Leistungen und Leistungseinschränkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Übersicht
1. Leistungsanspruch und gesetzliche Rechtsgrundlagen
2. Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses
3. Leistungsausschlüsse
3.1 Sehhilfen
3.2 Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel
3.3 Ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel zur Behandlung sog.
Bagatellerkrankungen
3.4 Ausschluss der Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität
3.5 Ausschluss unwirtschaftlicher Arzneimittel
4. Zuzahlungen und Festbeträge
4.1 Zuzahlungspflichtige Leistungen
4.1.1 Arznei- und Verbandmittel - "Rezeptgebühr"
4.1.2 Heilmittel
4.1.3 Hilfsmittel
4.1.4 Häusliche Krankenpflege
4.1.5 Haushaltshilfe
4.1.6 Krankenhausbehandlung und Anschlussheilbehandlung
4.1.7 Ambulante medizinische Rehabilitation
4.1.8 Kuren für Mütter oder Väter
4.1.9 Soziotherapie
4.1.10 Fahrtkosten
4.1.11 Zahnersatz
4.1.12 Kieferorthopädische Behandlung
4.2 Befreiung von der Zuzahlung bei Erreichen der Belastungsgrenze
4.2.1 Anrechnungsfähige Zuzahlungen
4.2.2 Belastungsgrenze
4.2.3 Belastungsgrenzen bei Bezug von existenzsichernden Sozialleistungen
1. Leistungsanspruch und gesetzliche
Rechtsgrundlagen
Die gesetzliche Krankenversicherung hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Der gesetzlich Krankenversicherte hat deshalb Anspruch auf ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie, die Versorgung mit Arznei- Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe.
Die Leistungsansprüche des Versicherten sind in den §§ 20 - 43b des Sozialgesetzbuches - Fünftes Buch (SGB V) im Einzelnen bestimmt.
Zur Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen ist der früher bestehende Anspruch der Versicherten auf umfassende Behandlung allerdings in unterschiedlicher Weise eingeschränkt worden:
- Zahlreiche zur Krankheitsbehandlung erforderliche Leistungen werden nicht erbracht.
- Versicherte haben Zuzahlungen zu leisten.
- Krankheitskosten werden nur bis zur Höhe eines Festbetrags erstattet.
2. Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses
Der Gemeinsame Bundesausschuss, gebildet von Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, beschließt Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten. Er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen. Die Versicherten sind im Ausschuss nicht gleichberechtigt vertreten (§§ 91, 92 SGBV).
Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind für Krankenkassen und die Kassenärzte verbindlich. Sie konkretisieren, welche Leistungen dem Versicherten aufgrund der gesetzlichen Vorschriften zustehen bzw. nicht zustehen. Allgemeine Bedeutung haben u.a. folgende Richtlinien:
- Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL
- Chroniker-Richtlinie (§ 62 SGB V)
- Festzuschuss-Richtlinie
- Häusliche Krankenpflege-Richtlinie
- Heilmittel-Richtlinie - HeilM-RL
- Hilfsmittel-Richtlinie - HilfsM-RL
- Kieferorthopädie-Richtlinien
- Kinder-Richtlinien
- Krankenhausbehandlungs-Richtlinien
- Mutterschafts-Richtlinien
- Psychotherapie-Richtlinie
Die jeweils aktuelle Fassung dieser Richtlinien und weitere Richtlinien sind unter www.g-ba.de/informationen/richtlinien einsehbar.
3. Leistungsausschlüsse
Die gesetzlichen Krankenkassen sind nur in dem durch das SGB V bzw. durch Richtlinien des Gemeinsamen Ausschusses bestimmten Umfang zu Leistungen verpflichtet.
In den folgenden Abschnitten wird erläutert, für welche Leistungen zur Krankheitsbehandlung die Kosten nicht oder nur teilweise übernommen werden.
3.1 Sehhilfen
Die Sehschärfebestimmung beim Augenarzt ist nach wie vor eine Kassenleistung.
