Ein ZukunftsDORF
Titelbild der Boschüre "ZukunftsDORF"
Doch Bürgermeister Friedhelm Kleweken ist jetzt, wo sich die positiven Auswirkungen zu zeigen beginnen, erst recht überzeugt: "Wir wollen das Thema aus einer Situation der Stärke angehen." Es muss auch das eine oder andere dicke Brett gebohrt werden. Das Thema Demenz zum Beispiel stieß zunächst auf wenig Gegenliebe, aber "wir haben stur daran festgehalten", sagt Kleweken. Was von einem echten Münsterländer auch nicht anders zu erwarten ist.
Die Caritas Ahaus-Vreden ist hier mit im Boot. Schon im Kindergarten werden die Kinder altersangemessen an die Problematik herangeführt und die Eltern auf vielen Wegen über Möglichkeiten der Vorbeugung informiert. Es wirkt schon. Martina Schrage vom "Gesundheits- und Präventionszentrum Münsterland" sieht, dass "die Bürger sensibler geworden sind und eher zum Testen kommen".
Legden hat sich breit aufgestellt, um dem demografischen Wandel auf dem Land rechtzeitig zu begegnen. Elf Teilprojekte wollen das "Leben und Lernen über Generationen" gestalten, statt sich in die Abwärtsspirale reißen zu lassen. "Wir sehen den Wandel nicht als Bedrohung, sondern erkennen ganz viele Chancen, wenn man sich dem Thema öffnet und stellt", erklärt Kleweken. Klar sei dabei, dass gerade eine kleine Gemeinde Partner brauche. Den habe man mit der Caritas gefunden. Geld dazu geben die EU und das Gesundheitsministerium NRW
Die ländliche Struktur ist dabei nicht unbedingt Last, sondern kann auch manches erleichtern, weil viele Wege kurz sind und die Beteiligten sich untereinander in vielfältigen Bezügen kennen. Der Ortsteil Asbeck mit gerade mal 1250 Einwohnern ist dafür ein gutes Beispiel. Hier ist eindeutig die Idylle zu Hause, aber auch eine lebendige Dorfgemeinschaft. Neue Einfamilienhäuser prägen den Rand, der Kindergarten ist gerade erweitert worden und das vom Heimatverein liebevoll restaurierte jahrhundertealte Stift ein Anziehungspunkt im weiten Umkreis. 1500 Gruppen sind ehrenamtlich im vergangenen Jahr durch Dormitorium und Museum geführt worden.
Der Friedhof als Ort der Begegnung
Ein intaktes und attraktives Zentrum ist die Voraussetzung für eine gute Zukunft. Für die man aber ein Ziel haben und aktiv werden muss. Annika Lacour, Projektverantwortliche für das "ZukunftsDORF", beschreibt es: "Möglichst viele Menschen sollen möglichst lange selbstbestimmt zu Hause wohnen bleiben können." Durch lebenslanges Lernen und Leben miteinander soll das Dorf attraktiv bleiben für seine Bürger, aber zum Beispiel auch für künftige Arztgenerationen. Denn ohne Ärzte keine Apotheke mehr, und dann entschwindet mehr und mehr Infrastruktur, die den Lebenswert eines Ortes ausmacht.
Deshalb gibt es viele parallele "Baustellen", was das barrierefreie Wohnen angeht - auch im Wortsinn. Das Oberziel bleibt da im Blick. In einem bestehenden Gebäude werden nicht nur altersgerechte Wohnungen eingerichtet, sondern auch Raum für eine Kindergartengruppe geschaffen. Direkt neben der Kirche entsteht auf einer kaum genutzten Wiese ein "Dahliengarten" als attraktiver Begegnungsort, und der Friedhof wird zu einem "Ort der Erinnerung und der Begegnung" gestaltet.
Zwar richten sich viele Angebote an die alten Legdener. Aber prinzipiell "haben wir nicht die jetzt Älteren im Blick", sagt Bürgermeister Kleweken, der spürbar für sein Projekt brennt und die Begeisterung auf seine Zuhörer übertragen kann, "sondern es sind die heute 60-Jährigen und Jüngeren". Die sind jetzt gefordert, aktiv zu werden. Zum Beispiel im Projektbaustein "Wissen weitergeben". Regelmäßig treffen sich Elf- bis 85-Jährige in "Wissens-Camps", um voneinander zu lernen und sich auszutauschen. Jedes Mal steht ein anderes Lebensjahrzehnt im Fokus.
Das Land hat Chancen
Was die Zielrichtung angehe, müsse das Thema demografischer Wandel allerdings vor allem auch von "der Seite der Schwächeren gesehen werden", sagt Kleweken: "Das sind die Älteren." Hier ist das barrierefreie Erreichen von Kirche, Arztpraxen und Geschäften ein großes Thema. Deshalb wird der Ortskern konsequent umgestaltet und ist Mobilität ein weiterer Projektbaustein.
"Spatenstich am Dahliengarten": Der symbolische erste Spatenstich im Dahliengarten erfolgte unter Beteiligung zahlreicher (haupt- und ehrenamtlicher) Akteure am 15.07.2014. Die Bauarbeiten sind nun fast abgeschlossen, so dass die Eröffnung in den kommenden Monaten erfolgen kann.Kathrin Poetschki/Regionale 2016 Agentur
Und Demenz bleibt ein Schwerpunkt. Caritas-Mitarbeiterin Birgit Leuderalbert sieht als Grundlage die Aufgabe, das Thema zu enttabuisieren und bestehende Angebote miteinander zu vernetzen. Es gehe darum, die "erweiterte Familie" einzubeziehen. Busfahrer, Verkäufer und andere Dienstleister müssten den Umgang mit Demenzkranken lernen. Hier seien die ländlichen Strukturen eher von Vorteil: "Manches ist auch leichter", meint Leuderalbert. Mit zielgruppenspezifischen Schulungen geht die Caritas Pflege & Gesundheit die Aufgabe an. Gute Erfahrungen habe man mit gemeinsamem Radfahren mit Spezialrädern gemacht, auf denen man Demenzkranke mitnehmen könne. Gut kämen Singtreffen an. Mit Jugendlichen gehe man auf den Demenzparcours im Altenwohnheim St. Josef. Mit neuen Themen wie dem herausfordernden Verhalten Demenzkranker werde die Palette erweitert.
Für Münsters Diözesan-Caritasdirektor Heinz-Josef Kessmann zeigt Legden: "Der Wandel kann gestaltet werden. Dann hat auch das Land wieder eine Chance." Für die Caritas stelle sich die Frage, wie sich ihre Dienste und Angebote künftig auf den demografischen Wandel ausrichten müssten. Dazu müsse das Rad nicht neu erfunden werden: "Es gibt schon Ideen und Konzepte, auf die wir aufbauen können." Auch sei es nicht notwendig, dass die Caritas immer den Hut aufhabe. Maßstab müsse immer sein, "was den Menschen am meisten nützt".