"Hier heißen wir die Sonnenblumen-Schwenker"
Im Jahr 2018 haben sie es verpasst, zwischen all diesen Aufgaben und den familiären Verpflichtungen Zeitfenster für den Urlaub mit dem neu erworbenen Wohnmobil einzuplanen. 2019 blieben nur noch zwei Wochen im November.
Das Engagement der Jendreikos liegt damit sicherlich über dem Durchschnitt. Fühlen sie sich deshalb als "Gutmenschen"? Renate Jendreiko hörte den Begriff erstmals vor ein paar Jahren auf einer CKD-Konferenz und dachte erst noch, er sei positiv gemeint. In Oer-Erkenschwick gibt es dafür einen anderen Namen: "Hier heißen wir die Sonnenblumen-Schwenker." Als im Herbst 2015 die ersten Busse mit Flüchtlingen in der Stadt am Nordrand des Ruhrgebiets ankamen, wurden sie von den Bürgern mit Sonnenblumen begrüßt. Was andere weniger positiv sahen.
Renate und Peter Jendreiko lassen sich davon ihre Ehrenämter nicht madig machen. Sie bestärkt der Dank, den ihre Tochter Elisabeth gerade in das Vorwort ihrer Masterarbeit geschrieben hat. Sie hätten ihr gezeigt, "dass es von großer Stärke zeugt, andere stark zu machen". Renate Jendreikos Einsatz ist klein gestartet über das Engagement in Kindergarten und Schule. Dann wurde sie angesprochen, in der Pfarrcaritas mitzumachen, schon vier Jahre später wurde sie auf Diözesanebene aktiv. Inzwischen arbeitet die 56-Jährige seit vielen Jahren als jüngstes Mitglied im Vorstand mit. "Alles Zufall", sagt Renate Jendreiko. Aber ohne Bereitschaft wäre diese Entwicklung wohl nicht möglich gewesen.
Ihr Schwerpunkt bleibt der "Laden", in dem mittlerweile als ökumenisches Projekt der Verkauf von Lebensmitteln, Gebrauchtkleidung und Hausrat vereint sind. Den Caritas-Shop für gespendeten Haushaltsbedarf hat sie selbst seit 2006 mit aufgebaut. Heute organisiert sie die "Kellerkinder", wie sie und ihre 23 Mitstreiter sich in der WhatsApp-Gruppe nennen. Ständig müssen neue Spenden in die vielen Regale im Untergeschoss des evangelischen Gemeindezentrums einsortiert werden. Ende Oktober waren schon die ersten Kartons mit Engeln, Weihnachtsmännern und Christbaumkugeln abgegeben worden. Da musste eine Sonderschicht eingelegt werden.
Peter Jendreiko hat vor Jahren das Logo für den "Laden" weiterentwickelt, jetzt im Vorruhestand kann er auch das Telefon übernehmen, wenn seine Frau gerade verhindert ist, aber ein Reisebett angeboten wird. Der ehemalige Leiter der Personalentwicklung bei der Ruhrkohle AG begleitet vor allem aber immer mehr junge Flüchtlinge als Ausbildungspate. Vier sind es mittlerweile.
Ein Vorbild aus ihren Familien hatten die Jendreikos nicht, ihren Eltern blieb neben Arbeit und Familie keine Zeit für Ehrenamt. Aber dafür geprägt worden seien sie schon: "Dass man sich in der Not half, war immer klar", sagt Renate Jendreiko. Sie hat eine kaufmännische Ausbildung, aber als die Kinder kamen, blieb sie mangels Betreuungsmöglichkeiten zu Hause. Das bot den Freiraum für ihr ehrenamtliches Engagement.
Die Grundlagen dafür sehen Renate und Peter Jendreiko auch bei ihren Kindern gelegt, sind aber skeptisch, ob der jungen Generation noch die Zeit bleibe, wenn heute beide Partner in der Regel arbeiten müssten und wollten. Immerhin hat ihre Tochter ihre Masterarbeit zum Thema Ausbildungspaten geschrieben.
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