Die Krankenkassen beteiligen sich aber nicht an den Kosten für Brillen und Kontaktlinsen.
Ausnahmen gelten nur noch für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und stark sehbeeinträchtigte Menschen. Für Erwachsene sind therapeutische Sehhilfen nur noch erstattungsfähig, wenn sie der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen, oder aber eine schwerwiegende Augenerkrankung beider Augen vorliegt. Der Anspruch umfasst nicht die Kosten des Brillengestells (§ 33 Abs. 2 SGB V; §§ 12 - 17 HilfsM-RL).
3.2 Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel
(§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V)
Die Kosten der Arzneimittel, die zwar apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sind, (soge-nannte OTC-Präparate - "over the counter") werden grundsätzlich nicht von den gesetzlichen Kranken-kassen übernommen.
Das gilt für Arbeitslosengeld II-Bezieher selbst dann, wenn sie die Kosten nicht verschreibungs-fähiger, aber zur Krankheitsbehandlung erforderlicher Arzneimittel nicht aus dem Regelsatz bestreiten können.
In diesem Falle ist es nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts Aufgabe der gesetzlichen Bestimmungen des § 21 Absatz 5 SGB II und des § 30 Absatz 5 SGB XII, die Gewährleistung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums zu sichern. Die Bundesagentur für Arbeit hat dementsprechend bestimmt, dass Pflege- und Hygieneartikel, die aus gesundheit-lichen Gründen laufend benötigt werden (z. B. Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV- Infektion, Körperpflegemittel bei Neurodermitis), in erforderlichem Umfang als Mehrbedarf zu übernehmen sind. Die Notwendigkeit ist durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen (Fachliche Hinweise zu § 21 SGB II, 12/2013, Abschnitt 21.37).
In der "OTC-Übersicht" legt der Gemeinsame Bundesausschuss fest, welche OTC- Arzneimittel mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (Anlage zur AM-RL).
Erste Ausnahme: Behandlung von Kindern und Jugendlichen
Der Verordnungsausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt grundsätzlich nicht für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (§ 34 Abs. 1 Satz 5 SGB V).
Jedoch sind die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel auch für Kinder und Jugendliche von der Verordnung ausgeschlossen, die nach Auffassung des Gemeinsamen Ausschusses unwirtschaftlich sind (Anlage III der AM-RL).
Zweite Ausnahme: Behandlung schwerwiegender Erkrankungen
Die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden ausnahmsweise übernommen, wenn der Arzt Arzneimittel verordnet, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapie-standard gelten (§ 34 Abs. 1 Sätze 2-4 SGB V; § 12 AM-RL, Anlage 1 zur AM-RL).
Beispiele: Iod-Verbindungen nur zur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüren,
Flohsamen nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und HIV assoziierter Diarrhoen.
Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakt nur zur Behandlung der Demenz.
Dritte Ausnahme: Behandlung lebensbedrohender oder die Lebensqualität massiv beeinträchti-gender Erkrankungen
Die Krankenkasse muss u.U. die Kosten für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und nicht zugelassene Arzneimittel bei lebensbedrohlicher bzw. die Lebensqualität massiv beeinträchti-gender Erkrankung übernehmen (BSG, Urteil vom 28. 2. 2008 - B 1 KR 15/07 R).
Das gilt aber nur, wenn durch die beantragte Anwendung des Arzneimittels oder der Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krank-heitsverlauf besteht.
Es müssen aussagekräftige Erkenntnisse wie beispielsweise hochwertige wissenschaftliche Studien vorliegen, wobei die Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg umso geringer sind, je schwerwiegender die Erkrankung und je hoffnungsloser die Situation ist.
3.3 Ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel zur Behandlung
sog. Bagatellerkrankungen
Für volljährige Versicherte werden die Kosten verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Krankenkasse nicht übernommen, wenn sie in folgenden Anwendungsgebieten verordnet werden (§ 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V, § 13 AM-RL):
- Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt.
- Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen der Mundhöhle und nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich.
