Mach dich stark für Generationengerechtigkeit
Umgekehrt haben sich die jungen Leute unserer Tage mit dem Motto "Trau keinem über dreißig" revanchiert. Liegt eine gewisse Reibung, eine Konkurrenz zwischen den Generationen - in der Familie wie in der Gesellschaft - nicht in der Natur der Sache und ist der gesellschaftlichen wie persönlichen Weiterentwicklung zuträglich?
Stattdessen fordert die Caritas in Deutschland in ihrer Demografie-Initiative, Jung und Alt müssten zusammenarbeiten und sich gemeinsam für Generationengerechtigkeit einsetzen, dafür, dass "für jede (auch künftige) Generation annähernd gleiche Verwirklichungschancen sichergestellt" werden?
Beides trifft zu - die Notwendigkeit einer gesunden Konkurrenz zwischen den Generationen ebenso wie der gemeinsame Blick auf das Ganze und auf Interessen der jeweils anderen. Denn die Gesellschaft des langen Lebens bringt es mit sich, dass die Generationen trotz unseres gut ausgebauten Sozialstaates mehr denn je aufeinander angewiesen sind: Weil immer mehr Menschen immer älter werden, steigt auch der Bedarf an Unterhalt, Pflege und Unterstützung - hier sind die jüngeren Frauen und Männer gefordert, einen Teil ihrer Zeit, ihrer Kraft und ihrer wirtschaftlichen Mittel einzusetzen. Weil aber umgekehrt die älter werdenden Menschen über Gesundheit, Bildung und Erfahrung verfügen, sind sie aufgerufen, weiterhin ihre produktiven Beiträge in der Arbeitswelt, vor allem aber auch im freiwilligen Engagement zu leisten. Dabei kommt es darauf an, dass sie ihr Erfahrungswissen möglichst gut mit modernen Kommunikationsmitteln und Methoden kombinieren und von den Jungen lernen. Jung und Alt sind also, ob sie wollen oder nicht, aufeinander angewiesen, damit unsere Gesellschaft weiter zusammenhält und für alle die Lebensgrundlagen gewährleisten kann.
Damit die Chancen des langen Lebens für viele genutzt und die Herausforderungen bewältigt werden können, braucht es weiter einen starken Sozialstaat. Der wiederum setzt eine starke Demokratie voraus, und die lebt von Beteiligung möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger, nicht nur am Wahltag. Die Caritas-Kampagne fordert mit ihrem Aufruf zur Generationengerechtigkeit die Gesetzgeber auf, die Voraussetzungen für die Teilhabe von Menschen aller Lebensalter zu entwickeln: dass die alten Mitbürger weiter engagiert bleiben und die jungen Leute den Einstieg in ein bürgerschaftliches Engagement schaffen. Denn das ist der wichtigste Dienst, den die Älteren unter uns den jungen Menschen leisten können: ihnen zu vermitteln, dass es sich lebenslang lohnt, sich für andere und für das Ganze einzusetzen.
Allerdings muss aktiv etwas für die Generationengerechtigkeit getan werden. Denn die demografische Entwicklung spielt im Moment für die Alten. Sie werden in absehbarer Zeit auf vielen Ebenen die Mehrheit der Wähler stellen und voraussichtlich auch über den größeren Teil der Wirtschaftskraft verfügen. Neben kluger Selbstbeschränkung im Umgang mit dieser Macht der Alten braucht es auch Veränderungen in den Rahmenbedingungen. Darum plädiert die Caritas dafür, insbesondere die Teilhabemöglichkeiten von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch verstärkte Bemühungen der Bildungsförderung für alle sowie durch behutsame Öffnung des (zunächst kommunalen) Wahlrechts für 16-Jährige zu stärken. Die jungen Leute brauchen Bestärkung, dass ihre Stimme gehört wird und dass ihre Zukunft nicht nur in der Hand der vielen älteren Menschen liegt. Nur so kann ein Wettstreit - durchaus auch zwischen den Generationen - um die besten Konzepte für unsere Zukunft geführt werden. Denn vielleicht haben "die Alten ja keine Ahnung" mehr und "die Jungen noch nie eine gehabt" (s. o.). Aber gemeinsam, davon sind wir in der Caritas überzeugt, gestalten wir eine lebenswerte Gesellschaft für heute, morgen und übermorgen.