"Gutes für die Menschen tun"
Caritas in NRW: Was waren Anlass und Idee für die Gründung einer Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen?
Norbert Killewald: 1974 beschloss der Landtag NRW ein Spielbankengesetz. Man wollte das Glücksspielen kontrolliert erlauben. Dann stand die Frage im Raum, was machen wir denn mit Erlösen? Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das dafür eine Stiftung mit einem sozialen Zweck gegründet hat. Das geschah also vor 50 Jahren am 19. März 1974 durch den Errichtungsbeschluss im Spielbankengesetz. Teile der Gewinne, die Spielbankabgaben, gehen seitdem an die Stiftung, seit etwa 30 Jahren sind dies 25,6 Millionen Euro jährlich.
Caritas in NRW: Warum nur Teile der Spielbankabgabe?
Norbert Killewald: Gesetzlich geregelt ist, dass ein bestimmter Anteil in den Spielbanken selbst bleibt, ein weiterer Anteil geht an die Kommune, in der die Spielbank liegt, und das Land kriegt einen Anteil. Anfangs war es so gedacht, dass die Stiftung den gesamten Landesanteil erhält, aber das wurde zwischenzeitlich so viel, dass man den Anteil auf 25 Millionen Euro festgeschrieben hat. Das Gute war, als die Spielbankerlöse in einigen Jahren sanken, hat die Stiftung trotzdem diese Summe bekommen.
Caritas in NRW: Haben Sie Sorge, dass die Einnahmen aus den Spielbanken mal zurückgehen?
Marco Schmitz: Wenig. Seit der Privatisierung von Westspiel, das an die Merkur-Spielgruppe verkauft wurde, haben wir nicht die Bedenken, dass die Einnahmen zurückgehen. Vor einem Jahr ist in Monheim die fünfte Spielbank in Nordrhein-Westfalen eröffnet worden, damit sind weitere Erlöse hinzugekommen. Eine sechste Spielbank dürfte noch eröffnet werden und wird es voraussichtlich auch geben. Nach wie vor ist festgeschrieben, dass die Stiftung aus den Spielbankerträgen einen festen Betrag bekommt. Das kann nur der Landtag ändern und das ist nicht absehbar, weil das Geld gut eingesetzt wird.
Caritas in NRW: Wie sehr ist die Stiftung politisch akzeptiert von den Parteien im Landtag?
Marco Schmitz: Im Stiftungsrat haben die fünf Landtagsabgeordneten, die ja aus verschiedenen Fraktionen entsandt werden, zusammen die Mehrheit. Wir arbeiten interfraktionell sehr gut zusammen, wir gehen immer mit einer abgestimmten Meinung in die Sitzung. Im Stiftungsrat sind dann noch zwei Vertreter von der Freien Wohlfahrtspflege und zwei Vertreter aus dem Sozialministerium und einer aus dem Finanzministerium.
Zumindest in der Zeit, in der ich im Stiftungsrat sitze - aber wie zu hören war, auch vorher -, wird für die Beschlüsse des Stiftungsrates Einstimmigkeit herbeigeführt. Wir alle als Sozialpolitiker und auch die Ministeriumsmitarbeitenden folgen der Idee, Gutes für die Menschen zu tun. Das ist der Leitsatz, der uns alle führt. Deswegen gibt es auch keine Kontroversen untereinander im Parlament. Diese Stiftung ist eine Parlamentsstiftung. Sie ist anerkannt.
Mir ist es wichtig, dass wir die Förderbescheide persönlich übergeben. Wir laden dann alle Abgeordneten vor Ort ein, das wird auch sehr gut angenommen. Auch für die Abgeordneten ist es wichtig zu zeigen, was die Stiftung tut. Dass die Spielbankerträge nicht im Landeshaushalt die Lücken füllen, sondern wir das Geld nehmen, um damit Gutes zu tun. Das haben wir als Parlament so entschieden.
Caritas in NRW: Welche Vorhaben fördert die Stiftung?
Ulrike Hüppe: Wir fördern im Prinzip drei Arten von Anträgen: Bauprojekte mit Schwerpunkten im Bereich Wohnen für Menschen mit Behinderung und bei Quartiersprojekten. Als Zweites Modellprojekte. Mir persönlich ist sehr wichtig, zu zeigen, dass soziale Arbeit auch soziale Innovationen hervorbringt. Die Wohlfahrtsverbände sind innovativ in ihrer Arbeit und verändern unsere Gesellschaft. Der dritte Bereich sind die Anschubfinanzierungen. Damit können soziale Innovationen in der Fläche umgesetzt werden.
