Glaube als Schatz und Kraftquelle
Ich war zu einem Kondolenzbesuch in einer Außenwohngruppe einer Behinderteneinrichtung eingeladen. Dort war ein Mann um die 50 verstorben, und seine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner wollten mit mir über den Verlust sprechen und gemeinsam eine Trauerfeier planen. Im Verlauf des Gesprächs haben wir überlegt, welche Lieder wir im Gottesdienst singen könnten. Ich machte ein paar Vorschläge und landete direkt einige Treffer, weil die Lieder den Mitbewohnenden noch aus Kindes- und Jugendtagen bekannt waren. Ich fragte dann auch, was wir im Gottesdienst beten könnten. Ein Bewohner erzählte, dass er abends in seinem Zimmer eine Kerze für den Verstorbenen anmacht und ein Gebet spricht. Ich bat ihn, das Gebet mit uns zu teilen und vorzubeten. Ich war sehr berührt von der Klarheit und Schlichtheit dieses selbst formulierten Gebetes. Nachdem der Bewohner das Gebet beendet hatte, musste er bitterlich weinen. Das Gebet hatte ihm ein Ventil für seine Trauer eröffnet. Irgendwer muss dem Bewohner irgendwann beigebracht haben, wie man beten kann und dass Beten etwas Gutes ist, sonst hätte er es nicht getan.
Mir ist nach dem Besuch bewusst geworden, welcher Schatz Glaubenserfahrungen in der Kindheit und Jugend für das spätere Leben sein können.
Immer wieder hört man von Eltern: "Nein, mein Kind ist nicht getauft - das soll es später selbst entscheiden, wenn es alt genug ist!" Kein Problem! Kann man machen.
Aber dann - so meine Meinung - bin ich als Elternteil auch in der Pflicht, meinem Kind Zugänge zu eröffnen, wo es diese Erfahrungen machen kann, sonst kann es sich schwerlich dafür oder dagegen entscheiden. Wir sollten unseren Kindern und Jugendlichen die Kraftquelle, die der Glaube schenken kann, nicht vorenthalten.
Was sind die Schätze Ihres persönlichen Glaubens? Welche positiven Erfahrungen haben Sie als Kind, als jugendlicher Mensch gemacht? Ich lade ein, sich dieser Frage einmal bewusst zu stellen und zu überlegen, welche persönlichen Glaubensschätze in Ihnen verborgen schlummern.