"Ein umfassender Findungsprozess steht an …"
Im Sozialsystem kommt ihnen eine Schlüsselrolle zu: Rechtliche Betreuer kümmern sich um Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Die Betreuungsvereine bündeln die ehrenamtliche und hauptamtliche Betreuung.Archiv
Caritas in NRW: Was kommt durch das BTHG auf die Betreuungsvereine zu, die ja ohnehin mit knappen Ressourcen zu kämpfen haben?
Markus Kühn: Wir rechnen damit, dass sich der Arbeitsaufwand erhöhen wird, allein schon weil mit der Beantragung von Leistungen eine Aufteilung von Wohnkosten und Eingliederungshilfen erfolgt. Zudem müssen Anträge möglichst frühzeitig bei verschiedenen Kostenträgern gestellt werden, damit unsere Klienten nicht ihre Anrechte verlieren.
Bedenkt man nun, dass die Vergütung für Führung von Betreuungen seit 2005 nicht erhöht wurde, angestellte Betreuer in der Regel jetzt schon 160 bis 190 Betreuungsstunden bei einer Vollzeitstelle erbringen, kann man sich leicht denken, was da auf uns und andere Betreuungsvereine zukommt. Die konkreten Abläufe sind letztlich noch völlig unklar und bedürfen eines umfassenden Prozesses der Klärung und Findung.
Caritas in NRW: Was bieten die ergänzenden, unabhängigen Teilhabeberatungen externer Anbieter?
Für die Umsetzung der konkreten Abläufe des Bundesteilhabegesetzes in den rechtlichen Betreuungsvereinen sieht Markus Kühn, Leiter des Sachgebiets Soziale Beratung und Betreuung beim SKM Köln, noch großen Schulungs- und Klärungsbedarf.Michael Franzen
Markus Kühn: Betreuer haben die Möglichkeit, sich dort für ihre Klienten beraten zu lassen. Das hat sicherlich viele Vorteile, besonders im Bereich der Peer-Beratung, also wenn selbst Betroffene die Ratgeber sind. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass die Zahl der Beratungsstellen auch auf dem Land erhöht wurde. Ich glaube schon, dass das BTHG, mit dem ja die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden soll, eine Menge bringen kann und Menschen mit Behinderung hilft, ein selbstbestimmteres Leben zu führen.
Caritas in NRW: In welchem Bereich ist mit besonders einschneidenden Änderungen oder gar Problemen zu rechnen?
Markus Kühn: Wir gehen davon aus, dass besonders der Bereich der ehrenamtlichen Betreuung betroffen ist. Zum einen, weil hier sicherlich der größte Beratungsbedarf mit Blick auf die neue Gesetzeslage besteht, zum anderen aber auch, weil die Betreuungsperson völlig neue Aufgaben übernehmen muss. Etwa bei der Budgetverwaltung. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass nicht jeder, der seinen Schwerpunkt eher in der medizinischen oder sozialen Betreuung sieht, unbedingt begeistert ist, sich dann vermehrt mit der Verwaltung von Geldern zu beschäftigen. Auf jeden Fall dürfte es häufig nicht ganz ohne sein, den "Funken der Mitmenschlichkeit", der zur Übernahme der Betreuung geführt hat, auch auf die Vermögenssorge weiterzutragen.
Die Fragen stellte Dagmar Gabrio.