Caritas in NRW: Während der Corona-Zeit hat die Stiftung ein Sonderprogramm aufgelegt, 42 Millionen Euro für die Digitalisierung in der sozialen Arbeit. Wie bewerten Sie das Programm?
Norbert Killewald: Im Frühjahr 2020 beim ersten Lockdown standen wir vor der Situation, dass es Betretungsverbote gab und alles stillstand, während die Menschen ja trotzdem Bedürfnisse hatten. Wir haben uns mit der Freien Wohlfahrtspflege zusammengesetzt und überlegt, wie wir das verändern können. Schnell kam die Idee auf, digitale Instrumente und Wege könnten helfen. So bleiben die Zugänge zu den Angeboten möglich und bleiben dauerhaft erhalten. Innerhalb von zehn Wochen, unterstützt vom Projektträger Jülich, wurde eine Förderrichtlinie erarbeitet. Von der Frühförderstelle über Kindergärten bis hin zu Altenheimen - Dienste und Einrichtungen, die alle Lebensbereiche abdecken, konnten Anträge stellen, um ihre Arbeit digitaler zu gestalten.
Ein Beispiel: jeder von uns, der Kinder hat, kennt die Situation im Kindergarten, wenn morgens zwischen 07:30 Uhr und 08:30 Uhr das Telefon ununterbrochen bimmelt, oder auch Eltern noch etwas persönlich mitteilen wollen. Mit einer App - also digital - ist die Kommunikation sehr viel einfacher geworden. Ein Kindergarten hat uns dargelegt, er habe nur in dem einen Jahr 12000 Kopien eingespart, Elterninformationen, die sonst immer in den Fächern landen. Und die Eltern haben durch die App neue und ganz andere Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen, …
Marco Schmitz: … man kann ja auch die Kinderkrankmeldung darüber einreichen.
Norbert Killewald: So sind viele Prozesse inzwischen digital gestaltbar. Frauenhäuser, Wohnen für Menschen mit Behinderung, Sozialberater, alle haben Ideen entwickelt und umgesetzt. Insgesamt hatten wir 1256 Anträge für dieses Sonderprogramm. Wir haben 658 genehmigt, davon wurden 650 durchgeführt. Mit 42 Millionen Euro hat die Stiftung Wohlfahrtspflege Digitalisierung ermöglichen können. Die Antragsteller mussten nur fünf Prozent Eigenmittel mitbringen.
Manche Projekte fanden wir so wichtig, dass wir sie als Modellprojekte besonders hervorgehoben haben, weil sie gesellschaftlich so immens wichtig waren. Daneben haben wir eine wissenschaftliche Evaluation durch die Hochschule Düsseldorf erarbeiten lassen. Als die Projekte fertig waren, haben wir Policy-Briefe geschrieben, die genau beschreiben, was Politik und Gesellschaft daraus lernen können. Kein anderes Bundesland, keine andere Organisation, auch nicht die Bundesregierung hat so viel Geld in die Digitalisierung der sozialen Arbeit gesteckt wie wir. Weil im Stiftungsrat Konsens herrschte, dass das jetzt unbedingt nötig ist.
Marco Schmitz: Ein Grundsatz der Stiftung lautet: Alles, was wir tun, muss den Menschen zugutekommen. Das Sonderprogramm war definitiv solch ein Projekt, wo wir mit sehr viel Geld sehr viel Gutes tun konnten. Bei der Veranstaltung zur Evaluation hier im Landtag war zu sehen, wie die von der Stiftung geförderten Digitalisierungsprojekte den Menschen gutgetan haben.
Caritas in NRW: Hardware veraltet, Software braucht Updates, digitale Kenntnisse müssen sie regelmäßig üben. 42 Millionen Euro waren für die Digitalisierung der sozialen Arbeit sicherlich ein großer Segen, bundesweit einmalig. Aber das weckt natürlich auch Erwartungen, dass das irgendwie weitergeht.
Ulrike Hüppe: Das Programm hat Impulse gesetzt, deren überraschende Ergebnisse auch die Leute begeistert haben und wo sie dranbleiben.
Caritas in NRW: Können Sie ein Beispiel geben?
Ulrike Hüppe: Von Frauenhäusern ist uns berichtet worden, dass durch digitale Angebote ein ganz neuer Kreis von Frauen erreicht werden konnte: Frauen, die sich nicht getraut haben, irgendwo in eine Beratungsstelle zu gehen, die Angst hatten, dass sie gesehen werden. Durch den neuen, den digitalen Zugang haben die Frauenhäuser eine neue Klientinnengruppe angesprochen, die Hilfe brauchte und für die sie auf diesem Weg etwas tun konnten. Ähnliches geschah in der Obdachlosenarbeit.
