Zwischen Bürokratie und Nächstenliebe
In der Auslandshilfe - und da kann ich auf über 30 Jahre Entwicklung zurückblicken - bin ich ein Überbleibsel einer anderen Zeit. Dort gibt es inzwischen derartige Fesseln, Standards genannt, dass jede Eigeninitiative im Keim kaputtgeht. Dabei war das die große Stärke der Caritashilfe. Ich muss ein wenig zurückgehen in die Zeit des Bosnienkrieges (1991-1995). Die Caritas Essen war sehr aktiv dort, auch in schwierigen Zeiten und Orten.
Bei einem Besuch in Mostar beim dortigen Caritasdirektor gerieten wir in einen Granatenangriff. Panik bei den Menschen. Nach dem Angriff kamen viele verstörte Menschen, vor allem Mütter mit Kindern, zum Caritasdirektor, baten weinend um Fahrgeld, um in sicheres Gebiet zu kommen, denn Busse fuhren noch. Ich gab ihm Geld, das er dann freihändig verteilte, ohne Quittung. Wie denn auch in einer solchen Situation? Er war selbst ein wenig ungläubig, als ich sagte, seine Unterschrift unter meiner Quittung reiche mir. Er, dessen Büro dreimal zerstört wurde durch Granaten, war in Not, weil andere "Caritassen" jetzt Ersatzbelege für verbrannte Quittungen verlangten.