Gemeinsam für ein starkes Team
Stefanie Siebelhoff ist Direktorin des Caritasverbandes für das Bistum Essen.Foto: Nicole Cronauge
Bei der Caritas arbeiten bedeutet häufig, Menschen mit Unterstützungsbedarf zu beraten, zu pflegen und zu betreuen. Diese Tätigkeiten sind belastend, Menschen gehen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch an ihre Grenzen und darüber hinaus - oft mit schwerwiegenden Folgen für ihre Gesundheit.
Wie Statistiken der Krankenkassen belegen, nehmen psychische Belastungssyndrome wie Burn-out, Angststörungen und Depressionen sowie chronische Erkrankungen in den letzten Jahren erheblich zu. Im Jahr 2023 meldeten sich etwa zehn Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund psychischer Probleme krank. Mit gut 16 Prozent sind psychische Erkrankungen zudem der dritthäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit. Bedeutend dabei ist auch, dass psychisch Erkrankte oft besonders lange ausfallen - durchschnittlich 28 Tage.
Lebensqualität und gute Arbeitsbedingungen
Was sind die Ursachen? Psychische Belastungen treten häufig dort auf, wo es zu Arbeitsverdichtung kommt, etwa aufgrund von Personalmangel. Im Kita-Bereich lässt sich seit Jahren beobachten, dass "auf Kante genähte" Stellenbesetzungen einen Teufelskreis von Überbelastung und Krankheitsausfällen verursachen. Auch Schichtarbeit und Überstunden stellen Risikofaktoren dar, die oft im Pflegebereich zum Tragen kommen. Die Arbeitswelt verändert sich rasant: Mobiles Arbeiten, 4-Tage-Woche, flexible Arbeitszeiten, die Anwendung von Künstlicher Intelligenz und neuen digitalen Techniken - bei allen Vorteilen, die das den Beschäftigten bietet, erfordert es aber auch eine gute Selbstorganisation und Stressresilienz. Ähnliches gilt für altersgemischte und diverse Belegschaften, die zwar einer McKinsey-Studie zufolge produktiv arbeiten, den Teammitgliedern und Führungskräften aber gleichzeitig eine ausgeprägte Dialog- und Konfliktbereitschaft abverlangen.
Zusätzlich belasten externe Faktoren die Mitarbeitenden, wie finanzielle Unsicherheit, Inflation, Sorge- und Pflegearbeit in der eigenen Familie, gesundheitliche Probleme, globale Krisen wie die Corona-Pandemie, der Klimawandel, geopolitische Spannungen oder auch soziale Isolation.
Vor diesem Hintergrund wird das Thema "Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz" immer wichtiger. Vor allem junge Menschen wünschen sich ein positives Arbeitsumfeld, das nicht nur dem Broterwerb dient, sondern als Teil der eigenen Lebensgestaltung begriffen wird. "Ich will nicht acht Stunden arbeiten gehen, um mich dann anschließend zu Hause davon erholen zu müssen", so die Aussage einer Studentin. Das habe nichts mit Arbeitsunwilligkeit oder Faulheit zu tun, die ihrer Generation fälschlicherweise immer wieder vorgeworfen werde. Es gehe um ein anderes Verständnis von Arbeit, um Arbeit als Wert an sich.
Mitarbeitende stellen zunehmend Erwartungen an ihren Arbeitsplatz und den Arbeitgeber - jenseits von Honorar und Vergütung. Es geht um Lebensqualität, um gute Arbeitsbedingungen, die vor allem für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle spielen. Wenn wir in unseren Verbänden, Einrichtungen und Diensten auch weiterhin attraktive Arbeitgeber sein wollen, müssen wir genau darauf unseren Fokus richten.
Ein erster Schritt ist es, Belastungen sichtbar zu machen und auf der Basis dieser Erkenntnisse Strategien zu entwickeln, um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern und zu erhalten. Das geht nur gemeinsam. Mitarbeitende und Arbeitgeber in der Sozialwirtschaft müssen gemeinsam erhöhte Belastungen und Risikofaktoren erkennen und analysieren. Dabei sollten Arbeitsumgebung, -volumen und -verdichtung, aber auch Unternehmenskultur wie Kommunikation, Partizipation und Führungshandeln in den Blick genommen werden. Den Ansprüchen der zukünftigen Arbeitswelt werden wir nur als lernende Organisationen gerecht, die fähig sind, sich inneren und äußeren Veränderungen anzupassen, und dabei das Wohl der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellen. Lassen Sie uns deshalb die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz priorisieren und die Resilienz unserer Teams stärken! Ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden sind entscheidend für den langfristigen Erfolg unserer Organisationen.