"Ein Guter"
Wenn Pfleger Schemsi (so steht es auf seinem Namensschildchen) von der Caritas-Sozialstation Lippstadt in der Tür steht, geht ein Strahlen über ihre Züge. So wie bei Helga Ape. "Pfleger Schemsi möchte ich nicht mehr missen. Er ist so nett zu uns", erklärt die 80-Jährige. Ihr Mann fügt einfach hinzu: "Er ist ein Guter." Ein kleiner Akzent verrät, dass die Wiege des Altenpflegers, der seit 1995 bei der Caritas arbeitet, nicht in Deutschland stand. Doch für die Klienten ist das kein Problem. Eher im Gegenteil: "Sie finden das putzig."
Bis dahin war es ein langer Weg für den heute dreifachen Familienvater. Geboren in Jugoslawien, machte der Kosovo-Albaner muslimischen Glaubens das Abitur, absolvierte die Militärzeit und hatte schon sieben Semester Medizinstudium hinter sich, als die politischen Umwälzungen sein Leben veränderten. Per Unterschrift sollte jeder Student den neuen Staat Serbien anerkennen. Wer das nicht wollte, musste die Universität verlassen. "Und ich wollte nicht, es war doch ein richtiger Nationalkrieg." Die Ereignisse überstürzten sich. Ein alarmierender Brief, der den angehenden Mediziner zu einem Gespräch bei der Behörde einlud, bewirkte das genaue Gegenteil: "Wir wussten doch, die brauchten Mediziner für die Front." Der junge Shemsi packte einen Koffer, nahm den nächsten Bus und verließ fluchtartig das Land. Zurück blieben seine Eltern und seine fünf Geschwister. "Gelandet bin ich in Dortmund, da war ich 27 Jahre alt." Aus dem ersehnten Asyl wurde zunächst nur eine Duldung. Der junge Mann wurde nach Erwitte geschickt. "Von da kam ich zur Caritas nach Soest und lernte Herrn Kuhnert kennen", erinnert sich der 48-Jährige. "Er hat sich sehr für mich engagiert und für mich eine Arbeitserlaubnis erwirkt." Nach einer sechsmonatigen Ausbildung am Stadtkrankenhaus Soest zum Krankenpflegehelfer folgten drei Jahre am ESTA-Bildungswerk: "Diese Ausbildung zum Altenpfleger habe ich mit der Note 1,3 abgeschlossen." Als dann die Caritas Soest auch zusagte, den Altenpfleger in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, folgte die Aufenthaltsgenehmigung. Im Jahr 2006 erhielt Pfleger Schemsi auch den deutschen Pass.
Die häusliche Krankenpflege ist sein Metier: "Angefangen habe ich mit 800 DM", erklärt Pfleger Schemsi. Sechs bis sieben Patienten, je nach Bedarf, versorgt er pro Tag. Diskriminierung? "Die habe ich nie erlebt, es ist alles normal, und ich fühle mich wohl bei meiner Arbeit." Wohl fühlen sich auch die Patienten, die die liebe- und respektvolle Art von Pfleger Schemsi sehr schätzen. Manchmal gibt es das sogar schriftlich. "Fröhlichkeit und Freude bei der Arbeit" wurde ihm im Brief eines dankbaren Angehörigen attestiert. Aufgrund seiner Herkunft hilft Pfleger Schemsi auch über Sprachbarrieren: "Ich kann Deutsch, Albanisch und Serbo-kroatisch. Da konnte ich beim Amtsgericht, hier bei der Caritas und auch im Krankenhaus übersetzen."
Den Kontakt zur Familie im 2500 Kilometer entfernten Pristina hat Pfleger Schemsi nicht verloren. Doch seine Heimat hat er in Lippstadt gefunden. Hier hat er im Jahr 2000 seine Frau, eine angehende Erzieherin, geheiratet, hier lebt das Ehepaar mit seinen drei Kindern.