Caritas in NRW: Strahlen solche Erkenntnisse auch in die Sozialpolitik hinein?
Marco Schmitz: Ja, natürlich. Best-Practice-Beispiele werden von anderen übernommen. Ich kenne das aus verschiedenen Einrichtungen hier in Düsseldorf, wo man erstmalig eine digitale Infrastruktur aufbauen konnte. WLAN in einer Altenhilfeeinrichtung war zum Beispiel vorher nicht üblich. Obdachlose bekamen die Möglichkeit zu kommunizieren. Stellen wurden geschaffen, wo sie ihre Handys aufladen können, wo es eine Powerbank-Tauschstation gibt. Das sind zwar scheinbar Kleinigkeiten, aber ohne Förderung nicht umzusetzen.
Ziel der Stiftung ist es, Ideen zu sammeln, Informationen zu bündeln und auf einer Plattform zur Verfügung zu stellen, damit Nachnutzung möglich ist. Wir sehen uns in der Stiftung als Ideengeber, wir gehen nicht in die Regelförderung. Es ist nicht unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jedes Haus im Land eine vernünftige WLAN-Infrastruktur hat. Dafür sind die Träger zuständig. Unsere Aufgabe ist es, die Idee zu geben, den Impuls zu setzen und vielleicht auch die Beratung zu bieten.
Norbert Killewald: Ein Beispiel dazu: Die Stiftung Wohlfahrtspflege hat drei Verbundprojekte für pflegende Angehörige ermöglicht: mit zwei Trägern und im Verbund mit sehr vielen Einrichtungen landesweit werden jetzt nach drei Jahren und abgeschlossenen Modellprojekten Konzepte erarbeitet. Damit können Einrichtungen Ferienangebote für pflegende Angehörige und ihre pflegebedürftigen Angehörigen anbieten. Die Kassen, auch die Ministerien, sind in den Projekten beteiligt und häufig können Ergebnisse übernommen werden.
Es gibt politische Ideen, es gibt Ideen von Trägern, und dann geben wir Geld, damit es erprobt werden kann. Danach muss die Gesellschaft sehen, was sie damit macht. Dafür sind Modellprojekte da.
Caritas in NRW: Wenn Sie auf 50 Jahre Stiftung Wohlfahrtspflege zurückschauen: Wie hat sich die Stiftung entwickelt?
Marco Schmitz: Sie hat inzwischen ca. 7950 verschiedene Projekte gefördert. Die Schwerpunkte haben sich im Laufe der Zeit geändert. Viele Projekte, die angestoßen werden, kommen über die Parlamentarier. Mich spricht häufig eine Kollegin oder ein Kollege aus dem Parlament an. Anfragen gehen dann immer an den Vorstand, der prüft. Wo wir Projekte möglich machen können, tun wir dies auch.
In 50 Jahren hat die Stiftung rund eine Milliarde Euro in gute Dinge gesteckt, Menschen geholfen, Kontakte ermöglicht, Begegnungen geschaffen. Das ist wirklich gut angelegtes Geld. Die Stiftung selbst ist natürlich auch gewachsen …
Norbert Killewald: … bis in die 80er Jahre wurden die Geschäfte in einem Referat des Sozialministeriums geführt. Erst danach gab es eine eigenständige Geschäftsstelle mit anfangs vier Mitarbeitenden.
Um mal die Milliarde in einen Vergleich zu setzen. Aktion Mensch hat 5,19 Milliarden Euro in 60 Jahren bewilligt. Die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW ist ungefähr für ein Fünftel der Bundesbürger zuständig. In Bezug auf das Fördervolumen sind auch wir eine durchaus sehr große soziale Stiftung.
Caritas in NRW: Warum ist sie dann relativ unbekannt?
Marco Schmitz: Da antworte ich gerne: Es ist ja traditionell so, dass der Sprecher oder die Sprecherin der größten Fraktion im Ausschuss für Arbeit, Gesund und Soziales des Landtags die Aufgabe als Stiftungsratsvorsitzender übernimmt. Deswegen hatte ich die Möglichkeit, das zu machen. Als ich angetreten bin, kannte ich die Stiftung Wohlfahrtspflege, weil Sozialpolitiker sie natürlich kennen. Aber das ist ein kleiner Kreis. Als ich mir dann das Fördervolumen und die schiere Zahl der Projekte vergegenwärtigt habe, habe ich gesagt, das kann doch nicht sein! Wir tun so viel Gutes und wir erzählen nicht darüber? Das widersprach meinem Verständnis von Politik - aber wir müssen auch die Best-Practice-Beispiele noch mehr bekannt machen.
