"Ich hatte einfach Lust aufs Schwimmen"
Noah Hüren zieht seine Bahnen im Freibad Eschweiler-Dürwiß. Er ist Mitglied im Reha-Sportverein der Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH in Eschweiler.Foto: Christian Heidrich
Noah Hüren schwimmt am Rand des großen Schwimmbeckens in Eschweiler-Dürwiß mit ruhigen Bewegungen. Außen am Beckenrand begleitet ihn Martina Gruppe. Sie ist anerkannte Übungsleiterin für Reha Sport. "Noah, du bist ja heute gut in Form", ruft sie ihm ins Becken und lobt seine sauberen Schwimmbewegungen. Der Beschäftigte der Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH (CBW) im Werk Alsdorf freut sich. Der 37-Jährige ist einer von mehr als 500 Mitgliedern des 1995 gegründeten Reha-Sportvereins der CBW.
Weil es für Menschen mit Behinderung wie Noah Mitte der 1990er Jahre so gut wie keine Möglichkeit gab, im Verein Sport zu treiben, entschied seinerzeit die CBW, einen eigenen Reha-Sportverein auf die Beine zu stellen. Walken, Laufen, Tischtennis, Fußball, Schwimmen, Yoga sind einige der Sportarten, die der Verein anbietet. "Das Angebot wird von unseren Beschäftigten gerne angenommen", sagt Gabriele Pfeiffer-Schirra. Die Sportlehrerin ist verantwortlich für die Sportabteilung der CBW. Sie koordiniert von Alsdorf aus alle Sportangebote für die Werke innerhalb der CBW. Sie hat Konzepte erstellt, mit deren Hilfe Sport und Bewegungsübungen für Menschen mit Behinderung leicht in den Werkstattalltag eingebaut und selbst von Rollstuhlfahrern ausgeführt werden können.
Noah Hüren ist alle zwei Wochen dienstags mit sieben weiteren Beschäftigten zum Schwimmtraining im Freibad. In der kühleren Jahreszeit wird das städtische Freibad durch eine Traglufthalle zu einem Hallenbad umgebaut. Dann muss Noah auch nicht auf das Schwimmangebot verzichten. "Ich hatte einfach Lust aufs Schwimmen", sagt er. Wer vom Arzt eine Verordnung für Rehasport hat, kann diesen Sport im Verein ausüben. Für die fachliche Begleitung sorgen in den einzelnen Disziplinen Übungsleiterinnen und Übungsleiter, die eine anerkannte Übungsleiterlizenz beim Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen (BRSNW) erworben haben. Martina Gruppe erläutert, was aus Sicht einer Übungsleiterin das Sportangebot für Menschen mit Behinderung vom Training mit nicht behinderten Menschen unterscheidet. "Mit Menschen mit Behinderung muss man viel individueller arbeiten", sagt sie.
Heute wird sie bei dem einstündigen Training unterstützt von Jens Ahnert. Der Mitarbeiter des CBW-Werks in Alsdorf hat am frühen Vormittag die sieben Beschäftigten mit einem Kleinbus nach Dürwiß gefahren. Nun ist er mit den Beschäftigten im Wasser, während Martina Gruppe vom Beckenrand aus Anweisungen gibt, welche Übung als nächste gemacht werden soll. Am Anfang der einstündigen Übungsstünde schwimmen die Beschäftigten immer erst am Rand des Beckens, in dem sie stehen können, damit sie sich - sollten die Kräfte sie verlassen - sofort am Rand festhalten können. Ziel ist es, zunächst Kondition und Sicherheit aufzubauen. Erst danach gehen sie ins tiefere Wasser.
