Mietvertrag: Kündigung und Räumung der Wohnung wegen Nichtzahlung der Miete
Mieter müssen aufgrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs und neuer gesetzlicher Regelungen damit rechnen, dass Vermieter bei Nichtzahlung der Miete früher als bisher kündigen und die Wohnung räumen lassen können.
1. Kündigung des Mietvertrags wegen Nichtzahlung
einer Monatsmiete
Der Vermieter kann das Mietverhältnis ordentlich unter Einhaltung der vertraglichen bzw. gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter mit einer Monatsmiete seit mindestens einem Monat in Rückstand ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012 - VIII ZR 107/12).
Der Vermieter kann das Mietverhältnis außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist d. h. mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn der Mieter mit zwei Monatsmieten seit mindestens einem Monat in Rückstand ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 BGB). Das Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung steht ihm auch zu, wenn der Mieter mit einem Betrag der Sicherheitsleistung in Verzug kommt, der zwei Kaltmieten erreicht (§ 569 Abs. 2a BGB).
2. Räumungs- und Zahlungsklage
Räumungs- und Zahlungsklagen sind vom Amtsgericht vorrangig zu terminieren; die Fristen zur Stellungnahme für die Parteien sind auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren, um möglichst zu vermeiden, dass sich die Klageforderung monatlich um das auflaufende Nutzungsentgelt erhöht, falls der Mieter nicht zahlt. Deshalb sind Räumungsprozesse schneller als andere Zivilprozesse durchzuführen.
Gemäß § 721 ZPO kann der Mieter im Räumungsprozess einen Antrag auf Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist stellen.
3. Sicherungsanordnung
Auf Antrag des Vermieters kann das Gericht den Mieter in Verfahren wegen Geldforderungen verpflichten, für das während eines Gerichtsverfahrens Monat für Monat auflaufende Nutzungsentgelt innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist eine Sicherheit - z.B. in Form einer Zahlungszusage des Jobcenters oder des Sozialamts, einer Bürgschaft, Hinterlegung von Geld - zu leisten (Sicherungsanordnung). Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter durch das Gerichtsverfahren weiteren wirtschaftlichen Schaden erleidet, wenn der Mieter nicht mehr in der Lage ist, die während des Prozesses aufgelaufenen
Mietschulden zu bezahlen (§ 283a ZPO).
Befolgt der Mieter bei einer Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs eine vom Gericht erlassene Sicherungsanordnung nicht, kann der Vermieter im Wege des einstweiligen Rechtschutzes nach § 940a ZPO sehr bald eine Entscheidung erwirken, die ihm die Räumung ermöglicht.
4. "Berliner Räumung"
Der Vermieter kann den Vollstreckungsauftrag darauf beschränken, dass der Gerichtsvollzieher den/die Mieter aus der Wohnung entfernt ("Berliner Räumung"). Gleichzeitig macht er sein Vermieterpfandrecht an den Gegenständen geltend, die sich in den Mieträumen befinden. Auf diese Weise vermeidet er die Kosten, die bisher regelmäßig durch die Wegschaffung und Einlagerung der Gegenstände entstanden.
Der Gerichtsvollzieher hat in einem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet (§ 762 ZPO). Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen (§ 885a ZPO).
Unpfändbare Sachen und solche, deren Verwertung keinen Erlös erwarten lässt, hat der Vermieter dem Mieter herauszugeben. Unpfändbar sind die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen, insbesondere Kleidungsstücke, Wäsche, Betten, Haus- und Küchengeräte, "soweit der Schuldner ihrer zu einer seiner Berufstätigkeit und seiner Verschuldung angemessenen, bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung bedarf" (§ 811 Abs. 1 ZPO).
Fordert der Mieter die Sachen beim Vermieter nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Besitzübernahme ab, kann der Vermieter die Sachen beispielsweise im Wege der Versteigerung verwerten (entsprechend §§ 372 bis 380, 382, 383 und 385 BGB). Sachen, die nicht verwertet werden können, können vernichtet werden.
Die Haftung des Vermieters für die in der Wohnung befindlichen Gegenstände ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt.
5. Vollstreckungsschutz
Schutz gegen die Räumungsvollstreckung wird dem Mieter auf Antrag vom Vollstreckungsgericht gewährt, wenn die Räumung eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte im Sinne des § 765a ZPO darstellt. Die Gerichte gewähren in der Regel befristeten Räumungsschutz, insbesondere wenn Kinder oder alte Menschen betroffen sind. Unbefristeter Räumungsschutz wird nur ausnahmsweise gewährt, beispielsweise wenn
- bei einem hochbetagten Mieter der Verlust der gewohnten Umgebung wegen alters- und krankheitsbedingter deutlich verringerter Anpassungsfähigkeit eine Beschleunigung des gesundheitlichen Verfalls und eine Verkürzung der Lebenserwartung zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 13.08.2009 - I ZB 11/09),
- eine konkrete Suizidgefahr besteht d. h. die ernsthafte bzw. erhebliche Gefahr einer Selbsttötung. Die akute Gefahr eines Suizids ist dafür nicht erforderlich (BVerfG, 11.07.2007 - 1 BvR 501/07).
Der Beitrag wurde im Januar 2014 umfangreich aktualisiert und weicht daher inhaltlich von der gedruckten Fassung der Ausgabe 2/2013 (April 2013) des Recht-Informationsdienstes ab.