Deswegen nehmen wir das Jubiläumsjahr als Anlass, die Stiftung in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Wir werden diese Stiftung jetzt im Land bekannter machen. Das ist mein Ziel als Stiftungsratsvorsitzender für diese Legislaturperiode. Dafür machen wir sehr viel Pressearbeit. Und wir übergeben die Bescheide persönlich, weil die Träger vor Ort die Presse einladen. Das ermöglicht uns, vor Ort zu erklären, wer wir sind und was wir tun.
Die Stiftung und ihre Website erhalten ein Redesign, wir werden den Rufnamen ändern in Sozialstiftung NRW, um es griffiger zu machen. Sozialstiftung NRW - das ist kurz, das ist präzise, man merkt, es ist eine Stiftung, die tut etwas für Soziales. Unter dem neuen Namen und mit einem neuen Logo werden wir stärker in die Öffentlichkeit gehen.
Caritas in NRW: Wird die Anbindung an die Wohlfahrtspflege bestehen bleiben? Oder ändert sich mit dem neuen Namen auch das Konzept?
Marco Schmitz: Die Namensänderung - das ist ganz wichtig - ist in Kooperation mit den Wohlfahrtsverbänden in einem einstimmigen Beschluss gefasst worden. Wir werden das Gesetz nicht ändern. Im Gesetz steht ganz klar drin: Der Name ist Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen. Der wird bestehen bleiben, auch die Zuwendungsempfänger bleiben unsere Partner in der Freien Wohlfahrt. Die Umsetzung der Ideen und Projekte muss wie bisher von unseren Partnern in der Freien Wohlfahrt, von Caritas, Diakonie, jüdischen Gemeinden, Rotem Kreuz, AWO und Paritätischem, gemacht werden. Die machen das hervorragend. Die haben die Fachexpertise vor Ort, die wir nutzen, um sie dann auch mit den Geldmitteln zu unterstützen.
Caritas in NRW: Wie feiert die Stiftung das Jubiläumsjahr?
Ulrike Hüppe: Wir feiern auf verschiedenen Ebenen. Wir legen ein Sonderförderprogramm auf. Wir möchten, dass die mit uns feiern können, die mit unseren Förderungen ja ihr Leben gestalten und verbessern können.
Hier im Landtag gestalten wir einen parlamentarischen Tag, denn die Stiftung ist eine Parlamentsstiftung. Das Parlament soll mit uns feiern, die Wohlfahrtspflege soll mit uns feiern, und natürlich nutzen wir dieses Jahr, um mit diesem neuen Rufnamen und dem modernisierten Erscheinungsbild das Innovationspotenzial deutlich zu machen. Wir fördern Innovationen und fordern die Wohlfahrtspflege auf: "Macht mit! - Überlegt euch was, wir unterstützen euch dabei!"
Caritas in NRW: Sie haben mich jetzt neugierig gemacht. Worum geht's beim Sonderförderprogramm?
Norbert Killewald: Ich möchte unterstreichen, was Frau Hüppe gesagt hat: Die Stiftung Wohlfahrtspflege war in 49 Jahren immer Motor der sozialen Innovation in Nordrhein-Westfalen. Blicken Sie auf die Frühförderung bei Kleinkindern, schauen Sie ins Hospiz: es war immer die Stiftung, die am Anfang finanzierte. Und wie Herr Schmitz vorhin sagte, Regelfinanzierung macht die Stiftung nicht. Deshalb fördert sie zum Beispiel im Moment nicht mehr den Aufbau von Hospizen, sondern unterstützt z. B. mit dem Modellvorhaben "Spiritual Care" ein Projekt der gemeinsamen Sorge von Medizin, Pflege, Psychotherapie und anderen Gesundheitsberufen für die Spiritualität kranker Menschen.
Im Jubiläumsjahr wollen wir die Förderung des Wohnens für Menschen mit Behinderung attraktiver machen. Wir wollen, dass alte Einrichtungen zeitgerechter und wenn es geht auch kleiner werden. Zuletzt wurde zu wenig gebaut, deshalb muss dieses Thema eine besondere Rolle spielen und wir wollen kleinere Einrichtungen besonders fördern.
Wir planen einen Architektenwettbewerb für verschiedene Bereiche, wahrscheinlich stationäre Altenhilfe, stationäre Eingliederungshilfe und ambulanten Wohnangeboten. Mit Fachleuten zusammen ist zu überlegen, wie sieht denn das Wohnen von Morgen in kleinen und großen Gemeinschaften aus? Präsentiert zum Jubiläumsdatum, wird es dann im Verlauf von Jahren wirken.
