Bei Schulden keine Chance
Gerd Krüger* lebt in Niederkrüchten am Niederrhein. Ein Zimmer bewohnt der 67-Jährige im Haus seines Bruders. Dort wird er so lange leben, bis er eine neue Wohnung gefunden hat, bevorzugt in Düsseldorf. Denn dort leben die Kinder des Rentners, gehen dort noch zur Schule. Auch seine Frau lebt dort. Im betreuten Wohnen, denn sie ist psychisch krank. Doch das mit der Wohnung ist nicht so einfach. Gerd Krüger hat Schulden und Einträge bei der Schufa. "Wenn potenzielle Vermieter hören, die Miete kommt vom Jobcenter oder Sozialamt, und wenn sie von meinem Schufa-Eintrag erfahren, ist es aus. Da hat man keine Chance", bilanziert Krüger Dutzende vergebliche Anfragen nach Mietwohnungen.
„Viele Vermieter haben auf Hartz-IV-Empfänger einfach keinen Bock”
Dass Schulden ein sehr großes Hindernis sind, an eine Wohnung zu kommen, weiß Elisabeth Mankertz aus ihrer täglichen Arbeit. Sie ist Schuldnerberaterin beim regionalen Caritasverband Kempen-Viersen. Krüger gehört zu ihren Klienten. Was sie sich wünschen würde für viele ihrer Klienten, auch für den 67-jährigen Rentner: "Dass Vermieter und Wohnungsbaugenossenschaften das Thema Verschuldung differenzierter sehen. Viele Vermieter haben auf Hartz-IV-Empfänger einfach keinen Bock. Sie sehen aber nicht die Situation von Herrn Krüger. Seine Kinder haben Potenzial, die werden sicher nicht die Hartz-IV-Empfänger von morgen", sagt Elisabeth Mankertz. Die 17-jährige Tochter macht demnächst Abi, ist Klassenbeste, die 18-jährige Tochter ist in Ausbildung, sein 21-jähriger Sohn macht gerade sein Abitur nach und parallel bereits ein Studium. Alle drei leben bei ihrer ältesten Schwester, Krügers 27-jähriger Tochter, in Düsseldorf. "Ich wollte sie da wegen der Schule nicht rausreißen", sagt er, für den der Abstieg begann, als ihm eine Räumungsklage ins Haus flatterte. Durch Abstimmungsprobleme zwischen Jobcenter und Sozialamt wurde über Monate versehentlich keine Miete gezahlt. Doch als Krüger das bemerkte, war es schon zu spät. Jetzt hält sich der Rentner, der zeitlebens auf Montage in ganz Deutschland war, mit 200 Euro Rente und einem Minijob mehr schlecht als recht über Wasser.
Norbert Telöken ist bei der Caritas in der Region Eifel als Schuldnerberater in Simmerath tätig. Zurzeit betreut er eine alleinerziehende Frau aus Südamerika. Ihr Mann war selbstständig. Der Familie ging es gut. Als der Mann plötzlich starb, stand die Frau mit drei Kindern, einer viel zu großen Wohnung und einem Berg von Schulden da. Sie hatte für Kredite gebürgt, die ihr Mann aufgenommen hatte. "Wenn die Klientin bei potenziellen Vermietern nach einer kleineren Wohnung fragt und diese ihren südamerikanischen Akzent hören, heißt es: Nein, danke. Auch dass sie alleinerziehend ist, ist ein eindeutiges Hemmnis bei der Wohnungssuche, ganz zu schweigen von ihren hohen Schulden", sagt Schuldnerberater Telöken.