Zuhören, nachfragen, Mut machen
Hans-Jürgen Alexander war 38 Jahre Grundschullehrer, davon 15 Jahre Schulleiter. Er investiert 10–15 Stunden pro „Fall“, macht aber nie mehr als einen „Fall“ gleichzeitig. Er engagiert sich seit fünf Jahren bei der Caritas Herne.Andreas Oertzen
Hans-Jürgen Alexanders Einsatzort ist ein Projekt der Caritas-Konferenzen im Erzbistum Paderborn. Das unterstützt Menschen, die sich unsicher fühlen, wenn sie das Jobcenter, die Ausländerbehörde oder ein anderes Amt aufsuchen müssen, Sprachprobleme haben oder schlichtweg das Behördendeutsch nicht verstehen. Dann tut es gut, wenn jemand dabei ist, der zuhört und Fragen stellt. Klingt einfach, hat jedoch auch "Fallstricke", die Hans-Jürgen Alexander in einer Schulung der Caritas vorab kennengelernt hat. So muss die Rolle des Ehrenamtlichen im Vorfeld allen Beteiligten klar sein. Denn der ehrenamtliche Begleiter spricht bei der Behörde nicht im Auftrag der begleiteten Person, ist also nicht ihr gesetzlicher Vertreter.
Zuhören, nachfragen, aber auch eingreifen, wenn die Kommunikation in der Amtsstube gestört ist, all dies hat Hans-Jürgen Alexander schon praktiziert. "So kommen Sie nicht weiter", musste er beispielsweise einer von ihm begleiteten Frau sagen, die durch ihr forderndes, unhöfliches Auftreten beim Jobcenter negativ auffiel. Obwohl er durch seinen früheren Beruf häufig auch mit sozialen Notlagen zu tun hatte, bietet sein Ehrenamt ganz neue Einblicke - und Erfolgserlebnisse. Wie im Fall eines syrischen Flüchtlings, der schon seit einigen Jahren in Deutschland arbeitet und seine Ehefrau aus einem libanesischen Lager nachholen wollte. Dazu waren mehrere Termine bei der Ausländerbehörde nötig. "Beim ersten Mal haben wir zusammen fast vier Stunden in der Warteschlange gestanden." Trotz Sprachschulung wäre der Flüchtling nicht in der Lage gewesen, die Formulare zu verstehen. "Das ist schon überfordernd", sagt Hans-Jürgen Alexander.
Wie sehr ein solches Verfahren Flüchtlinge seelisch belastet, hat Alexander hautnah miterlebt. Hier waren auch Mutmacher-Qualitäten gefragt: "Das klappt schon", hat er dem Mann immer wieder gesagt. Und tatsächlich. Auch dank eines positiven Arbeitszeugnisses, das Alexander beim Arbeitgeber des Flüchtlings besorgt hatte, konnte die ersehnte Einreise der Ehefrau ermöglicht werden. Der Dank des Paares war überwältigend.
Nicht immer gibt es ein "Happy End". Auch damit müssen ehrenamtliche Behördenbegleiter leben, wenn klar wird, dass die Betroffenen eine andere Form der Unterstützung brauchen. Im Bedarfsfall professionelle Dienste der Caritas- und Fachverbände einzuschalten, gehört zur ehrenamtlichen Behördenbegleitung. Aber auch Behörden müssen bisweilen daran erinnert werden, dass dieser Dienst freiwillig ist und nicht von den örtlichen Caritas-Konferenzen "angefordert" werden kann.