Orchestriert werden die Programme von einer Kommunikationsoffensive in die Fläche hinein. Wir müssen vor Ort noch präsenter als durch die Bescheidübergaben oder sonstige Anlässe. Wir planen eine Zusammenarbeit mit den Lokalradios und radio NRW. Mit einer stattlichen Summe, die zum Jubiläum 50 Jahre passt, werden wir viele kleine Projekte für junge Menschen vor Ort unterstützen. Mit dem Geld stoßen wir Leute an, etwas zu organisieren. Da sind die Träger der freien Wohlfahrtspflege die idealen Partner, weil sie im Kindergarten, im Offenen Ganztag, in der OT oder in der Straßensozialarbeit in der Arbeit mit den Jugendlichen sind und sie kennen. Das wird durch die Lokalradios begleitet aber auch über Social Media.
Redesign des Logos: Links ist das bisherige Logo zu sehen, ab diesem Jahr wird das Logo mit dem neuen Rufnamen "Sozialstiftung NRW" verwendet (rechts). Foto: Markus Lahrmann |
Marco Schmitz: Bei allen Projekten geht es nicht darum, die Verantwortlichen in der Stiftung in den Mittelpunkt zu stellen, sondern den Menschen, der davon profitiert. Nicht die Geschäftsstelle wird porträtiert, nicht die Bescheidübergabe den wichtigsten Faktor spielen, sondern der Mensch, der von der Förderung profitiert: der Rollifahrer, dem ein neuer Aufzug mehr Teilhabe ermöglicht. Die ältere Dame in der Altenpflegeeinrichtung, die dann die Möglichkeit hat, mit ihren Kindern, die 300 Kilometer weg wohnen, eine Videokonferenz zu machen, ihre Enkelkinder aufwachsen zu sehen. Wir sind Möglichmacher, wir wollen zusammen Zukunft gestalten und dafür gibt die Stiftung das Geld. Das ist die Idee, die hinter dem Jubiläumsjahr steht.
Caritas in NRW: Machen Sie auch was im Bereich Digitalisierung?
Marco Schmitz: Ja. Ein Projekt zur digitalen Teilhabe heißt "Wir vernetzt". Daneben fördern wir einen gesamtstrategischen Ansatz für die Digitalisierung der sozialen Arbeit, den Aufbau eines Portals zur allgemeinen Informationsvermittlung von der individuellen Sozialberatung mit integrierter Community-Software für den Austausch der Nutzer und Nutzerinnen untereinander und die Schaffung eines digitalen handytauglichen Angebots für pflegende Angehörige. Das sind vier Projektstränge, in denen die Stiftung investiert.
Ulrike Hüppe: Schwerpunkt ist tatsächlich die digitale Teilhabe. Die Stiftung möchte mit ihrer Projektförderung nicht nur die Situation einzelner Menschen verbessern, sondern es geht auch darum, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Das ist für die Menschen, die die freie Wohlfahrt im Blick hat, besonders wichtig. Wenn Menschen, die sowieso schon in bestimmten Bereichen benachteiligt oder gar abgehängt sind, auch bei der Digitalisierung nicht mitziehen können, wo sich die ganze Gesellschaft auf den Weg macht, werden sie erneut benachteiligt und verlieren den Anschluss auch dort. Da setzen wir mit der Förderung an. Damit auch Menschen mit Behinderungen, alte Menschen in Einrichtungen, Menschen, die isoliert leben, damit sie alle teilhaben können und die Chancen der Digitalisierung nutzen können.
Caritas in NRW: Wohin steuert die Stiftung in den nächsten fünf Jahren?
Norbert Killewald: Wir werden das Thema Digitalisierung weiter vorantreiben. Damit werden wir Menschen mit Behinderung, den Pflegebedürftigen in den Pflegeeinrichtungen und Obdachlosen mehr Teilhabemöglichkeit am Leben eröffnen. Daneben werden wir die Themen "Stärkung einer vielfältigen Gesellschaft" und "Starke Kinder und Jugendliche" mit unseren Förderungen unterstützen.
Marco Schmitz: Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode werden auch Obdachlose und Menschen mit Wohnproblemen sein unter dem Ansatz des "Housing First". Für Konzepte brauchen wir die Träger vor Ort sowie als Kooperationspartner die Wohnungsunternehmen, Sozialhilfeträger, Kommunen, Wohlfahrtsverbände.
Caritas in NRW: Vielen Dank für das Gespräch und herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
Das Interview führte Markus Lahrmann.
Website der Stiftung: www.sw-nrw.de