Plattform für Junge
Ein Gespräch mit Irene L. Bär, Leiterin des Teams von youngcaritas Deutschland
Caritas in NRW: Was ist eigentlich youngcaritas?
Irene Bär: youngcaritas ist die Plattform der Caritas, auf der sie jungen Menschen Angebote zu solidarischem Handeln macht.
Caritas in NRW: Was heißt "Plattform"? Wo finde ich die Plattform, was ist das?
Irene Bär: Ja, Plattform ist ein etwas sperriges Wort. Die Idee ist, dass es ganz unterschiedliche Möglichkeiten und Zugänge für junge Menschen gibt, sich über youngcaritas zu engagieren. Die "Plattform" bildet die gemeinsame Klammer, gibt dem Ganzen eine Corporate Identity, die junge Menschen anspricht. Das ist zum einen die Internetseite www.youngcaritas.de, auf der diese unterschiedlichen Angebote zu sehen sind.
Wir sind jetzt noch in der Aufbauphase, einige Angebote finden sich dort schon. Das Ziel ist es, dort im Laufe der Zeit bundesweite Aktionen, Projekte vor Ort und Projekte im Netz zu finden.
Plattform bedeutet auch, dass sich diejenigen, die youngcaritas-Angebote in Deutschland machen, vernetzen und austauschen. Dazu haben sich bereits mehrfach youngcaritas-Akteure bundesweit getroffen.
Caritas in NRW: youngcaritas soll auch vor Ort aufgebaut werden? Ein neuer Jugendverband - oder eher so etwas wie eine Freiwilligenagentur mit Event-Charakter für junge Menschen?
Irene Bär: youngcaritas wird dann lebendig, wenn es attraktive Aktionsmöglichkeiten vor der Haustüre gibt. Verbandsstrukturen sind für die Jugendlichen dabei nicht wichtig. Für sie ist die Frage: "Wo kann ich mich einbringen?" "Wo gibt es ein spannendes Projekt?" Das soziale Handeln steht dabei im Mittelpunkt. Es ist kein Ziel, Ortsgruppen zu gründen.
Caritas in NRW: Woher stammt die Idee? Gibt es Vorbilder für youngcaritas?
Irene Bär: In Österreich und der Schweiz läuft youngCaritas bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Von den Akteuren dort holen wir uns viele Tipps und profitieren von ihren Erfahrungen. Beim Caritas-Kongress im April 2013 hat Alice Uhl von der youngCaritas im Erzbistum Wien berichtet, wie sie die youngCaritas aufgebaut haben. Das ist sehr wertvoll für unsere Überlegungen!
Zum Beispiel hat die youngCaritas in Österreich und in der Schweiz sehr gute Erfahrungen mit Projekten und Aktionen an Schulen gemacht. Auch die youngcaritas Deutschland wird hier einen Schwerpunkt ihrer Aktivitäten setzen.
Caritas in NRW: Dafür braucht youngcaritas die Unterstützung vor Ort. Wer soll an die Schulen gehen?
Irene Bär: youngcaritas lebt davon, dass die Caritasverbände vor Ort von dieser Idee begeistert sind und aktiv auf Jugendliche und auf die Schulen zugehen. Wir von der Bundesebene können durch vorbereitete Schulpakete und bundesweite Absprachen unterstützen. Die Angebote machen müssen die Mitarbeiter(innen) vor Ort! Das erste Schulpaket wird zum Thema "Minderjährige Flüchtlinge in Deutschland" sein. Ab nächstem Jahr können Schulen auch Mitarbeiter(innen) des Deutschen Caritasverbandes zu sich in den Unterricht einladen.
Caritas in NRW: Wie ist die Resonanz auf die Angebote zur Unterstützung durch den Deutschen Caritasverband? Wie kommt die Idee von youngcaritas im Verband an?
Irene Bär: Die Idee kommt gut an! In etlichen Diözesan-, Kreis- und Ortscaritasverbänden wird gerade darüber beraten, ob und wie sie youngcaritas aufgreifen. Im DiCV Berlin gibt es bereits seit Mitte 2012 eine volle Stelle für youngcaritas, in mehreren Diözesan-Caritasverbänden wie zum Beispiel Paderborn und Münster wurde beschlossen, Stellen oder Stellenanteile für youngcaritas einzurichten, die spätestens Anfang 2014 beginnen. In einer ganzen Reihe von Orten gibt es bereits youngcaritas-Aktivitäten und -Projekte.
