Ein Überzeugungstäter
Es gibt Fälle, die lassen Barthel Korn auch nach fast 30 Jahren im Job nicht kalt. Zum Beispiel der Fall einer jungen Familie, die unverschuldet obdachlos wurde. Während der Abwesenheit der Mutter hatten die Kinder zuhause gezündelt und die Bleibe der Familie in Brand gesetzt.
Oder der Fall eines Asylsuchenden aus dem Kongo, der geradewegs von seinem Arbeitsplatz weg in sein Heimatland abgeschoben wurde. Ein anderer Klient starb noch während seines laufenden Asylverfahrens. "Das sind so Geschichten, die einem nahegehen und einen für einen Moment innehalten lassen", sagt Barthel Korn.
Er ist Mitarbeiter des Fachdienstes "Flüchtlings- und Migrationsberatung" beim Caritasverband Düren-Jülich. Dorthin können sich Migranten bei asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen, aber auch anderen Problemen aller Art wenden. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich. Der Fachdienst hilft auch bei der Antragstellung auf eine einmalige finanzielle Unterstützung durch die landesweite Spendenaktion "Lichtblicke" von Diakonie, Caritas und Lokalradios.
Mut und Hoffnung für seine Arbeit schöpft Korn aus kleinen und großen Erfolgserlebnissen. So konnte im letzten Jahr nicht zuletzt dank seiner Beharrlichkeit eine komplizierte Familienzusammenführung erfolgreich abgeschlossen werden. Über zwei Jahre hatte sich das Verfahren hingezogen, lebte der nierenkranke Flüchtling aus Eritrea in ständiger Ungewissheit, ob er seine Familie überhaupt jemals wiedersehen würde. "Es war für ihn ein emotionales Auf und Ab, die Chancen standen schlecht", erinnert sich Korn. Inzwischen ist der Familienvater, der seit 2005 in Deutschland lebt, mit seiner Frau und den beiden Kindern wieder glücklich vereint.
Ursprünglich hatte Barthel Korn eine kaufmännische Ausbildung bei einem großen Kölner Unternehmen absolviert, nach einem Studium fing er jedoch beim Caritasverband zunächst als Praktikant an. 1983 wurde er dann fest übernommen. Schon während seines Anerkennungsjahres war Korn mit Migranten und ihrem Schicksal in Berührung gekommen. "Ich musste feststellen, dass Migranten in unserem Land sogar noch eine Stufe unter unseren Obdachlosen stehen." Das Schicksal von Flüchtlingen ließ Korn, der in den 80er-Jahren den Dürener Flüchtlingsrat mitbegründete und sich auch politisch engagierte, nicht mehr los und treibt ihn bei seiner Arbeit bis heute um und an. Bei Hausbesuchen macht er sich von der schwierigen Lebenssituation von Menschen ohne sichere Bleibeperspektive selbst immer wieder ein Bild. Manche Familien können jederzeit abgeschoben werden, anderen mangelt es am Allernötigsten. "Dass ich beim Caritasverband gelandet bin, hat mir noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel auf die soziale Lage in Deutschland ermöglicht. Insbesondere auf Flüchtlinge, also jene Menschen, die nicht gewollt sind und die nach Möglichkeit von unseren Grenzen ferngehalten werden sollen", ärgert sich Korn.
Doch Korn ist Überzeugungstäter, den der Kampf mit der deutschen Bürokratie und sturen Ämtern oder uneinsichtigen Behördenmitarbeitern nicht schreckt. Migranten zu ihrem Recht zu verhelfen und dafür zu sorgen, "dass sie nicht zwischen den Mühlsteinen unserer Bürokratie zerrieben werden", ist ihm ein Herzensanliegen. Zweimal in der Woche, immer dienstags und donnerstags ab 9 Uhr, hält Korn in seinem Büro an der Dürener Kurfürstenstraße eine offene Sprechstunde ab. Dabei weiß der Caritas-Fachberater nie, was ihn konkret erwartet; jeder Fall liegt anders, und keiner gleicht dem anderen. Im Jahr 2012 haben rund 150 Klienten bei 476 Einzelkontakten telefonisch oder persönlich die Beratung Korns in Anspruch genommen. In vielen Fällen konnte der Experte helfen.