Etwas Sinnvolles machen
Wenn Marian Pape über seine Station im Theresienheim geht, strahlen die Augen der Frauen und Männer, die hier leben. Sie mögen den jungen Mann mit seiner freundlichen, ausgeglichenen Art. Seit fast einem Jahr unterstützt Pape die Pflegkräfte im "Wohnbereich 3" des Hauses. Am Anfang, so erinnert er sich, war er etwas schüchtern den Bewohnenden gegenüber. Doch das hat er schnell abgelegt. Während seine Aufgaben anfangs darin bestanden, Essen und Trinken zu reichen, kam er schon bald dazu, die Mitarbeitenden in der Pflege zu begleiten - und schnell auch zu unterstützen. Berührungsängste hatte er dabei nie. "Ich hatte von Anfang an keine Scheu, die Menschen anzufassen. Und das darf auch nicht sein", sagt Pape. "Die Menschen merken das und sind dann selbst schüchtern und unsicher." Heute gehört die Essensausgabe zwar immer noch zu seinen Aufgaben, doch er hilft auch dabei, die Menschen aus ihren Betten zu heben, sie zu waschen und zu versorgen.
Sinn gesucht
Der klassische Absolvent eines Freiwilligen Sozialen Jahres, kurz FSJler genannt, ist Marian Pape nicht. Mit seinen 26 Jahren hat er nach dem Hauptschulabschluss bereits eine Ausbildung zum Maler und Lackierer absolviert und einige Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel. "Die Arbeit machte mir zwar Spaß, aber ich habe mir irgendwann die Frage gestellt: Will ich das wirklich bis zur Rente durchziehen?", so Pape. Er kam für sich selbst zu dem Schluss, dass er genau das nicht wollte - und begann, über Alternativen nachzudenken. "Dann kam für mich der Gedanke hinzu: ‚Was kann ich für die Gesellschaft tun?‘", erinnert sich Pape. "Ich wollte auf jeden Fall etwas Sinnvolles machen. Nur Wände zu streichen, das reichte mir nicht."
Seine erste Idee war noch weit weg von der Pflege. "Ich hatte mir überlegt, dass ich beim Kolping-Bildungswerk jungen Menschen den Beruf des Malers und Lackierers schmackhaft machen wollte", so Marian Pape. Für eine solche Tätigkeit, so erfuhr er, hätte er jedoch zunächst Soziale Arbeit studieren und zusätzlich zu seiner Berufsausbildung eine Tätigkeit im Sozialen Dienst nachweisen müssen. So entstand die Idee, das Freiwillige Soziale Jahr zu absolvieren.
Im Theresienheim in Neuss landete er dabei eher zufällig. Klar war für ihn nur: Es sollte eine Einrichtung der Caritas sein, und das Pflegeheim, in dem es gerade einen freien Platz gab, war für ihn gut erreichbar. Aufgaben in der Pflege zu übernehmen, scheute er nicht, hatte er doch schon als Jugendlicher seine Mutter gepflegt, die an Krebs erkrankt war.
Auch Aufgaben wie das Ausräumen der Spülmaschine gehören zum Arbeitsalltag von Marian Pape.Barbara Allebrodt
Humor und Tatkraft
"Viele meiner Freunde konnten nicht verstehen, dass ich mit 26 noch einmal diesen Weg gehen wollte", erzählt Marian Pape. Ein Jahr lang mit wenig Geld auskommen und einer ungewissen beruflichen Zukunft gegenüberstehen, das erschien den meisten wenig verlockend. "Viele haben gesagt: ‚Das ist doch dumm‘, aber ich habe mir gesagt: ‚Ich will nicht ins kalte Wasser springen und diese Möglichkeit wahrnehmen.‘" Der 26-Jährige ließ sich nicht beirren, und im November 2018 begann sein FSJ
Nachdem er das Haus ein wenig kennengelernt hatte, wurde Station 3 sein Arbeitsplatz. 29 Menschen leben hier mit unterschiedlichen Pflegegraden und unterschiedlichen Bedürfnissen. Hier lernte Marian Pape alle Facetten kennen, die die Tätigkeit als Altenpfleger mit sich bringt. "Man merkt bei Marian, dass er schon eine Ausbildung gemacht hat, dass er reifer ist als andere FSJler", sagt Wohnbereichsleiter Michael Breuer, Papes Vorgesetzter. "Wenn man ihm eine Aufgabe überträgt, erledigt er sie sofort sehr gewissenhaft - ohne zu meckern. Er ergreift selbst die Initiative, sieht Arbeiten, die zu erledigen sind, und hat tadellose Umgangsformen", fügt er hinzu. Fast noch wichtiger aber findet Breuer: "Er ist freundlich und humorvoll im Umgang mit den Menschen. Man muss in unserem Beruf auch mal lachen können, das ist immens wichtig."
Gewinn für beide Seiten
Mit seinem "Teamer", dem Betreuer beim Seminar für Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres, das Marian Pape regelmäßig besuchen musste, besprach er, wohin sein Weg ihn weiter führen sollte. Und schon bald stand die Erkenntnis: "Ich möchte eine Ausbildung zum Altenpfleger machen!" Im Theresienheim war man gern bereit, ihm das zu ermöglichen. Die Zusage der Schule, ihn anzunehmen, machte die Vereinbarung perfekt: Im Oktober tritt Marian Pape seine Ausbildung zum Altenpfleger an.
Für ihn war die Orientierungsphase, die das Freiwillige Soziale Jahr ihm geboten hat, ein großer Gewinn. Eine Chance aber vor allem auch, weil man ihm im Theresienheim viele Möglichkeiten eröffnete. "Ich habe von Absolventen aus anderen Einrichtungen gehört, die gerade einmal den Müll rausbringen durften", erzählt Pape. Für Wohnbereichsleiter Michael Breuer sind das vertane Chancen. "Das Freiwillige Soziale Jahr kann ein gutes Instrument sein, um junge Menschen für die Pflege zu begeistern. Dazu gehört aber, dass man die jungen Menschen nicht ausnutzt, sondern ihnen ein positives Bild des Berufes vermittelt", sagt Breuer. Eine Strategie, die bei Marian Pape aufgegangen ist - und einen Gewinn für beide Seiten gebracht hat.
E-Mail: theresienheim@caritas-neuss.de
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