Nachwuchskräfte gewinnen
Eine interne Umfrage der Caritas in NRW ergab, dass 61 Prozent der Dienste und Einrichtungen in der Erziehungshilfe nicht über ein Personalgewinnungskonzept verfügen. Mit dem Projekt "Erziehungshilfe 2.0 macht Spaß!" (EMS2.0) wollte die Caritas in NRW mit modernen Marketing-Strategien Nachwuchskräfte für die Erziehungshilfe gewinnen (vgl. "Einen Schritt voraus").
Seminare zu Personalthemen
In den Einrichtungen der katholischen Erziehungshilfe in NRW gab es eine hohe Nachfrage zu aktuellen, modernen Personalthemen. Diese wurden in unterschiedlichen Seminaren und Workshops behandelt. Social Media an erster Stelle, Kooperationen mit Fach(hoch)-schulen und Regelschulen, "Managing Diversity" und moderne Personalkonzepte halfen insgesamt 84 Einrichtungs-, Führungs-, Personal- und Öffentlichkeitsarbeitsfachkräften dabei, ihre vorhandenen Konzepte zu überarbeiten und zu modernisieren. Gerade im Bereich von Social Media gab es reges Interesse. Neue Arten der zielgruppengerechten Kommunikation nach außen anzugehen ist in den Einrichtungen und Diensten ein wichtiges Thema. Doch fehlt es oft an Know-how und zeitlichen sowie personellen Ressourcen. Ein Seminarteilnehmer aus der Diözese Essen berichtet: "Das Thema Personalgewinnung ist jetzt nicht mehr nur Thema der Leitung; alle Mitarbeitenden sind dabei gefragt, wie sie die Einrichtung und ihr Berufsbild in der Öffentlichkeit präsentieren. Gerade in der Kooperation mit den Fachschulen ist eine Veränderung bei uns eingetreten."
Kampagne
Im Internet und in Social Media Profile und Seiten anzulegen und dann auf Besucher zu warten hat keinen besonders großen Effekt. Es gilt, Aufmerksamkeit zu erregen und aus der Fülle an Fachkräfte-Werbung herauszustechen. Um jungen Menschen die Erziehungshilfe und Caritas als Arbeitgeber näherzubringen, entwickelte das Projekt die crossmediale Nachwuchskräfte-Kampagne "CARITÄTER mit Profil". Crossmedial bedeutet, dass es um Online- und Offline- sowie Print- und digitale Kommunikation und Produkte ging. Mit herausstechenden und freundlichen, leicht provozierenden Motiven sowie einem Slogan, der eindeutig die Caritas als Arbeitgeber kommuniziert, ging die Kampagne mit einer Webplattform, Social-Media-Profilen, einem Messe-Konzept, Großplakaten und Materialien an den Start.
Präsenz und Identifikation
Vor allem in der Außendarstellung wird von Caritas und ihren katholischen Einrichtungen oft ein Bild kommuniziert, welches nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. In den Einrichtungen und Diensten der Erziehungshilfe gibt es unterschiedlichste Menschen - Diversity. Um jungen Leuten eine Identifikationsfläche zu bieten, sollte genau diese Unterschiedlichkeit abgebildet werden. Dies gelang durch die blinde Auswahl der Mitarbeitenden für die Kampagne.
Eigene Mitarbeitende erzählen
Wenig Aufwand war für die Aussagen der Mitarbeitenden nötig, denn wenn man sie fragt, erzählen sie gern und mit großem Elan. Die jungen Mitarbeitenden, die die Werbeträger der Kampagne sind, erzählen von sich, ihrem Job und warum sie ihn gern tun. Als weiterer Nebeneffekt entstand ein besonderes Wertschätzungsgefühl bei den befragten Mitarbeitenden. Auch das Team um die jeweiligen CARITÄTER herum war stolz, sich im Rahmen der Kampagne nach außen präsentieren zu können.
Social Media - vor allem die bekannteste Plattform, Facebook - unterstützen die Kampagne dabei, bekannter zu werden. Doch auch wenn die Fanzahl der CARITÄTER-Facebook-Seite steigt und die Interaktionen zunehmen, muss man sich kommerziellen Anforderungen beugen: Postet man ohne eine Anzeigenschaltung, so geht der Beitrag schnell in der Flut an Postings und Neuigkeiten verloren. Facebook verwendet zur Sortierung, Gewichtung und Anzeige einen eigenen Algorithmus. Das Ergebnis: Unsere (potenziellen) Fans sehen unseren Beitrag nicht. Oft geht man in der Masse der Meldungen unter.
Klar ist aber, dass Werbeanzeigen und gesponserte Beiträge eine hohe Wahrscheinlichkeit besitzen, bei der Zielgruppe angezeigt zu werden (Impression) - und das auch unabhängig von der Zeit des Beitrags.
Offline unterwegs
Der "War of Talents", die Konkurrenz um Nachwuchs, findet nunmehr auch offline statt. Auf Ausbildungs- und Berufsmessen kämpfen die unterschiedlichsten Unternehmen um die Gunst der jungen Besucher/
-innen. Soziale Organisationen sind hier jedoch noch selten vertreten. Auch wenn Budgetknappheit und "da wir kein Ausbildungsbetrieb sind", verständliche Gründe sind, nicht mit vor Ort zu sein, zeigte die Erfahrung des Projektes, wie wichtig eine Präsenz ist. Insgesamt wurden acht Messen vom Projekt organisiert und begleitet. Durchschnittlich hatte jeder Mitarbeitende, der als Aussteller mit auf der Messe war, 35 Kontakte pro Messetag, davon waren mindestens zwölf intensive Gespräche. Acht von elf Einrichtungen, die sich mit uns zusammen den jungen Menschen vorstellten, haben sich das erste Mal auf einer Messe präsentiert - sechs wollen auf jeden Fall wieder auf einer Messe ausstellen. 13 von 14 Mitausstellern/Mitausstellerinnen waren sehr zufrieden bis zufrieden mit dem Messeauftritt. Ein Einrichtungsleiter aus der Diözese Paderborn berichtete, dass nach dem Messeauftritt vier Praktikumsanfragen kamen und zwei FSJ/BFD-Stellen bei ihm in der Einrichtung besetzt werden konnten.