Gäbe es dieses Schwimmangebot bei der CBW nicht, Noah Hüren würde etwas fehlen. Mit seinen Eltern ist er immer schwimmen gegangen, also konnte er bereits schwimmen, als er zur CBW kam. Seit 2016 ist er im Reha-Sportverein. Früher ist er im Verein auch regelmäßig walken gegangen, das hat er aber später drangegeben. Beim Tischtennis macht er aber immer noch mit. "Uns geht es mit unserem Sportverein darum, die Menschen zum Sport zu aktivieren und ihnen mehr Sicherheit bei Bewegungen zu geben. Einige unserer Beschäftigten haben zum Beispiel Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Da helfen Geschicklichkeitsübungen. Es geht auch um Selbstwertstärkung. Wir merken bei den Vereinsmitgliedern, dass Rehasport auch die Persönlichkeitsentwicklung unterstützt", sagt Gabriele Pfeiffer-Schirra. In diesem Zusammenhang betont sie den inklusiven Aspekt des Schwimm-Angebotes: Der Verein nutzt ein öffentliches Bad. Die Beschäftigten der CBW schwimmen in keinem extra abgetrennten Bereich des Schwimmerbeckens, sondern mit den täglichen Bad-Besuchern gemeinsam. Lediglich die Klassen, die heute zum Schulschwimmen nach Dürwiß gekommen sind, schwimmen in einem abgetrennten Bereich des großen Beckens. "Die Beschäftigten kommen aus diesen Übungsstunden immer sehr ausgeglichen heraus", sagt die Geschäftsführerin des Vereins.
Pause am Beckenrand: Noah Hüren ist seit 2016 Mitglied im Reha-Sportverein der CBW.Foto: Christian Heidrich
Das Wasser in Schwimmbecken ist 28 Grad warm. Für Noah Hüren, der gerade eine kleine Pause macht, seine Schwimmbrille abgenommen hat und sich mit den Unterarmen am Beckenrand abstützt, ist das kein Problem. Für den ersten Moment sei es ein bisschen kühl. "Aber wenn man ein bisschen länger im Wasser ist, wird einem wärmer. Man muss sich bewegen", sagt er. Er brauche bei jeder Schwimmeinheit eine Eingewöhnungszeit. "Am Anfang ist es anstrengend. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran." Schwimmen ist für den 37-Jährigen wichtig, "damit man sich wohlfühlen kann".
Sport überhaupt hat für den Beschäftigten der CBW eine große Bedeutung. Er mag Fußball, ist Fan von Borussia Dortmund und von Alemannia Aachen, war auch schon einige Male am Tivoli. "Hauptsache schwarz-gelb, nicht wahr, Noah", scherzt Gregory Lousberg, Heilerziehungspfleger im Werk Alsdorf, mit ihm. Und dann erzählt Noah Hüren, dass kürzlich Spieler von Alemannia Aachen bei der CBW in Alsdorf waren. Das war kurz vor dem Landesverbandspokalfinale in Köln gegen Viktoria Köln. "Da habe ich denen noch gesagt, sie sollen gewinnen", sagt er. Alemannia verlor leider. Fußball ist aber nicht die einzige Sportart, für die der Beschäftigte schwärmt. "Noah mag Motorsport. Wenn ich ihn gelegentlich zum Schwimmtraining fahre, erkennt er jedes Auto, kann mir die PS-Zahl sagen. Das hat er richtig drauf", erzählt Gregory Lousberg. Da scheint Noah Hüren im CBW-Werk in Alsdorf, wo er beim Zusammensetzen von Tankdeckeln für die Automobilindustrie mitarbeitet, gut aufgehoben zu sein.
Regelmäßig beteiligt sich die CBW am "B2Run"-Firmenlauf in Aachen, wo alle Teilnehmer gemeinsam laufen oder walken. Mit von der Partie sind der Geschäftsführer der CBW, Michael Doersch, und viele Mitarbeitende der CBW mit von der Partie. "Zum fünften Mal in Folge sind wie beim Be2Run als fitteste Mannschaft ausgezeichnet worden", sagt Gabriele Pfeiffer-Schirra. Dabei zeigt sie auf eine Collage mit Fotos von der ersten Teilnahme an dieser Veranstaltung. Gleich über der Vitrine mit den Pokalen, die die CBW-Fußballer bei diversen Turnieren gewonnen haben.
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