- Abführmittel außer zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnos-tischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase.
- Arzneimittel gegen Reisekrankheit (unberührt bleibt die Anwendung gegen Erbrechen bei Tumor-therapie und anderen Erkrankungen z. B. Menièrescher Symptomkomplex).
3.4 Ausschluss der Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität
(§ 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V; AM-RL Anlage II)
Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sind von der Versorgung ausgeschlossen. Dies sind Arzneimittel, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist oder die aufgrund ihrer Zweckbestimmung insbesondere
- nicht oder nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten dienen,
- zur individuellen Bedürfnisbefriedigung oder zur Aufwertung des Selbstwertgefühls dienen,
- zur Behandlung von Befunden angewandt werden, die lediglich Folge natürlicher Alterungs-prozesse sind und deren Behandlung medizinisch nicht notwendig ist oder
- zur Anwendung bei kosmetischen Befunden angewandt werden, deren Behandlung in der Regel medizinisch nicht notwendig ist (Schönheitsoperationen).
Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung von sexuellen Dysfunktionen, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Die hiernach ausgeschlossenen Fertigarzneimittel sind in Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt.
3.5 Ausschluss unwirtschaftlicher Arzneimittel (§ 34 Abs. 3 SGB V;
AM-RL Anlage III)
Arzneimittel dürfen von Ärzten nicht verordnet und von Krankenkassen nicht bewilligt werden, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
- der diagnostische oder therapeutische Nutzen oder
- die medizinische Notwendigkeit oder
- die Wirtschaftlichkeit
nicht nachgewiesen ist.
Die von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel sind in einer Übersicht als Anlage III der Arznei-mittel-Richtlinie zusammengestellt.
4. Zuzahlungen und Festbeträge
Versicherte müssen zu zahlreichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Zuzahlungen leisten.
Für Arzneimittel, Verbandmittel, die meisten Hilfsmittel, Haushaltshilfe, Soziotherapie und Fahrt-kosten beträgt die Zuzahlung 10 % der Kosten, mindestens 5,- €, maximal 10,- €, in keinem Fall mehr als die Kosten der Leistung (§ 61 Satz 1 SGB V).
Kosten der Leistung |
Zuzahlung |
bis 5.00 Euro |
Preis der Leistung |
5,01 - 50 Euro |
5,00 Euro |
50,01 - 100,00 Euro |
10 % des Preises |
100,01 Euro |
10,00 Euro |
Als Zuzahlung für stationäre Maßnahmen werden je Kalendertag 10 Euro erhoben. Bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege beträgt die Zuzahlung 10 % v. H. der Kosten sowie 10 Euro je Verordnung (§ 61 Sätze 2 und 3 SGB V).
Die Zuzahlungspflicht besteht auch für Bezieher von Arbeitslosengeld I und II und Sozialhilfe nach dem SGB XII.
Zuzahlungen sind nur bis zur Belastungsgrenze zu leisten (siehe Abschnitt 4.2). Wird die Belastungsgrenze innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind (§ 62 Abs. 1 SGB V).
4.1 Zuzahlungspflichtige Leistungen
4.1.1 Arznei- und Verbandmittel - "Rezeptgebühr" (§ 31 SGB V)
Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln müssen volljährige Versicherte zehn Prozent der Kosten selbst tragen, mindestens fünf und höchstens zehn Euro, jedoch nicht mehr als die Kosten des Mittels.
Beispiel: Für ein Medikament, das 80 Euro kostet, zahlt der Versicherte acht Euro zu.
Bei einer Salbe, die sieben Euro kostet, werden dagegen nicht 70 Cent, sondern fünf Euro fällig.
Die Zuzahlung für ein sehr teures Medikament beträgt höchstens zehn Euro.
Grundsätzlich brauchen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren für diese verschreibungspflichtigen Arzneimittel nichts zuzahlen.