Einen Teil davon findet man bereits auf www.youngcaritas.de unter dem Menüpunkt "lokalisiert" - das wird noch deutlich mehr. Ein erster gemeinsamer bundesweiter Event werden 2014 Streetsoccer-Turniere als Zeichen der Solidarität mit Jugendlichen in Brasilien sein. Es gibt viele, die die Notwendigkeit für youngcaritas sehen, die Lust haben, selbst aktiv zu werden, und gerade überlegen, wie sie dies in die Tat umsetzen können - entweder mit bestehenden oder mit zusätzlichen Ressourcen. Wir haben hier im Büro übrigens eine Landkarte, auf der die Aktivitäten mit Pinnnadeln markiert sind. Da sieht man, dass in NRW bereits viel passiert!
Caritas in NRW: Der BDKJ hat mit seiner bundesweiten 72-Stunden-Aktion erst vor Kurzem ein großartiges Beispiel für soziales Engagement von jungen Menschen gegeben. Davon haben auch viele Caritas-Einrichtungen profitiert - umgekehrt wäre diese Aktion ohne die Unterstützung der Caritas wahrscheinlich nicht so gut gelungen. Was lernt youngcaritas daraus?
Irene Bär: Die 72-Stunden-Aktion ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass sich junge Menschen begeistert sozial engagieren, wenn eine gute Idee dahintersteckt und diese gut kommuniziert wird. Das ist dem BDKJ hervorragend gelungen. Sie zeigt, dass wir als Caritas viele Orte für soziales Engagement anbieten können: Wir als Caritas sind an den Menschen nah dran, für die es sich zu engagieren lohnt, wir wissen, wo das Engagement gut eingesetzt ist, sodass sie davon auch profitieren.
Die 72-Stunden-Aktion ist gleichzeitig kein Selbstläufer: Dahinter steckt enorm viel Arbeit, und es hat eine ganze Reihe von Jahren gebraucht, bis sie zu ihrer jetzigen Größe angewachsen ist.
Uns ist es wichtig, uns mit dem BDKJ auszutauschen, um nach Schnittstellen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu suchen. Wenn wir nicht in Konkurrenz denken, sondern unsere jeweiligen Kompetenzen im Blick haben, können alle profitieren - vor allem die Jugendlichen!
Caritas in NRW: Wenn Sie ein Zukunftsszenario entwerfen müssten, das auch visionär sein darf: Wie stellt sich youngcaritas in 20 Jahren dar?
Irene Bär: Das Jahr 2033 - wie könnte das sein …: youngcaritas ist bundesweit bekannt, und jährlich über hunderttausend Jugendliche handeln mit youngcaritas solidarisch für andere. Die Hauptamtlichen und erwachsenen Ehrenamtlichen im Caritasverband freuen sich immer wieder über frische Impulse für ihre tägliche Arbeit. Längst gibt es mehrere Diözesan-Caritasdirektor(inn)en, die sich selbst in ihrer Jugend bei youngcaritas engagiert haben - und auch zwei Bischöfe, die als Jugendliche Erfahrungen bei youngcaritas gemacht haben ... die wären dann übrigens ganz schön jung! Mit verschiedenen Kooperationspartnern - Verbänden, Firmen, Organisationen, einzelnen Personen - werden ungewöhnliche Aktionen gestartet.
Die youngCaritas in Wien hat ja im Juni 2013 ein eigenes Haus in Wien bezogen, die "actionfactory". Vielleicht gibt es in zehn Jahren an vielen Orten in Deutschland solche youngcaritas-Häuser, die - mit ausreichend Finanzmitteln ausgestattet - als "Herstellungsorte für soziale Aktionen" fungieren. Und eine youngcaritas-Aktivistin hat dann einen Sitz im neu gegründeten "Beirat für gelebte Solidarität" der Bundesregierung … vorausgesetzt, es gibt dann noch nationale Regierungen. ;-)
Caritas in NRW: Herzlichen Dank für das Interview!