Unbegleitete Volljährige brauchen Begleitung
Die 40-Jährige hat sich wissenschaftlich mit den Problemen und Herausforderungen befasst, mit denen unbegleitete Minderjährige im Asylverfahren zu kämpfen haben. Nur mit einer gesicherten Zukunftsperspektive, guten Sprachkenntnissen, schulischen Angeboten sowie einer guten Berufsausbildung hätten die jungen Menschen eine Chance, in Deutschland Fuß zu fassen. Zu diesem Ergebnis kommt Natascha Dorsch in ihrer Bachelorarbeit, die sie zum Abschluss ihres Studiums im Sommer 2017 am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein (HN) in Mönchengladbach geschrieben hat.
Wenn Kinder volljährig werden, sind sie zwar rechtlich selbstständig und für sich selbst verantwortlich. Das heißt aber nicht, dass mit Vollendung des 18. Lebensjahres jegliche Unterstützung des Elternhauses endet. In der Regel ist es so, dass Mama und Papa noch gerne bereitstehen, um zu helfen. So ist die Situation bei in Deutschland aufgewachsenen jungen Erwachsenen. "Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die in Deutschland volljährig werden, ist das völlig anders. Vor dem Gesetz stehen sie an ihrem 18. Geburtstag auf einmal allein da. Trotz Sprachbarrieren und belastender Erfahrungen müssen sie alle weiteren Schritte selbst steuern. Ein Vormund oder ein Betreuer steht ihnen nicht mehr zur Seite, selbst dann nicht, wenn sie sich in einem laufenden Asylverfahren befinden.
Heute ist Natascha Dorsch vorwiegend für das Bethanien Kinderdorf beratend tätig, wenn es um die Frage geht, wie die Verselbstständigung der jungen Migranten gelingen kann. Drängendes Thema ist die Überwindung der gesetzlichen bzw. bürokratischen Hürden für eine Ausbildung. "Für die jungen Menschen steht eine gesicherte Zukunftsperspektive an erster Stelle. Dazu gehört neben einem sicheren Aufenthaltsstatus auch eine solide Ausbildung", sagt die Sozialarbeiterin. Daher betreibt sie auch Lobbyarbeit in Gremien und arbeitet eng mit Ausbildungsbetrieben zusammen. Manche Arbeitgeber zögerten, jungen Asylbewerbern einen Ausbildungsvertrag anzubieten, berichtet Natascha Dorsch. Ihre Sorge sei, dass diese im Laufe der Ausbildung abgeschoben werden könnten. Zudem fehle ihnen die Zeit, sich mit der Bürokratie auseinanderzusetzen. Deshalb unterstützt und begleitet das Bethanien Kinderdorf die jungen Menschen bei ihrem Übergang in die Ausbildung und in die Selbstständigkeit weiterhin. "Viele von ihnen sind zwischenzeitlich erfolgreich in eine Ausbildung gestartet. Das ist dem Erfolg unserer Pädagogen zuzurechnen, die sich den besonderen Herausforderungen gestellt haben", berichtet Kinderdorfleiterin Julia Bartkowski.
Wichtig sei nun, dass die Politik die Bedingungen für einen ungehinderten Zugang zu Ausbildung und den benötigten Förderungen erleichtert. Auch unter dem Gesichtspunkt der Fachkräftegewinnung im Interesse aller.