Für Arzneimittel, für die der gemeinsame Bundesausschuss einen Festbetrag festgesetzt hat, übernimmt die Krankenkasse nur die Kosten bis zur Höhe des Festbetrages. Liegt der Apothekenverkaufspreis über dem Festbetrag, hat der Versicherte den Differenzbetrag zu zahlen (§ 31 Abs. 2 SGB V).
Die gesetzlichen Krankenkassen haben zahlreiche Arzneimittel von der Zuzahlungspflicht ausgenommen. Sie stellen in einer Liste, die 14-tägig aktualisiert wird, die zuzahlungsbefreiten Arzneimittel zusammen (www.gkv.info).
Außerdem können Medikamente eines Arzneimittelherstellers, mit dem die Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat, ganz oder zur Hälfte zuzahlungsfrei sein.
Arzneimittel gegen Vorkasse
Versicherte können in der Apotheke statt des vom Apotheker eigentlich abzugebenden Arzneimittels gegen Vorkasse ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff wählen. Dieses Wahlrecht besteht allerdings nicht, wenn der Arzt den Austausch ausdrücklich verboten hat.
Das in der Regel teurere Arzneimittel hat der Versicherte sofort selbst zu bezahlen. Er kann die Rechnung anschließend bei der Krankenkasse einreichen. Diese erstattet dann die Kosten des eigentlich abzugebenden Arzneimittels.
4.1.2 Heilmittel (§ 32 SGB V, HeilM-RL)
Bei Heilmitteln, wie zum Beispiel Physikalische Therapie, Podologische Therapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie leisten Erwachsene eine Zuzahlung von zehn Prozent der Kosten.
Hinzu kommen zehn Euro pro Verordnung (§ 61 Satz 3 SGB V).
Beispiel: Verordnet der Arzt sechs Therapieeinheiten, sind zehn Prozent der gesamten Behandlungs-kosten plus einmalig zehn Euro zu zahlen. Zu den Behandlungskosten zählen auch Kosten, die bei Hausbesuchen anfallen.
4.1.3 Hilfsmittel (§ 33 SGB V, HilfsM-RL)
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen Kosten für medizinisch notwendige Hilfsmittel zum Ausgleich einer körperlichen Behinderung oder zur Erzielung eines Behandlungserfolgs (z. B. Rollstuhl, Prothese, Hörgerät) grundsätzlich nur, wenn das Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen ist. Das Hilfsmittelverzeichnis bietet umfassende Informationen zur Leistungspflicht der Krankenkassen sowie über die Art und Qualität der am Markt erhältlichen Produkte.
Hilfsmittel können nur von Partnerbetrieben der Krankenkasse des Versicherten bezogen werden. Maßgebend für die Kostenübernahme sind die Vertragspreise oder Versorgungspauschalen, die von der Krankenkasse mit den Hilfsmittelanbietern vereinbart sind oder die festgesetzten Festbeträge. Hilfsmittel können durch die Krankenkassen auch leihweise überlassen werden. Deshalb sollte der Versicherte, dem ein Hilfsmittel verordnet worden ist, sich zunächst bei seiner Krankenkasse entsprechend erkundigen.
- Die Höhe der Zuzahlung beträgt 10 % v. H. der Kosten, mindestens 5,00 Euro und höchstens 10,00 Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist keine Zuzahlung zu leisten.
- Bei Verbrauchsartikeln (z. B. Windeln bei Inkontinenz, Sonden oder Insulinspritzen) beläuft sich die Zuzahlung auf 10 % v. H. der Kosten, höchstens jedoch 10,00 Euro für den Monatsbedarf je Indikation.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen hat Festbeträge für bestimmte Hilfsmittel festgesetzt (§ 36 SGB V; www.aok-gesundheitspartner.de/bund/hilfsmittel). Durch Festbeträge wird die Leistungspflicht der Krankenkasse begrenzt. Allerdings müssen Versicherte über den Festbetrag hinaus-gehende Mehrkosten nur tragen, wenn das von ihnen gewählte Hilfsmittel über das Maß des Notwendigen hinausgeht (§ 33 Abs. 2 Satz 5 SGB V).
