"Die Frauen stürzen geradezu ab"
So gut es gerade geht, versuchen die Sozialarbeiterinnen der Kommunikations- und Beratungsstelle für Prostituierte und Frauen in prekären Lebenslagen (KOBER), die Versorgung dieser Frauen aufrechtzuerhalten. Zwischen 150 und 170 Personen haben normalerweise Kontakt zum "Café Come In" in der Nordstadt, wo es neben Beratung auch Mahlzeiten und Lebensmittel gibt, dazu kostenloses Präventionsmaterial, Schließfächer, Duschen, Waschmaschinen und Trockner.
Verwahrlost und am Ende
Aufgrund des Kontaktverbotes können Hilfesuchende die Einrichtung nur noch einzeln aufsuchen. Der körperliche Zustand der drogenabhängigen Frauen verschlechtere sich dramatisch, berichtet KOBER-Leiterin Tamara Degenhardt. Die Frauen konsumierten aus Geldmangel zurzeit alles, was die Sucht befriedigen könne, darunter auch hochriskante Suchtmittel oder Medikamente. Viele schleppten sich verwahrlost und körperlich am Ende in das Café. "Wir sind manchmal kurz davor, den Notarzt zu rufen", so Tamara Degenhardt. "Die Frauen stürzen geradezu ab."
Zu den betroffenen Frauen gehört auch Melanie (Name geändert). Die 21-Jährige ist aufgrund der Drogensucht ihrer Mutter seit ihrer Geburt geistig beeinträchtigt und auf dem Entwicklungsstand einer 13-Jährigen. Sie ist obdachlos, schläft auf der Straße oder in leer stehenden Wohnungen. Die einzige Chance, an Geld zu kommen, ist die Prostitution. Im Januar hatte Melanie ein Kind zur Welt gebracht - auf einer Toilette. Das Neugeborene wurde sofort vom Jugendamt in Obhut genommen; alle Versuche der KOBER-Sozialarbeiterinnen, Besuchskontakte zwischen Mutter und Kind herzustellen, sind aufgrund der Corona-Krise auf Eis gelegt. Ebenfalls die mühsamen Versuche, Melanie von einer Zukunft in eine Mutter-Kind-Einrichtung zu überzeugen. Noch schafft es das KOBER-Team, Kontakte zu halten und ein Mindestmaß an Versorgung zu bieten. Zwischenzeitlich eingestellt werden mussten dagegen aufsuchende Angebote wie das LOLA-Projekt, bei dem es darum geht, Sexarbeiterinnen den Zugang zu Hilfe und Beratung zu ermöglichen. Der Schwerpunkt von KOBER liegt dabei zusätzlich auf Frauen aus Südosteuropa, die unter Zwangsstrukturen in der Sexarbeit tätig sind.
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