Erde zu Erde
Leonie Jedicke, Referentin für Personal- u. Organisationsentwicklung beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn
Raus in die Natur, in den Wald oder in den Garten: Das antworten Mitarbeitende, wenn wir sie nach ihrem Freizeitprogramm fragen. Oder sie gärtnern auf dem Balkon. Diese ausgleichende Beschäftigung scheint in Pandemiezeiten Zulauf bekommen zu haben. Auch das Wirtschaftssegment Gartenmarkt hat im letzten Jahr um mehr als neun Prozent Umsatz zugelegt.
Viele besinnen sich auf die uralten Kulturtechniken: anbauen, säen und ernten. Das tun Menschen, seit sie sesshaft wurden, seit sie auf einem Stück Erde beheimatet sind. Gärtnern erdet. Von "erden" sprechen wir nicht nur bei elektrischen Geräten, sondern auch wenn eine Person davor bewahrt wird, den Kontakt zum normalen Leben zu verlieren. Erden schafft Verbindung zu unserer Herkunft. Die zweite Schöpfungsgeschichte malt das Bild eines Schöpfers, der den Menschen aus Ackerboden formt und ihm göttlichen Atem einhaucht. Das lebendige Wesen Mensch nimmt also Kontakt zu seinem Ursprung auf. Wenn Substanzen absterben, egal ob pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, dann zersetzen sie sich durch biologische und biochemische Prozesse. So entsteht der dunkelbraune Bestandteil des Bodens, den wir Humus nennen. Dieser aus dem Lateinischen stammende Begriff heißt übersetzt Erde. Alles Lebendige wird wieder Erde.
Säen, gießen, düngen - hier stellen sich die Erfolge oft langsam ein. Es braucht Geduld. An den Sämlingen zu ziehen, würde sie nicht schneller wachsen lassen, sondern zerstören. In einer Welt, deren Schnelllebigkeit zunimmt, kann die langsame Entwicklung von Pflanzen heilsam sein. Gezielt werden die positiven Wirkungen des Gärtnerns in der Gartentherapie zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens eingesetzt.
Wer gärtnert - und sei es nur im Topf oder Balkonkasten -, sieht kleine Erfolgserlebnisse. Und spürt: Es gibt Dinge, die liegen letztlich nicht in meiner Hand, die kümmert kein Lockdown und keine AHA-Regeln. So wundert es nicht, dass Menschen in diesen Zeiten nach Kleingärten suchen, den Städten entfliehen oder Urban Gardening betreiben. Wenn es in einer christlichen Bestattung heißt: "Erde zu Erde", dann unterstreicht es die Nähe des Menschen zu seiner Mitwelt Boden. Das Bewusstsein dieser Nähe schon zu Lebzeiten zu pflegen, kann Achtsamkeit und Dankbarkeit stärken.