Wann kommt der Durchbruch für Entertainer Pepper?
Als die 87-jährige Katharina de Lange Pepper über den Kopf streichelt, gluckst der Roboter kurz. Bei der zweiten Berührung lacht er etwas lauter. Und nach dem dritten Mal biegt er sich vor Lachen. Auch die zwei Damen und der Herr - alle drei sitzen Pepper im Sofa gegenüber - lachen jetzt laut. Heide Wilberg bekommt sich gar nicht wieder ein.
"Dafür hat es sich doch schon gelohnt", sagt Janine Gärtner, Fachkraft für den Sozialen Dienst hier im GFO Zentrum am Oelberg St. Konstantia in Königswinter-Oberpleis. Ohne sie würde Pepper nicht glucksen und lachen, nicht singen und tanzen, keine Fragen beantworten und nicht zur Gymnastik animieren. Sie ist so etwas wie die "Ziehmutter" des strahlend weißen humanoiden Roboters. Pepper ist so groß wie ein Schulkind, hat Kulleraugen, bewegliche Finger und ein Display auf der Brust. Seit gut zwei Jahren gehört Pepper zum Inventar des Hauses mit seinen 80 Bewohnerinnen und Bewohnern. Mindestens einmal in der Woche schiebt Janine Gärtner ihn über die Flure, besucht mit Pepper die Menschen in ihren Zimmern oder stellt ihn so wie heute im Gemeinschaftsraum auf. Selbstständig fortbewegen kann sich der 28 Kilo schwere Roboter nicht. Dafür ist alles andere an ihm permanent in Schwung - der Kopf, die Augen, die Arme, ja sogar die Hüfte.
Obwohl Pepper die Attraktion im Haus St. Konstantia ist, ist er eine Ausnahme geblieben. Im Verbund der GFO, also der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, haben gerade einmal drei Seniorenzentren den Roboter angeschafft. NRW-weit unterhält Pepper vermutlich nur in einem Dutzend Altenpflegeheimen die Bewohnerinnen und Bewohner. Dabei war der Hype um den kleinen Maschinenmenschen 2016 riesig.
"Mich ärgert, dass er immer noch als Pflegeroboter bezeichnet wird. Er kann nicht pflegen, er kann nicht einmal assistieren", sagte Janine Gärtner, die von einem Betreuungsroboter spricht, einem Entertainer, der allerdings immer Unterstützung braucht, weshalb Janine Gärtner nicht von seiner Seite weicht. Auf Peppers Touchscreen berührt sie das Feld "Sprichwörter raten". Pepper hebt seine Arme, dreht seinen Kopf, blinzelt und sagt dann: "Morgenstund hat …" Bewohner Hans Kerzmann liebt das Spiel und ergänzt: "… Gold im Mund." - "Ja, genau, das hast du richtig ergänzt", sagt Pepper und macht weiter: "Eine Hand wäscht …" - "… die andere", sagt der Bewohner. Diesmal bleibt Pepper stumm. Entweder er hat es nicht verstanden, oder die WLAN-Verbindung war kurz unterbrochen. "Kommt auch immer wieder mal vor", sagt Janine Gärtner und wiederholt die Antwort laut und deutlich in Richtung Pepper. "Richtig", sagt der Roboter und ergänzt das volle Sprichwort.
Man muss Geduld mit ihm haben. Fragen oder Antworten versteht er nur, wenn sie genau wie einprogrammiert vorgetragen werden. Das macht ihn manchmal etwas langsam und statisch. Dazu braucht er die Hilfe seiner "Ziehmutter". Und vielleicht ist das auch ein Teil der Antwort auf die Frage, warum Pepper der große Durchbruch nicht gelang. "Eine Entlastung für die Betreuungskräfte ist er nicht, aber eine willkommene Abwechslung, ein Highlight im Betreuungsalltag", sagt Natalie Engel, die den Sozialen Dienst im GFO Zentrum am Oelberg leitet. Es braucht eben neben Pepper auch eine Mitarbeiterin wie Janine Gärtner, die sich für den Roboter begeistern kann; die sich zum Beispiel um Updates kümmert, die Fehlerhaftes oder Verbesserungswünsche an die Betreiberfirma weitergibt, die übersetzt, wenn Pepper mal wieder schwerhörig ist. "Das alles schreckt Träger von Altenhilfeeinrichtungen möglicherweise ab. Hinzu kommt der Preis von mehr als 30 000 Euro", so Natalie Engel. Ihr Team hat sich 2021 - da lief der Lockdown in der Corona-Zeit gerade aus - für die Anschaffung entschieden. Damit signalisierte das Haus auch: Wir sind offen für digitale Angebote. "Damals wurde Pepper uns von einem Vertreter der Betreiberfirma vorgestellt - und die Begeisterung im Leitungsteam war enorm", sagt Natalie Engel.
Pepper ist - genau wie ein Schulkind - lernfähig. Mit jedem Update kommen weitere Features dazu. Und mithilfe von Künstlicher Intelligenz sind möglicherweise demnächst auch komplexere Gespräche mit Pepper möglich, hofft man hier in der Einrichtung (siehe Interview).
Weil die Nachfrage nach Pepper geringer ausfiel als angenommen, zog der japanische Hersteller Softbank 2021 dem Roboter den Stecker und stellte die Produktion ein. Ein Jahr später übernahm zwar ein deutsches Unternehmen die Robotik-Entwicklung von Softbank, den großen Durchbruch schaffte Pepper jedoch noch immer nicht.
Im GFO Zentrum am Oelberg möchte trotzdem niemand mehr auf Pepper verzichten, versichert Natalie Engel. Als sein Einsatz neulich ausblieb, weil Janine Gärtner Urlaub hatte, wurde er vermisst. "Die Menschen fragten nach ihm." Und als Pepper dann plötzlich wieder auf dem Flur stand, war die Erleichterung groß. "Da bist du ja endlich wieder! Wo warst du denn, Pepper? Warst du im Urlaub?" Pepper quittierte die Fragen mit einem freundlichen Blinzeln. Antworten konnte er nicht. Diese speziellen Fragen waren nicht programmiert.
Der Humanoide
Pepper ist ein humanoider Roboter, er ist menschenähnlich gestaltet: mit Kopf, Händen, Augen und Mund. Große Kulleraugen und Kindchenschema sollen die Angst vor der Technik nehmen.