Wo die Hauptamtlichen passen müssen
Der ehrenamtliche Pate Friedhelm Hoffmann und SKM-Schuldnerberaterin Karin Müller helfen überschuldeten Menschen zu einer neuen Perspektive.Andreas Wiedenhaus
Eine Alternative dazu schien es nicht zu geben. Knapp zwei Jahre später hat die 27-jährige Dortmunderin für sich und ihre Familie wieder eine Perspektive. Denn sie hat mittlerweile Arbeit gefunden. "Und meine Schulden bekomme ich auch in den Griff", ist die junge Frau optimistisch. Eines allerdings gibt sie zu, wenn sie auf die vergangenen Monate und die Erfolge zurückblickt: "Wenn Friedhelm nicht gewesen wäre - allein hätte ich das niemals geschafft!"
Friedhelm Hoffmann vom Projekt "Vertrauen lernen - Perspektiven finden" des Katholischen Vereins für Soziale Dienste (SKM) in Dortmund begleitete sie ehrenamtlich auf ihrem Weg in ein neues Leben. Der 63-Jährige gab Svenja W. die Unterstützung, die sie brauchte, aber nirgendwo fand: "Ich kann ihn jederzeit anrufen, wenn ich Sorgen oder Probleme habe."
Da weiterhelfen, wo die hauptamtlichen Mitarbeiter passen müssen: So lässt sich die Idee hinter dem Paten-Projekt des SKM zusammenfassen. "Bei der Schuldner- und Insolvenzberatung sind uns enge Grenzen gesetzt", erläutert Karin Müller, Schuldnerberaterin des SKM, das Dilemma, in dem sie und ihre Kollegen immer wieder stecken. "Hinter den finanziellen Schwierigkeiten der Klienten verbirgt sich häufig ein ganzer Berg von weiteren ganz unterschiedlichen Problemen, die im Rahmen der Termine einfach nicht alle zu klären sind."
Statt die Klienten damit alleinzulassen, greifen an dieser Stelle die ehrenamtlichen Paten ein. Menschen wie Friedhelm Hoffmann aus Witten. Sie bringen Lebenserfahrung mit. Und sie geben nicht sofort auf, wenn es etwa bei der Arge heißt: "Dafür sind wir nicht zuständig!" Friedhelm Hoffmann: "Solche Sätze wecken meinen Ehrgeiz. Wer sich davon ins Bockshorn jagen lässt, ist bei Sachbearbeitern schnell mit seinem Latein am Ende."
Zum reinen Nichtstun sei er noch ein bisschen zu fit, bringt der Schulleiter im Vorruhestand seine Motivation für eine Patenschaft auf den Punkt. An Bürokratie ist er gewöhnt, und mit Behörden kann er umgehen: "Hartnäckig sein und nicht aufgeben, das habe ich in meinem Berufsleben gelernt." Dazu kommt seine Erfahrung als Pädagoge. Sicherlich auch ein Grund, warum Svenja W. mit seiner Unterstützung in den vergangenen beiden Jahren so viel erreicht hat.
Dass ihr jemand zur Seite stand, einen Rat gab oder sie bei einem Behördengang begleitete - für die vierfache Mutter war das eine völlig neue Erfahrung. Unterstützung durch die Eltern kannte sie so gut wie gar nicht. "Ich war immer auf mich allein gestellt, weder mein Vater noch meine Mutter interessierten sich dafür, was ich mache", blickt sie auf ein Familienleben zurück, das keines war. Niemals eine Orientierungshilfe, stattdessen Desinteresse - nicht zuletzt aus diesem Grund, meint die heute 27-Jährige, begann ihre "Schuldenkarriere" schon mit 16 Jahren: "Meinen Dispo habe ich sofort überzogen, und das ist immer so geblieben.
Irgendwann lief alles aus dem Ruder, die unbezahlten Rechnungen stapelten sich. Svenja W. und ihr Mann, der aus Marokko stammt, verloren den Überblick, öffneten die "verdächtigen" Briefumschläge schließlich gar nicht mehr. Allein und auf sich gestellt, sahen sie keinen Ausweg aus dieser Misere. Die Gläubiger machten schließlich immer mehr Druck. Sorgen und Probleme einfach zu verdrängen funktionierte schon lange nicht mehr. Bei einer Veranstaltung zur Schuldenprävention im Kindergarten kam die Dortmunderin schließlich mit der Schuldnerberatung des SKM in Kontakt. Nach den ersten Terminen entstand die Idee, Svenja W. einen Paten zur Seite zu stellen.
Friedhelm Hoffmann verschaffte sich einen Überblick über die Situation, nahm Kontakt zu den Gläubigern auf, vermittelte und moderierte. Erste Erfolge stellten sich ein. "Als Svenja merkte, dass doch nicht alles verloren war, wurde sie langsam wieder etwas zuversichtlicher", erinnert sich Hoffmann an die erste Zeit des Kontaktes. Der erfahrene Pädagoge machte Mut und nahm die junge Frau im wahrsten Sinne des Wortes "bei der Hand", wenn es darum ging, die eigenen Interessen zu vertreten. Auf der anderen Seite forderte er SvenjaW. aber auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten: "Funktionieren kann so eine Konstellation nur, wenn beide Seiten ihren Teil dazu beitragen." Schließlich gehe es weder darum, die jungen Menschen zu bevormunden, noch darum, ihnen alles Unangenehme abzunehmen. Auf dieser Basis wuchs ein wirkliches Vertrauensverhältnis zwischen den beiden.
Mit der Hilfe ihres Paten hat die junge Dortmunderin mittlerweile eine Arbeit als Altenpflegehelferin gefunden. "Ohne Friedhelm hätte ich wahrscheinlich beim ersten Rückschlag wieder aufgegeben", vermutet sie. Der gibt das Kompliment prompt zurück: "Wenn Svenja motiviert ist, schafft sie vieles, was sie sich früher nie zugetraut hätte." Aus den gemeinsamen Erfolgserlebnissen ziehen beide die Kraft, die es braucht, um weiter voranzukommen und nach Niederlagen, die es natürlich auch immer mal wieder gibt, nicht aufzugeben. Mittlerweile hat die junge Mutter so viel Selbstvertrauen gewonnen, dass sie vor Problemen nicht mehr davonläuft, sondern sie lieber mit der Unterstützung ihres Paten aus dem Weg räumt.
"Auf der persönlichen Ebene muss die Wellenlänge stimmen", erläutert SKM-Geschäftsführer Alwin Buddenkotte, eine "Grundvoraussetzung" für eine erfolgreiche Patenschaft. Wenn die "Chemie" zwischen den Beteiligten passe, könne gemeinsam unheimlich viel erreicht werden: "Dafür sind Svenja W. und Friedhelm Hoffmann geradezu ein Paradebeispiel!"