Jungen Müttern in den Beruf helfen
Seit drei Jahren begleitet Brigitte Mersch nun junge Mütter auf dem Weg in den Beruf, der den vielfach alleinerziehenden Frauen ermöglicht, für sich und ihre Kinder zu sorgen. Von der großen Nachfrage bei ihrer Fachberatungsstelle zeigt sie sich nach wie vor überrascht. "Ich wundere mich je neu, wie viele junge Frauen ohne berufliche Erfahrung und Ausbildung es bei uns noch gibt!" Der Hilfebedarf würde die zehn geförderten Projekplätze dieses Jahr weit übersteigen.
Brigitte Merschs Klientel sind junge Frauen zwischen 20 und 29 Jahren, alle mit einem oder mehr Kindern. Sie sind früh Mutter geworden und mussten daher den Ausbildungsweg unterbrechen. Natalie Janke beispielsweise ist 24 Jahre alt. Ihr Sohn Jamie zählt mittlerweile vier Lenze. Sie machte noch das Fachabitur "Gestaltung" und pausierte dann nach der Geburt des kleinen Sohnes. Doch pünktlich nach drei Jahren, als Jamie in den Kindergarten kommen sollte, meldete sich das Jobcenter bei ihr, das die Arbeitslosengeld-Empfänger betreut. Ob sie sich nicht einen Berufseinstieg und eine Ausbildung vorstellen könne. Und die freundliche Dame des Jobcenters gab Natalie die Adresse von IN VIA und der Fachberatungsstelle in die Hand.
Die meisten jungen Mütter zeigen sich wie Natalie Janke hochmotiviert, dass es auf ihrem Lebensweg weitergeht und sie im Interesse ihrer kleinen Familie auch beruflich Fuß fassen können. Und doch beschäftigt sie eine große Sorge: Was passiert mit meinem Kind? Wie bringe ich Beruf und Familie unter einen Hut? Eine Ausbildung in Teilzeit, wie sie auch im Berufsbildungsgesetz vorgesehen ist, käme den Bedürfnissen dieser jungen Mütter sehr entgegen. Nur müssen erst die Betriebe und Arbeitgeber gefunden werden, die sich auf dieses Experiment einlassen. "Wie oft ist ein kleines Kind krank, Und dann fehlt mir die junge Frau, weil sie bei ihrem Kind zuhause bleiben muss!" Immer wieder muss Brigitte Mersch sich mit diesem Einwand auseinandersetzen, den mögliche Arbeitgeber vortragen. Und das zu Recht, wie die Sozialarbeiterin zugesteht.
In der guten Kinderbetreuung, so hat Brigitte Mersch erkannt, liegt der Schlüssel, dass der Berufseinstieg einer jungen Mutter gelingt. Der Ausbildungsbetrieb muss von dieser Sorge entlastet sein, aber auch die junge Mutter. "Die hat den Kopf nicht frei und kann sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren, wenn sie immer nur voll Sorgen an ihr Kind denken muss und wie unvorhergesehene Probleme zu bewältigen wären."
Die Fachberaterin muss der jungen Frau den Berufswunsch klären helfen, mit ihr eine passende Ausbildungsstelle suchen und die zeitlichen Rahmenbedingungen dort festmachen. Das alles sind wichtige Teilziele, um die jungen Frauen beim Berufseinstieg zu begleiten. Doch vor allem muss die Kinderbetreuung geregelt sein, betonen sowohl Natalie wie Frau Mersch: "Und zwar doppelt abgesichert, sonst funktioniert es nicht!" Natalie fand an ihrem Wohnort in Holtheim einen Kindergartenplatz, der auch die Über-Mittag-Betreuung garantiert. Doch brauchen Mutter und Kind auch einen Zeitpuffer von mindestens einer halben Stunde vor und nach den Öffnungszeiten des Kindergartens. Der macht auch mal Ferien. Und das Kind kann krank werden. Dann muss jemand sicher zu Verfügung stehen, der das Kind nimmt. Bei Natalie fanden sich ihre Eltern im 20 Kilometer entfernten Brenken bereit, den kleinen Jamie zwischendurch zu betreuen. Entweder fahren sie die Strecke zu ihrer Tochter oder die setzt sich mit dem Kleinen ins Auto, und fährt vor Arbeitsbeginn zu den Großeltern.
Natalie hatte mit ihrer guten Schulbildung und ihren aufgeweckten und interessierten Wesen keine Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz als Bürokauffrau zu finden. Sie arbeitet in der IN-VIA-Verwaltung in der Paderborner Bahnhofstraße, 32,5 Stunden. Drei Tage die Woche ist sie von acht bis 16 Uhr im Betrieb, an zwei Tagen in der Berufsschule. Die geht von 7.45 Uhr bis 12.45 Uhr, danach darf sie nach Hause und muss nicht in den Betrieb zurück. Dieses Zugeständnis ist der Vorteil der Teilzeit-Ausbildung. Dafür zahlt der Arbeitgeber allerdings auch eine geringere Vergütung.
Die Betriebe müssen schon ein gewisses Verständnis für junge Mütter aufbringen, um denen in der Teilzeitausbildung familiengerechte Arbeitszeiten zu ermöglichen. Die meisten jungen Mütter streben auch in die typischen Frauenberufe im Handel und Dienstleistungsgewerbe, wie Brigitte Mersch erläutert. Sie möchten als Friseurin arbeiten, im Einzelhandel oder in Arztpraxen. Können Büros und Verwaltungen ihre Zeiten meist einteilen und klar regeln, muss es im Dienstleistungsbereich flexibler zugehen. Brigitte Mersch weiß: "Da muss ich schon gut überzeugen, dass die Arbeitgeber für junge Mütter eine Ausnahme machen."
In solchen organisatorischen Fragen kann die Fachberaterin den jungen Frauen gut zur Seite stehen. Den festen Ehrgeiz, einen Beruf zu ergreifen und die Ausbildung gut abzuschließen, müssen diese aber von sich selber aus mitbringen, betont Frau Mersch. Die Frauen sollen rasch in eine Ausbildung vermittelt werden, die Begleitung umfasst noch deren ersten acht Monate. "In dieser kurzen Zeit können wir nicht noch lange Motivationsaufbau leisten." Zwar helfen Tests und Gespräche, beim Berufswunsch sicherer zu werden. "Aber eine Richtung müssen die jungen Frauen für sich schon gefunden haben, wenn sie zu uns kommen. Der bloße Wunsch, Geld zu verdienen, reicht nicht, um etwas Neues anzufangen."
Die TEP-Projekte zur Teilzeitberufsausbildung werden gefördert vom Land NRW und vom Europäischen Sozialfonds. Der IN-VIA-Verband bringt aber auch Eigenmittel auf, für die er auf Sponsoren angewiesen ist. Das IN-VIA-Projekt wurde von Phineo, der Plattform für Soziale Investoren, geprüft und in deren Empfehlungen aufgenommen: www.phineo.org.