Mit 50 auf der richtigen Spur
Wenn das deine Leidenschaft ist, dann mach es doch." Für diesen Satz ist er seiner Frau bis heute dankbar. Es war das Ausrufezeichen für die wichtigste Wende in seinem Leben. Aus dem Speditionskaufmann Matthias Piwitt wurde Sozialarbeiter Matthias Piwitt. Ein Leben nicht ohne Tiefen war endlich auf der richtigen Spur.
Als Piwitt sein Studium der Sozialen Arbeit in Dortmund aufnahm, war er schon in den Vierzigern. "Das war die schönste Zeit meines Lebens", erinnert sich der Wuppertaler. Bei Praktika in der Bahnhofsmission und in einem Stadtteiltreff lernte er die Caritas kennen. Mit 50 hatte er seinen Bachelor in der Tasche, bewarb sich beim Caritasverband Wuppertal/Solingen. Mit Erfolg. Seit gut vier Jahren hilft der inzwischen 54-Jährige nun im Fallmanagement Menschen, die aufgrund einer Suchterkrankung eingeschränkte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ihre Schwächen zu identifizieren und zu überwinden, ihre Stärken zu entdecken und zu entwickeln. "Hier kann ich das beruflich tun, was mich immer angetrieben hat - das Bedürfnis, mich für Schwächere einzusetzen."
Nach der Schule ging es für den jungen Matthias Piwitt zunächst zum Zivildienst. "Die Arbeit mit Behinderten hat mich geprägt", erinnert er sich. Eine Lehre zum Speditionskaufmann schloss sich nicht ganz folgerichtig an. Zwei Anstellungen bei Speditionen, die Pleite machten, zwischendurch die vorübergehende Selbstständigkeit zusammen mit seinem Bruder. Zufrieden machte der Job ihn nicht.
Matthias Piwitt wurde arbeitslos, verdiente sich als Zeitungsbote frühmorgens etwas dazu - "am Finanzamt vorbei".
Die aufgebrummten Sozialstunden führten ihn dahin zurück, wo er sich ohnehin wohler fühlte: in die Arbeit mit Menschen. In einem Wuppertaler Pflegeheim blieb er, auch als er seine Pflichtstunden abgeleistet hatte. Das Heim gab ihm einen Jahresvertrag als Hilfskraft. "Ich habe in der Küche gearbeitet, Frühstück gemacht und auf den Stationen die Essensabfrage erledigt", erzählt Piwitt und erinnert sich besonders gerne an die Gespräche mit den alten Menschen.
Schnell erkannte die Heimleitung, dass der ehemalige "Stündler" sehr gut auch mit den jungen Leuten klarkam, die wie er selbst einst für ihre Sozialstunden ins Haus geschickt wurden. Matthias Piwitt blieb jahrelang der inoffizielle "hausinterne Sozialarbeiter". "Auch für die unangepassten Jungs habe ich offenbar die richtige Ansprache", sagt Piwitt. Er vermittelte, wo es Reibereien gab, und blieb für einige von ihnen noch lange Ratgeber. Als Mitarbeitervertreter war Gerechtigkeit sein oberstes Prinzip. "Die Schwächeren brauchen doch eine Lobby", blieb stets sein Grundsatz.
Seine Frau hatte also recht. Matthias Piwitt ist Sozialarbeiter geworden. Einer mit Leidenschaft.