Macht den Mund auf!
Aly Badara Touré hat studiert, engagierte sich in der Oppositionspartei, tritt selbstbewusst auf, spricht Ungerechtigkeiten direkt an und kann Menschen für sich begeistern. All das waren denkbar schlechte Voraussetzungen, um in Guinea, einem autokratisch regierten Staat im Westen Afrikas, unbehelligt leben zu können. 2013 - da war er Anfang 20, hatte sein Studium der Internationalen Beziehungen beendet und einen Job in der guineischen Botschaft in Ägypten quittiert - standen die Schergen des Regimes vor seiner Tür. Sie warfen ihm vor, für ein Attentat auf den Präsidenten mitverantwortlich zu sein, und kerkerten ihn ein. Ins Detail möchte er nicht gehen, sagt nur: "Wie sollte ich etwas gestehen, das ich nicht begangen hatte? Ich wurde gefoltert und nach zwei Monaten freigekauft." Seine Mutter, die ein Geschäft in Guineas Hauptstadt Conakry betrieb, organisierte ihm nach der Freilassung ein Flugticket und schickte ihn nach Europa. Seit Kurzem arbeitet Aly Badara Touré fest für den Caritasverband Euskirchen in der regionalen Flüchtlings- sowie Ausreise- und Perspektivberatung. Aber bis es so weit war, vergingen quälende Jahre. Er erinnert sich an die Langeweile in Flüchtlingsunterkünften, an die komplizierten und unfreundlichen Gespräche mit Behörden.
"Ich musste immer dafür kämpfen, etwas zu bekommen", sagt Touré, der sechs Sprachen spricht und Vater einer Tochter ist. Was er vor allem gelernt habe in Deutschland, sei auch das, was er Geflüchteten heute rate: "Macht den Mund auf! Habt keine Angst davor, etwas falsch zu machen!"
Ein Stück Heimat in Deutschland
Er kann nach eigenen Worten gut nachvollziehen, dass Geflüchtete in Deutschland verzweifeln, erst recht diejenigen, die nicht wie die Menschen aus der Ukraine gerade so willkommen geheißen und umfassend unterstützt werden. Immer häufiger hat er deshalb mit Menschen zu tun, die sich nach vielen Jahren entschließen, in ihre Heimat zurückzukehren. Zum Beispiel in den Irak oder nach Afrika. "Es ist dann meine Aufgabe, auszuloten, ob es wirklich der richtige Schritt ist. Ob es nicht noch eine Perspektive in Deutschland gibt." Wenn die Menschen allerdings fest entschlossen seien, könne man sie nicht aufhalten, sagt Touré. Erst recht, wenn Heimweh dazukomme. Er hilft dann bei der Beantragung von Starthilfen für die neue alte Heimat.
Auch er selbst würde gern seine Mutter wiedersehen. Doch an eine Reise nach Guinea ist derzeit nicht zu denken. "Vielleicht klappt es ja in einigen Jahren. Meine Einstellung ist: Es wird immer gut ausgehen - irgendwann!"
Neulich lud Touré gemeinsam mit vier Freunden geflüchtete Landsleute zu einem privaten Grillen ein. Es kamen 150 Menschen, darunter eine alte Schulfreundin. Ein Stück Heimat in Deutschland.