Im projekteigenen Messe-Konzept geht es zuallererst um Aufmerksamkeit und niedrigschwellige Ansprache der jungen Menschen. Mit eigenen T-Shirts im CARITÄTER-Look und der Möglichkeit, an Aktionen am Messestand teilzunehmen, wurden viele junge Menschen dazu veranlasst, sich den Stand näher anzuschauen und länger dort zu verweilen. Fotos von sich vor der CARITÄTER-Wand zu machen und diese danach bei Facebook zu posten erfreute sich einer großen Beliebtheit. Auf mitgebrachten Tablets konnten online ID-CARDs erstellt werden. Dieser BRAVO-ähnliche Profiltest, mit dem persönliche Stärken ermittelt werden konnten, ergab Facebook-Impressionen an den Messetagen von über 30000. Deutlich wurde vor allem, dass die Verbindung von On- und Offline eine große Rolle spielt, um die Interaktion und Bekanntheit einer solchen Kampagne zu stärken.
Kooperationen und Netzwerke
Ein Verband, eine Einrichtung oder ein Dienst allein sind oft nicht in der Lage, große zeitliche und personelle Ressourcen für die Fachkräfte-Werbung zur Verfügung zu stellen. Die Netzwerkschließung, die durch die Seminargruppen und Anfragen an Fachschulen sowie Diözesan-Referenten/-Referentinnen über das Projekt entstanden, konnte sinnvoll genutzt werden. Austausch, Absprachen und Aufteilung fanden statt, wovon jeder Einzelne profitierte. Konkurrenz gab es keine oder wurde durch sinnvolle Ergänzungen aufgelöst.
Ansprechende Materialien
Kugelschreiber, Schlüsselbänder und Mini-Kalenderkarten sind Materialien, die bekannt sind und oft produziert werden. Um sich aus der Masse abzuheben und wirklich interessante Give-aways vorweisen zu können, entwickelten wir passgenaue Materialien für die Zielgruppe. Handycleaner sind in Zeiten von Smartphones beliebt, Stofftaschen mit CARITÄTER-Zitaten greifen einen aktuellen Trend von Jugendlichen auf.
Nachhaltigkeit
Sämtliche Projekte unterliegen dem Ziel, sich nachhaltig aufzustellen. Nachhaltigkeit ist jedoch beim den knappen finanziellen Mitteln, die in den sozialen Verbänden zur Verfügung stehen, eine Schwierigkeit, die oft nicht zu lösen ist. Sämtliche Aktivitäten des Projektes EMS2.0 wurden so angelegt, dass sie auf andere Fachbereiche zu übertragen sind. Dies wird nun in einem nächsten Schritt geplant. Nach Ablauf der Projektlaufzeit wird es weiterhin eine/-n Ansprechpartner/-in geben. Eine Projektgruppe befasst sich mit der größeren Weiterführung und Übertragung von Kampagne und Seminaren.
Eine Online-Dokumentation mit Zahlen und Fakten zum Projekt sowie ein Fachkräfte-Guide mit Gastbeiträgen stehen auf www.erziehungshilfe-macht-spass.de zur Verfügung.
45 Mitarbeitende aus den fünf NRW-Diözesen wurden während der Kampagne professionell geshootet. Sie kamen aus insgesamt 24 verschiedenen Einrichtungen und Verbänden. 15 CARITÄTER werden auf Unterseiten genauer vorgestellt.
Die Webplattform bietet jungen Menschen verschiedene Informationen. Zusätzlich zu den Geschichten der Mitarbeitenden/CARITÄTER gibt es Infos über unterschiedliche soziale Berufe und über die Erziehungshilfe. Über eine Stellenbörse kann man nach aktuellen Jobangeboten im Bereich Kinder, Jugendliche und Familien deutschlandweit suchen. Die Website wurde von Februar 2013 bis Mitte Mai 2014 62885-mal besucht. Das sind 4313 Klicks im Durchschnitt pro Monat.
Beliebteste Unterseiten:
- Stellensuche (16,21 %)
- CARITÄTER-Spiel (13,23 %)
- CARITÄTER-Profile (13,93 %)
- Berufsbilder (10,08 %)
Seminarangebote des Projektes EMS 2.0
Insgesamt: 84 Teilnehmer/-innen aus 61 verschiedenen Einrichtungen und Diensten in NRW
- Großes Seminar "Erziehungshilfe 2.0 macht Spaß!"
4 Standorte in NRW, Zeitumfang: 17 Tage in 1,25 Jahren - Kompaktseminar "Social Media zur Personalgewinnung"
2 Standorte, Zeitumfang: 3 zusammenhängende Tage - Workshop "Facebook-Unternehmensseite"
1 Standort, 2 Durchführungen, eintägig
Aufgrund der großen Nachfrage sollen die Seminare in ein Regelangebot der Fortbildungsabteilungen überführt werden.