"Unverzichtbar in der Daseinsvorsorge"
Es sei notwendig, dass die Krankenhäuser und ihre spitzenverbandlichen Vertretungen sich in der aktuellen Situation der Krankenhausplanung in NRW sowie der Koalitionsverhandlungen in Berlin mit ihren Auswirkungen auf die Krankenhauspolitik zu Wort meldeten, sagte Heinz-Josef Kessmann, Sprecher der Caritasdirektoren NRW. "Wir können nicht nur Hochleistungsmedizin, sondern wir standen und stehen auch weiterhin für eine gute und verlässliche wohnortnahe Versorgung", betonte er. Dass man sich darauf verlassen könne, "das haben wir in den letzten 20 Monaten der Pandemie deutlich gemacht", sagte Kessmann.
250 Führungskräfte katholischer Kliniken waren auf Einladung der Caritas in NRW zum 1. Katholischen Krankenhaustag nach Essen gekommen, um über die aktuelle Krankenhausplanung zu diskutieren. Die schwarz-gelbe Landesregierung will mit dem neuen Krankenhausplan die Kliniklandschaft neu gestalten. Ziel sei, dass nicht mehr alle Krankenhäuser alle Leistungen anböten, sagte Ulrich Langenberg vom NRW-Gesundheitsministerium. Die Entscheidung über Fusionen liege letztendlich bei den Trägern, aber "es wird nicht ohne trägerübergreifende Kooperationen gehen", betonte er. Ab 2022 soll in Regionen ausgehandelt werden, welche Krankenhäuser künftig welche Leistungen erbringen. Zu erwarten sind dabei auch Standortschließungen in Regionen mit einer hohen Krankenhausdichte.
Die Sorge mancher Träger, dass mit dem Verfahren zur Krankenhausplanung ein systematischer Prozess der Marktbereinigung intendiert sei, sprach Ingo Morell an, Vorsitzender der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft der katholischen Krankenhäuser im Erzbistum Köln und derzeit amtierender Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Sorge, dass Marktbereinigung überproportional die katholischen Krankenhäuser trifft, die vielfach kleiner sind, im ländlichen Raum wirken und daher benachteiligt sein könnten, treibt manchen Geschäftsführer um. Morell verwies auf Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft, denen bei Defiziten die Kommunen beispringen. "Diese Möglichkeiten haben wir als katholische Kliniken nicht", klagte er. Auch über die Vergütung in einzelnen Leistungsbereichen nach dem DRG-System werde an anderer Stelle entschieden, nämlich in Berlin. Und der Gemeinsame Bundesausschuss übe durch Qualitätsvorgaben unmittelbar Druck auf die Wirtschaftlichkeit von Kliniken aus.
Über die Chancen katholischer Kliniken im Wettbewerb um Spitzenkräfte und Nachwuchs diskutierten auf dem Podium weiterhin Prof. Dr. Ursula Nestle (Chefärztin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Kliniken Maria Hilf GmbH, Mönchengladbach), Dr. Leo Wittenbecher (Referent für die Krankenhausseelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Münster) und Simone Sturm (Pflegedirektorin, Elisabeth-Krankenhaus Essen). Sturm verwies auf eine Studie, wonach Fachkräfte bereit seien, sich in einem Radius von 20 bis 30 Kilometern beruflich zu verändern. "Pflegende verschwinden nicht einfach, sondern sie gehen dahin, wo die Arbeitsbedingungen besser sind", sagte sie. Krankenhausplanung wird auch dieses Thema im Hinterkopf behalten müssen.
"Der Krankenhausplan erhöht den Druck zu mehr Transparenz", sagte die Paderborner Diözesan-Caritasdirektorin Esther van Bebber. Gleichzeitig warnte sie davor, Zwangsallianzen von Kliniken als Allheilmittel zu sehen. "Kooperationen können auch schiefgehen", sagte sie und verwies auf mögliche kartellrechtliche Einwände. Bei trägerübergreifenden Fusionen wird zudem die Frage des katholischen Markenkerns eine wichtige Rolle spielen. Susanne Minten (Geschäftsführerin der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH) plädoyierte für Trägervielfalt und pries die Vorzüge der christlichen Träger in der Daseinsvorsorge.
Krankenhäuser seien Orte von Kirche, sagte Antonius Hamer, Leiter des Katholischen Büros der NRW-Bistümer. "Wir sehen unseren christlichen Auftrag besonders in der Anwaltschaftlichkeit für vulnerable Patientengruppen, beispielsweise Menschen mit Handicap, Demente und sozial Benachteiligte", betonte er. Es sei von großer gesellschaftlicher Bedeutung, dass die Kirche als freigemeinnütziger Träger in diesem wichtigen gesundheitlichen Feld engagiert bleibe.
Unter dem Applaus aller Tagungsteilnehmer dankte Hamers den Mitarbeitenden der katholischen Kliniken ausdrücklich für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie. "Die Arbeit, die Sie seit dem Ausbruch der Pandemie geleistet haben, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden", sagte er.
In Nordrhein-Westfalen wird die Krankenhauslandschaft in ganz besonderer Weise durch die kirchlichen Einrichtungen mitgeprägt. Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft NRW gibt es aktuell insgesamt rund 340 Krankenhäuser mit mehr als 118000 Betten. Davon sind allein die im Katholischen Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) zusammengeschlossenen 139 katholischen Krankenhäuser in NRW mit 52000 Betten an gut 200 Standorten vertreten (Stand 05/2021).