Kartoffelstampf mit Senf und Sambal
Die 84-Jährige ist keine Frau für das heimische Sofa. "Da wäre es doch furchtbar langweilig."© Michael Bönte
Der Duft verrät es schon an der Haustür: Heute gibt es etwas Deftiges. Auf dem Weg hoch in die zweite Etage wird der Essensgeruch intensiver. Das hier ist eine offene Tagesstätte für Frauen in prekären Lebenslagen. Männer haben hier keinen Zutritt, um einen Schutz- und Schonraum zu schaffen. Spätestens in der kleinen Küche auf dem langen Flur mit verschiedenen Beratungs- und Hilfsangeboten weiß jede Besucherin, dass sie sich nicht geirrt hat: Elisabeth Derpmann steht am Herd und rührt in den Töpfen mit Kartoffelpüree und Sauerkraut.
"Meine Spezialzutaten sind Senf und Sambal Oelek", sagt sie. Und mischt ein paar große Löffel davon unter den Kartoffelstampf. "Das mögen die Frauen hier." Sie meint die etwa 30 Besucherinnen, die sich im benachbarten Gemeinschaftsraum eingefunden haben und auf eine warme Mahlzeit warten. Seit zehn Uhr steht Derpmann bereits an den Töpfen. Das tut sie einmal in der Woche. An den übrigen Tagen gibt es in den Räumen Frühstück. Auch bei dessen Zubereitung hilft sie immer mal wieder.
Warme Mahlzeit mit einem Lächeln: Elisabeth Derpmann beim Ausgeben des Essens an die Besucherinnen des Tagestreffs. Sie war schon vor Schicht-Beginn im Supermarkt, hat das Kraut, zehn Kilo Kartoffeln und Bockwürstchen gekauft. "Das spende ich", sagt sie. "Die 20 Euro gebe ich gern."© Michael Bönte
Derpmann macht das seit knapp zehn Jahren. "Damals war ich Mitte 70, und Kolleginnen aus der Kleiderkammer fragten mich, ob ich Lust hätte, auch hier mitzuhelfen." Ein später Start für das ehrenamtliche Engagement. Aber kein überraschender, sagt sie. "Eigentlich war es eher eine Konstante." In der Pfarrgemeinde war sie immer schon aktiv. Für die verschiedenen Angebote des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) auch. "Warum nicht auch noch kochen, das habe ich schon immer gern gemacht."
Bockwürstchen, Sauerkraut und Kartoffeln hat sie selbst bezahlt
Und so steht sie auch heute in dem Raum, der alles andere als die Ausmaße einer Kantinenküche hat. Vielleicht sechs Quadratmeter, auf den Herd haben gerade mal die drei Töpfe für das Mittagessen Platz. Derpmann war schon vor Schicht-Beginn im Supermarkt, hat das Kraut, zehn Kilo Kartoffeln und Bockwürstchen gekauft. "Das spende ich", sagt sie. "Die 20 Euro gebe ich gern."
Die kleine Küche hat alles andere als die Ausmaße einer Kantinenküche, vielleicht sechs Quadratmeter, auf dem Herd haben gerade mal die drei Töpfe für das Mittagessen Platz. © Michael Bönte
So gern, wie sie ihren Dienst hier tut. Die 84-Jährige ist keine Frau für das heimische Sofa. "Da wäre es doch furchtbar langweilig." Dann zeigt sie auf die Durchreiche zum Gemeinschaftsraum, wo die hungrigen Gäste bereits warten: "Da spielt das Leben, da werde ich gebraucht, da sind Menschen, denen ich etwas Gutes tun kann." Gutes - das ist nicht nur ein Teller mit warmem Essen. An dessen Rand hört die Ausstrahlung nicht auf, sagt Derpmann. "Wir zeigen mit unserem Angebot, dass wir sie sehen, dass wir sie respektieren, dass wir sie wertschätzen."
Ist der Kontakt an der Durchreiche auch nur kurz - er reicht, um etwas von den Lebensgeschichten und Schicksalen der oft obdachlosen Besucherinnen zu erfahren. "Das erdet und öffnet die Augen für das eigene Glück", sagt sie. Wenn sie nach dem Mittagessen nach Hause aufbricht, nimmt sie genau dieses Gefühl mit. Die zufriedenen Frauen, denen das Essen von Derpmann geschmeckt hat, beschenken sie jedes Mal damit.