Neue Kraft sammeln
Es ist ein schleichender Verfall, der ihren Mann ergriffen hat: Seit zehn Jahren pflegt Petra Müller ihren an Demenz erkrankten Mann, richtet ihr Leben nach seinen Bedürfnissen aus. "Das braucht viel Kraft", bekennt sie. Dankbar ist sie, dass sie Erholung und neue Energie in einer Kur für pflegende Angehörige schöpfen konnte. "Das kann ich jedem in einer ähnlichen Lage nur dringend empfehlen", sagt sie. "Zumal die Kurberatung bei dem Antrag hilft."
"Ich bin immer wieder erschüttert, was manche pflegenden Angehörigen über Jahre hinweg aushalten müssen", sagt Verena Ising-Volmer vom Diözesan-Caritasverband Paderborn, Sprecherin des Fachausschusses Müttergenesung in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in NRW. Die ständige Verfügbarkeit, die Überlastung, mit der sich pflegende Angehörige konfrontiert sähen, seien durch die Corona-Pandemie noch einmal verschärft worden. Gleichzeitig sei pflegenden Angehörigen häufig nicht bekannt, dass sie eine Kur - eine stationäre Vorsorge- und Rehamaßnahme - in Anspruch nehmen könnten, um ihre Gesundheit und Pflegefähigkeit zu erhalten. Dabei werde die Belastung durch die Pflegesituation - sei es körperlich, psychisch, finanziell oder sozial - oft unterschätzt, auch von den Betroffenen selbst, erklärt Verena Ising-Volmer.
Als Petra Müllers Mann, ein Handwerker mit eigenem Betrieb, in den Ruhestand ging, begannen die kognitiven Einschränkungen. "Die Demenz kam schleichend", berichtet sie. Der Alltag wurde immer mehr von der Krankheit ihres Mannes bestimmt. Seit drei Jahren spricht er nicht mehr, baut stetig ab und zeigt keine Emotionen mehr. "Er kann nichts mehr selbst machen." Als Petra Müller von der Möglichkeit einer Kur für pflegende Angehörige hörte, nahm sie das dankbar an, wollte aber unbedingt auch ihren Mann mitnehmen. Dabei stand ihr die Kurberatung für pflegende Angehörige mit Rat und Tat zur Seite. "Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt", sagt die 68-Jährige. "Einmal ganz rauszukommen und Abstand zu gewinnen bringt so viel Erholung und neue Kraft", schwärmt sie.
Mit dem Projekt "Kurberatung für pflegende Angehörige" wurden in Nordrhein-Westfalen die Wohlfahrtsverbände mit ihrem flächendeckenden Netz von 100 Kurberatungsstellen mit ins Boot geholt. Eigens für dieses Projekt geschulte Beratungskräfte können pflegebedürftigen Angehörigen passgenaue Angebote machen, sei es, um allein eine Kur anzutreten oder gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen. Der Vorteil: Die Beratungsstellen sind gut vernetzt, sodass kurze Wege zu flankierenden Hilfen wie etwa Kurzzeitpflege-Einrichtungen bestehen. Das Projekt wird vollständig gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
"In den Beratungsstellen erhalten Betroffene Informationen zu allen Fragen der Beantragung einer Kur, zur Klärung der Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen und zur Auswahl der Wunsch-Klinik", sagt Verena Ising-Volmer. "Das sollten Betroffene unbedingt machen", sagt auch Petra Müller aus ihrer Erfahrung. "Hinterher geht man ganz anders mit der schwierigen Situation um."
Kurberatung
Die nächste Kurberatungsstelle und weitere Infos sind zu finden unter:
- www.kuren-fuer-pflegende-angehoerige.de
- oder telefonisch unter 05251/209-230
Die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen bietet mit AWO, Caritas, Deutschem Rotem Kreuz und Diakonie 100 Kurberatungsstellen für pflegende Angehörige in NRW an.
Das Projekt "Zeit und Erholung für mich - Kurberatung für pflegende Angehörige" wird vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V. in Kooperation mit der AW Kur und Erholungs GmbH, Tochtergesellschaft des AWO Bezirksverbandes Westliches Westfalen e. V., umgesetzt.
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