Dem Fachkräftemangel begegnen
Ein attraktives Jobangebot, ein tarifliches Gehalt mit Jahressonderzahlung und betrieblicher Altersvorsorge, Zulagen und Zusatzurlaub für Schichtdienst - alles hübsch verpackt in einer wohl strukturierten und auf sämtlichen Kommunikationskanälen verbreiteten Stellenanzeige. Ernüchterndes Resultat: zwei qualifizierte Bewerbungseingänge. Eine Seltenheit? Mitunter nicht. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist heute ein strategischer Mix aus Maßnahmen der Personalentwicklung und der Personalgewinnung notwendig.
Zunächst muss analysiert werden, um welchen Mangel es sich überhaupt handelt. Fehlt es bereits flächendeckend an geeignetem Personal? Gibt es nur spärliche oder nicht qualifizierte Resonanz auf Ausschreibungen? Verfehlen die vorhandenen Personalentwicklungsmaßnahmen ihre Wirkung? Oder laufen die Mitarbeitenden zum Mitbewerber über? Passgenaue Lösungen müssen erarbeitet werden, die dem jeweiligen Problem und der Unternehmensgröße und -struktur entsprechen.
Da die Fluktuationsraten in der sozialen Arbeit lange Zeit relativ gering waren, läuft man schnell Gefahr, das Thema Bindungsstrategien zu vernachlässigen. Ich meine jedoch, dass man genau hier beginnen sollte. In diesem Feld liegen zahlreiche Chancen - sowohl für die Einrichtungen als auch für die Mitarbeitenden. Schon heute geht es darum, nicht nur gute und qualifizierte Mitarbeitende zu finden, sondern sie auch langfristig an die Einrichtung zu binden. Bereits in der Einrichtung tätige Mitarbeitende sind in der Regel schon gut mit der Unternehmenskultur vertraut, sie kennen die Abläufe und können auf vielfache Erfahrungswerte bauen. Die Motivation und Zufriedenheit dieser Mitarbeitenden können durch ein attraktives Arbeitsumfeld und verbesserte Entwicklungsperspektiven noch weiter verstärkt werden und zu einer höheren Bindung führen.
Erste Schritte waren für uns Investitionen in jährliche strukturelle Mitarbeiterentwicklungsgespräche, die zu einem engen und wertschätzenden Dialog führten, sowie in ein umfangreiches internes Fortbildungsprogramm. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Mit beiden Maßnahmen entsteht eine stärkere Bindung, und wir erhöhen die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden nachhaltig.
Zudem wurden interne Qualifizierungsmaßnahmen (z. B. zum Ausbilder, zum internen Auditor oder zum Case-Manager) gefördert, Hospitationsmöglichkeiten eröffnet und umfangreiche Modelle für die Einführung neuer Mitarbeitender implementiert (z. B. Willkommenstage und Fortbildungsmodule für neue Mitarbeitende sowie die Begleitung durch Mentoren). Über unser Qualitätsmanagement (eQuass) und den Start eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements werden weitere Schritte verfolgt.
Dass diese Maßnahmen ihre Wirkung entfalten, zeigt sich auch an den positiven Rückmeldungen der Mitarbeitenden zur Klarheit der Aufgaben sowie zu den Entwicklungsmöglichkeiten und dem Feedback durch Vorgesetzte im Rahmen unserer letzten Mitarbeiterbefragung.
Junge Menschen für einen der vielfältigen und interessanten Berufe im Sozialwesen zu motivieren und zu begeistern - dies ist der erste Schritt der Nachwuchsarbeit. Eine abwartende Haltung einzunehmen und darauf zu hoffen, dass mögliche Interessenten von selbst kommen und sich bereits für unsere Arbeitsbereiche begeistern, wäre wohl vermessen. Vielmehr müssen wir selbst aktiv werden und Überzeugungsarbeit leisten. Daher bieten wir jungen Menschen über Schülerpraktika, die Teilnahme an jährlichen Berufsschnuppertagen oder die Einladung ganzer Schulklassen in unsere Einrichtung frühzeitig Einblick in den Arbeitsalltag im Vinzenz-Heim sowie in sozialraumorientierte Projekte (wir-alle-ac.de). Zudem gehen wir gezielt dorthin, wo wir potenzielle Nachwuchskräfte treffen können. Wir zeigen Präsenz an den Berufsorientierungstagen der Schulen und der Ausbildungsmesse ZAB, schalten Anzeigen in Schülermagazinen, bieten Schülern die Möglichkeit zum Erwerb eines Sozialführerscheins, sind Lernpartnerschaften mit Schulen (KURS) eingegangen oder stellen unsere Einrichtung in Schulen, Berufskollegs oder Pflegeseminaren vor. Dies gibt uns die Gelegenheit, unsere Anforderungen zu erläutern und die Potenziale junger Menschen zu entdecken.
Über diesen Weg ist es uns in den letzten Jahren in guter Weise gelungen, zahlreichen jungen Menschen den Weg in Praktika, Freiwilligendienste (FSJ/BFD), Ausbildungsverhältnisse und Dienstverhältnisse zu ebnen.
All dies sind sicherlich nur einige Beispiele für den Einsatz aus dem Instrumentenkoffer der Personalarbeit. Jede Einrichtung muss selbst entscheiden, was für sie passt und umsetzbar ist. Doch auch wenn sich nicht alle Maßnahmen gleich bemerkbar machen, ist es wichtig, sich auf den Weg zu machen.