Ein echter Generalist
Ein Vorstellungsgespräch, um einen Arbeitsplatz zu bekommen, habe er in seinem ganzen Leben nicht mitmachen müssen, sagt Thomas Velmerig (56), der als Fachdienstleiter beim Katholischen Sozialdienst (KSD) in Hamm arbeitet. Denn er kam über seinen Zivildienst zum Fachverband und konnte nach seinem Studium in Sozialer Arbeit gleich mit der Arbeit beim KSD beginnen. Und das in einem ebenso fordernden wie spannenden Bereich: der Förderung junger Erwachsener. "Als ich im Jahr 1986 anfing, war die Jugendarbeit bis dato am Heimsystem orientiert", sagt Velmerig. Dabei wurden die Jugendlichen bis 18 Jahre gefördert. Dann waren sie auf sich allein gestellt. "Aber nicht jeder Volljährige ist auch erwachsen", erklärt der Sozialarbeiter.
Diese Erkenntnis gilt bis heute. Bei der Arbeit kümmern er und seine Mitarbeiter sich oft um junge Leute mit existenziellen Problemen: "Kein Essen, kein Geld, keine Wohnung. Das ist nicht immer so, aber oft." Die von seinem Fachdienst betreuten Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind zwischen 16 und 27 Jahren alt, wovon gut zwei Drittel männlich sind. "Die Probleme sind groß, wobei Mädchen zumeist früher Hilfe suchen - weil sie eher befürchten, dass etwas grundlegend schiefgehen könnte."
Was allerdings allen jungen Hilfsbedürftigen gemeinsam sei, sei die Verknüpfung verschiedener Problemlagen: "Wir sind Generalisten im Fachdienst, da es meist ein ganzes Paket von Problemen bei den jungen Leuten gibt", sagt der Sozialarbeiter. So haben er und seine Kollegen auch ein ganzes Bündel an Möglichkeiten: Neben der ambulanten Betreuung werden verschiedene Wohnformen angeboten. Ziel ist es immer, gemeinsam realistische Perspektiven zu erarbeiten und umzusetzen.
Als Schnittstelle zwischen der Wohnungslosen- und der Jugendhilfe sei der Fachdienst auch schon lange bei den Ämtern bekannt und geschätzt: "Während die Jugendämter auf kontinuierliche Betreuung Wert legen, ist bei der Wohnungslosenhilfe oft Tempo gefragt", erklärt Velmerig. Dieser Spagat gelinge ihnen aber. Er selbst hat nach seinem Studium an der Katholischen Fachhochschule Münster eine ganz neue Tätigkeit gestartet, weshalb ihm diese Zusammenarbeit vertraut ist: "Unmittelbar nachdem der Heimschwerpunkt weggefallen ist, habe ich als Lotse in der ambulanten Betreuung Pionierarbeit geleistet", so Velmerig.
Diese Erfahrung komme ihm im Umgang mit den belasteten Jugendlichen seit Langem zugute. "Wenn ich Vertrauen aufbauen muss, kann ich ruhigen Gewissens erklären, dass mir nichts Menschliches fremd ist." In all den Jahren habe er nie bereut, beim KSD zu arbeiten. Die Begeisterung steckt wohl auch an. "Mein jüngster Sohn studiert Erziehungswissenschaften", sagt Velmerig lächelnd.