Wenn es zu eng wird
Wenn sie wirklich etwas ändern wollen oder ihnen von Richtern, Ärzten oder Eheberatern bedeutet wird, dass sich etwas ändern muss, kommen sie zu Moorkamp: "Sie haben ein Problem mit der Konfliktlösung." Sie haben nur gelernt, Stärke zu zeigen, und wissen nicht, wie sich Spannungssituationen mit Worten lösen lassen.
Moorkamp ist Gewaltberater beim Caritasverband für die Stadt Münster. Lange Zeit blieb er allein auf weiter Flur, aber mittlerweile hat er Unterstützung im Katholischen Sozialdienst Hamm, in der Caritas Herten sowie demnächst beim SKM im Kreis Warendorf. 2004 entstand die Idee, und "am Anfang kam kein Mensch", erzählt Moorkamp. Das hat sich deutlich geändert. Die Zahl der Rat- und Hilfesuchenden steigt und steigt, ist im vergangenen Jahr bei 89 Klienten und gut 600 Beratungen angekommen.
Dabei ist die Schwelle nicht gering. Es geht nicht ohne Einsicht und eigene Motivation. "Es braucht die Haltung, jede Art von Gewalt zu verurteilen." Ein Viertel der Klienten werden Moorkamp und seinen Kollegen von Gerichten zugewiesen, aber ein Viertel stammt auch aus dem "Dunkelfeld", in dem bisher keiner von der Gewalt weiß. Die verbleibende Hälfte hat den Hinweis zum Beispiel vom Hausarzt oder in der Eheberatung bekommen. Teilweise fahren die Männer weit, um sich unerkannt helfen zu lassen. Und noch eine Hürde gibt es: Je nach Einkommen bezahlen sie die Gewaltberatung ganz oder teilweise aus eigener Tasche.
In der Beratung wird Klartext gesprochen: "Es geht um Straftaten." Moorkamp redet die Übergriffe auf Frau und Kinder nicht klein. Die Männer müssten als Erstes lernen, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Dann müssen sie alternative Wege lernen, Frust abzubauen und Konflikte zu lösen. Nicht von ungefähr hat sich die Gewaltberatung als Motto gewählt: "Echte Männer reden." Was nicht dem gängigen Männerbild entspricht, das Herbert Grönemeyer in seinem Lied "Männer" - "Wann ist der Mann ein Mann?" - besingt. Viele sind eigentlich von klein auf darauf getrimmt, ihre Gefühle nicht zu zeigen, und haben nie gelernt, sie richtig wahrzunehmen und darüber zu sprechen, erklärt der Gewaltberater die Hintergründe.
Die Idee der Gewaltberatung fiel vor zehn Jahren in Münster spontan auf fruchtbaren Boden: "Wir sind nach anfänglicher Skepsis, was Täterarbeit leisten kann, beim ‚Runden Tisch gegen häusliche Gewalt‘ aufgenommen und begrüßt worden", sagt Moorkamp. Die Realisierung war da schon schwieriger und war nur mit Projektmitteln des Diözesan-Caritasverbandes möglich. Der Traum, daraus ein Netzwerk an Gewaltberatungen in der Diözese Münster entstehen zu lassen, hakt vor allem auch am Geld. Aber es kommt jetzt Schwung in das Angebot. Weitere Kollegen haben die dreijährige berufsbegleitende Ausbildung begonnen, freut sich Moorkamp.
Erfolg ist auch, dass jetzt nicht nur viele Männer gelernt haben, zu reden, statt zu schlagen, sondern dass über das Thema an sich in der Öffentlichkeit geredet wird. Der Blick weitet sich. Schlagende Männer sind Täter, aber nicht nur ihre Opfer brauchen Hilfe. Denn nur die Täter können die Gewalt beenden.