"Wir können nur mit denen arbeiten, die da sind"
Caritas in NRW Was bedeutet der neue Personalmix, den § 113c SGB XI vorsieht, zukünftig für die Pflege?
Raffael Käsch: Die neue Qualifikationsstufe der Pflegefachassistenz könnte eine Entlastung für Pflegefachkräfte darstellen. Noch gibt es sie auf dem Arbeitsmarkt aber kaum. Wir können nur mit den Menschen arbeiten, die heute da sind, also jetzt verfügbar. Generell ist entscheidend, wie in den Einrichtungen gearbeitet wird. Häufig macht jeder alles, und das ist ein Problem. Besser wäre: Jeder macht das, wofür er qualifiziert ist. Es ist nicht notwendig, dass die Pflegefachkraft die Spülmaschine ausräumt und dafür der Bewohner mit einem Verbandswechsel warten muss.
Caritas in NRW: Wie begleitet das Projekt OPAL Organisationsentwicklungsprozesse?
Raffael Käsch: Die Einrichtungen setzen sich drei Ziele. Beispielsweise: "Wir möchten eine neue Übergaberegelung finden, die die Bedürfnisse der Mitarbeitenden stärkt und gleichzeitig effizienter ist." Wir helfen, die Ziele zu erarbeiten und umzusetzen. Meine Erfahrung ist, Veränderungen tun Pflege erst ein bisschen weh. Ein "Wir haben das immer schon so gemacht" zu durchbrechen, ist herausfordernd, aber zielführend, wenn es ersetzt wird durch "Wir und die Bewohnenden profitieren davon, uns neu zu strukturieren". Dieser Ansatz trifft mitten in die Teamkultur und erfordert viel Beweglichkeit.
Caritas in NRW: Was fordert Organisationsentwicklung auf Leitungsebene?
Raffael Käsch: Leitungen haben hier eigentlich nur einen Auftrag. Sie müssen sagen: "Wir haben ein Problem, aber keine Lösung" mit dem Appell ins Team, gemeinsam eine Lösung zu finden. Wenn man eine Veränderung will, muss man die fragen, die die Veränderung leben müssen.
Caritas in NRW: Können Pflegeeinrichtungen das Problem Fachkräftemangel durch Organisationsentwicklung entschärfen?
Raffael Käsch: Ich sage immer: "Ich backe Ihnen keine Pflegekraft." Mittelfristig ist aber klar: Wenn man beispielsweise an der Gestaltung des Dienstplans arbeitet, arbeitet man auch an der Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Wir wollen, dass der, der da ist, auch bleibt. Ein Beitrag, den Einrichtungen leisten können, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist, mit guten Arbeitsbedingungen Zufriedenheit zu schaffen und den Job attraktiv zu machen. Dieser Faktor ist unheimlich wichtig, denn Unzufriedenheit kann auch mehr Geld nicht aufwiegen.
Das Interview führte Juliane Büker.
Personalbemessung in der Praxis
Das Projekt Organisations- und Personalentwicklung in der stationären Altenhilfe (OPAL) ist im April 2022 gestartet und läuft knapp dreieinhalb Jahre. 38 stationäre Altenhilfeeinrichtungen der Caritas im Bistum Münster nehmen teil. Ein Jahr lang werden die Einrichtungen in ihren Entwicklungsprozessen begleitet.