt. Obwohl sie zurückhaltend ist, wenn es um Auszeichnungen geht, und sie diese eigentlich nicht möchte, hat mich das sehr gefreut. Es war eine schöne Anerkennung für ihr Engagement, ein schönes Zeichen der Wertschätzung.
Den Engel schenkte Simone Gerdes ihrem Opa, als die Oma gestorben war. "Das hat ihm, glaube ich, sehr viel bedeutet." Als ihr Opa starb, erbte sie den Engel. "Der bedeutet für mich Familie. Der Engel beschützt mich und meine Familie."© Markus Jonas
Caritas in NRW: Wie unterstützen Sie sich gegenseitig in Ihrem Engagement?
Martina Gerdes: Wir unterstützen uns auf vielen Ebenen. Egal ob schwere Möbel tragen, was ich nicht gut kann, oder gemeinsame Projekte - wir ergänzen uns gut. Simone hilft mir bei vielen Aufgaben, und auch ich unterstütze sie, wenn sie mal Rat in ihrem Referendariat braucht. Wir stehen uns einfach immer zur Seite.
Simone Gerdes: Mama ist eine echte Macherin. Sie überlegt und plant etwa die Projekte für die Arnsberger Jugend-Caritas, und wir setzen sie um. Ihr Netzwerk und ihre motivierende Art sind entscheidend für unsere Arbeit. Ohne sie wäre vieles nicht möglich.
Caritas in NRW: Was motiviert Ihre Tochter besonders, sich zu engagieren?
Martina Gerdes: Simone spürt die Freude, die sie anderen Menschen schenkt. Wenn eine Oma im Hospiz sagt, den Pudding, den du mir heute gekocht hast, das war der leckerste Pudding, den ich je in meinem Leben gegessen habe. Oder wenn der kleine schwerstmehrfach behinderte Junge, den sie in Köln betreut hat, sich mal von den Eltern löst und Simone akzeptiert wie seine eigene Mama - das gibt ihr viel zurück und motiviert sie, weiterzumachen.
Caritas in NRW: Und was motiviert Ihre Mutter?
Simone Gerdes: Mama weiß, dass es wirklich viel bringt, wenn sie sich für andere Menschen einsetzt. Ich glaube, wenn sie spürt: Das hat sich wirklich gelohnt, dass ich mich dafür eingesetzt habe, das motiviert Mama. Zum Beispiel die strahlenden Gesichter der Kinder bei der Wunschstern-Aktion: Das ist für sie der größte Lohn. Diese Momente geben ihr viel Kraft.
Martina Gerdes: Ihr Vater hatte in einem Liebesbrief an ihre Mutter Vergissmeinnicht gemalt. Ein Bild davon wählte Martina Gerdes für seine Todesanzeige aus. "Sie symbolisieren für mich Familie und ein Gefühl des Getragenseins." Ein kleiner Schutzengel hält die Blumen für sie in der Hand und steht neben einem Haus, das für sie nicht nur das eigene Zuhause darstellt, sondern auch die Kirchengemeinde oder ihre Kollegen – Orte der Geborgenheit.© Markus Jonas
Caritas in NRW: Welchen Rat haben Sie voneinander bekommen, der Ihnen besonders geholfen hat?
Simone Gerdes: Wir schaffen das zusammen.
Martina Gerdes: Simone hat oft ein gutes Gespür dafür, wenn ich mal zu festgefahren bin. Sie und ihr Bruder geben mir manchmal einen anderen Blickwinkel, und das hilft mir sehr, mich zu reflektieren und zu öffnen.
Caritas in NRW: Gibt es eine kurze Anekdote, die Ihre Zusammenarbeit beschreibt?
Simone Gerdes: Wenn ich mitten in der Nacht Mama anrufe, weil ich Hilfe brauche, sagt sie immer: "Wir schaffen das schon zusammen." Dieser Satz begleitet uns in vielen Situationen, sei es beim Verfassen einer Karte oder bei gemeinsamen Projekten - der Austausch und das gegenseitige Unterstützen sind immer da.
Die Fragen stellte Markus Jonas.