"Am Ort waren wir eine Gemeinschaft"
Caritas in NRW Was ist das Besondere an den Caritas-Reisen?
Anneliese Kinnen: Alle ehrenamtlichen Reisebegleiterinnen und -begleiter durchlaufen eine Schulung. Vermittelt wird beispielsweise, wie man das Gruppengefühl stärkt. Jede und jeder Einzelne soll als Individuum gelassen werden, aber auch in die Gemeinschaft mit reingeholt werden. Das geschieht aber nicht zwanghaft. Wer alleine sein will, der darf alleine sein. Wer bei einem Tagesausflug im Planwagen sitzen bleiben will, wenn draußen mal Wein ausgeschenkt wird, der darf sitzen bleiben und für sich sein. Wir Reisebegleiter schauen aber schon danach, wie man auch Leute in Gespräche integrieren kann, wie man sie in eine Gemeinschaft hereinholen kann. Man stellt ja doch sehr schnell fest - besonders im letzten Jahr -, wie dankbar die Senioren waren, sich mit Leuten zu unterhalten, die sie nicht täglich oder nur hin und wieder mal sehen. Alle erzählten, wie vereinsamt sie sind in den letzten Jahren.
Caritas in NRW: Einer der Ansätze der Reisen ist, dass man neue Kontakte auch im Alter ermöglicht, neue Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernt?
Anneliese Kinnen: Ja. Und in einer Gemeinschaft, wo jeder so seine "kleinen Wehwehchen" oder Gebrechen hat, da ist niemand Außenseiter, der mit dem Rollator oder dem Stock unterwegs ist. Der eine sieht schlecht, der andere vergisst schon etwas, und alle wissen: Ist nicht weiter schlimm, alle haben irgendwas. Ich finde das sehr schön, dass Caritas diesen Menschen, die vielleicht ein Leben lang gerne gereist sind, aber es jetzt alleine nicht mehr können oder die alleine leben und nicht alleine reisen wollen, diese Möglichkeit bietet. Ich finde das toll.
Caritas in NRW: Das heißt, körperliche Einschränkungen werden im Tagesprogramm besonders berücksichtigt? Schon in der Vorplanung ist berücksichtigt, dass das nicht überfordert?
Anneliese Kinnen: Die Unterbringung erfolgt immer in einem Haus, das für Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, geeignet ist. Es gibt keine unüberwindbaren Treppen oder Duschen, in die man alleine nicht mehr einsteigen kann. Die Häuser sind seniorengerecht.
Caritas in NRW: Die Reisen, die beispielsweise der Caritasverband Düren veranstaltet, führen an Orte, die nicht so hektisch sind, an denen ein ruhiger Takt herrscht. Der Großteil der im Katalog angebotenen Reisen sind mehrtägig, dazu kommen auch drei Tagesausflüge. Sind Sie auch bei einer mehrtägigen Reise dabei?
Anneliese Kinnen: Nein, ich hatte mich nur gemeldet als Reisebegleiterin für die Tagesausflüge im letzten Jahr. Wenn der Caritasverband nach Corona wieder Flugreisen anbieten würde, wäre das gut. Flugreisen für Senioren müssten einfach die Zukunft für Senioren sein können.
Caritas in NRW: Aber die gibt es ja auch auf dem freien Markt. Warum halten Sie die nicht für genauso geeignet wie die Caritas-Reisen?
Anneliese Kinnen: Ich habe drei Flugreisen für Seniorinnen und Senioren begleitet, die die Caritasverbände damals noch für Aachen und Düren durchgeführt haben. Die Teilnehmenden, die wir da hatten, die wären nicht von einem Reiseunternehmen wie BigXtra oder auch TUI so begleitet worden, wie sie durch die Reisebegleitung des Caritasverbandes begleitet wurden. Wir haben sie zu Hause abgeholt, die brauchten sich am Flughafen um ihr Gepäck nicht zu kümmern, die brauchten sich nicht darum zu kümmern, wann und wo sie eincheckten. Das alles war von uns organisiert. Wir haben dort auf jeden geachtet, damit er auch den richtigen Gang wählt, um zum richtigen Gate zu kommen. Im Flugzeug hatten sie besondere Sitzplätze, die wir vorher für sie gebucht hatten. Am Ort waren wir eine Gemeinschaft. Alle hatten sich zumindest schon mal gesehen und wussten: Wir 20 Leute, wir sind Caritas. Keiner musste irgendwo wen fragen, sondern die konnten sich an meinen Mann und mich wenden, weil wir vorher schon mal die Häuser gesehen hatten und dort schon mal Urlaub gemacht hatten. Bei der zweiten Reise ist eine Dame mitgefahren, die konnte ohne Rollator keinen Schritt gehen, weil sie eine Lähmung rechtsseitig hatte. Trotzdem war es für sie möglich, mit uns zu reisen. Wir waren für die Dinge, die sie nicht allein konnte, einfach da. Andere, die fitter waren, konnten allein noch ein paar Kilometer durch die Lande gehen oder konnten morgens schwimmen gehen, und trotzdem wussten sie: Wir sitzen in einer Gemeinschaft, und da ist jemand, die sorgt für uns, die unterhält uns, die hat Ideen für uns, die kümmert sich. Ich glaube, das gibt es auf dem freien Markt so nicht.
Caritas in NRW: Gemeinschaft entsteht auch durch Nachtreffen?
Anneliese Kinnen: Letztes Jahr war das leider wegen Corona nicht möglich, konnte dann nicht stattfinden. Aber ansonsten ist das Teil des Konzepts. Nach allen Reisen sitzen die Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer immer noch mal zusammen bei Kaffee und Kuchen. Ich finde, diese Treffen sollten eigentlich in der Zukunft in ein regelmäßigeres Erzählcafé übergeleitet werden. Denn ich glaube, dass alle Senioren froh wären, wenn sie Orte und regelmäßigere Termine hätten zum Erzählen.
Die Fragen stellte Erik Lehwald.
Das Interview ist die redigierte und gekürzte Version eines Live-Gesprächs:
www.youtube.com/watch?v=yOU4bPWBxmw
Caritas-Senioren-Reisen
In den ein- bis 14-tägigen Fahrten in die schönsten Ecken Deutschlands bietet die Caritas Düren-Jülich Erholung in Verbindung mit Gesundheitsvorsorge. Es gibt eine große Auswahl aus einer bunten Palette von Reisen.
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