Festbeträge gelten derzeit für
- Einlagen,
- Hörhilfen,
- Inkontinenzhilfen,
- Hilfsmittel zur Kompressionstherapie,
- Sehhilfen,
- Stomaartikel.
Die Versicherten müssen einen Mehrbetrag nicht zahlen, wenn nur das von ihnen gewählte Hilfsmittel einen unter Beachtung des technischen Fortschritts bestmöglichen Ausgleich der Behinderung bietet. Allerdings müssen die Mehrkosten angemessen sein: Insoweit ist eine Abwägung zwischen einerseits dem durch eine teurere Versorgung verbundenen Gebrauchsvorteil und andererseits den höheren Kosten durchzuführen. Sind die Mehrkosten angemessen, hat der Versicherte nur die Zuzahlung von höchstens 10 Euro zu leisten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Beispiel: Kostet das Hörgerät, das den bestmöglichen Ausgleich der Behinderung und erhebliche Gebrauchsvorteile bietet, 2.800 Euro, hat der Versicherte die Zuzahlung von 10 Euro zu leisten und Anspruch darauf, dass die Krankenkasse die restlichen Kosten übernimmt (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R).
Für Pflegehilfsmittel existieren keine Festbeträge.
Pflegehilfsmittel sind z. B. Pflegebett mit Zubehör, Toilettenhilfen, Sicherheitsgriffe, Notrufsysteme.
4.1.4 Häusliche Krankenpflege (§ 37 SGB V)
Wird häusliche Krankenpflege ärztlich verordnet, erhalten Versicherte häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegepersonen
- in ihrem Haushalt, in ihrer Familie oder auch an einem anderen geeigneten Ort leben, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen, Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen,
- dies zusätzlich zur ärztlichen Behandlung erforderlich ist, um eine stationäre Krankenhausbe-handlung zu vermeiden oder zu verkürzen, oder
- wenn eine Krankenhausbehandlung angezeigt aber nicht durchführbar ist oder
- wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (§ 37 Abs.2 SGB V).
Beispiel: Ein Versicherter wird nach einer Operation von einem Pflegedienst in seiner Wohnung versorgt.
Ein Versicherter, der an Demenz und einer koronaren Herzerkrankung leidet und in einer betreuten Wohngruppe das Recht auf Alleinbenutzung eines Zimmers und auf Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume hat, kann häusliche Pflege in Anspruch nehmen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2013 - L 11 KR 4070/08, Sozialrecht Aktuell 2014, 69).
Der Versicherte hat die Verordnungsgebühr von 10,00 Euro und 10 % Zuzahlung zu leisten. Die Zuzahlung ist auf die ersten 28 Tage der Inanspruchnahme je Kalenderjahr begrenzt. Für Kinder und Jugendliche ist keine Zuzahlung zu leisten.
4.1.5 Haushaltshilfe (§ 38 SGB V)
Versicherte erhalten Haushaltshilfe, wenn sie
- den bisher geführten Haushalt wegen Krankenhausbehandlung oder anderer medizinischer Maßnahmen vorübergehend nicht weiterführen können,
- keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen kann und
- ein Kind im Haushalt lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Die Satzung der Krankenkasse kann - abweichend von der gesetzlichen Regelung vorsehen, dass Haushaltshilfe auch erbracht wird, wenn der Haushalt wegen einer akuten und schweren Krankheit, die ambulant behandelt wird, nicht weitergeführt werden kann.
Die Satzung kann auch die Kostenübernahme bis zu 52 Wochen vorsehen, wenn ein Kind, welches bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bei dem erkrankten Versicherten lebt. Leben keine Kinder im Haushalt ist Haushaltshilfe für maximal 4 Wochen möglich.
Die Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben je Kalendertag der Inanspruchnahme eine Zuzahlung von 10 % der Kosten; mindestens 5,00 Euro und höchstens 10,00 Euro täglich zu leisten (§ 38 Abs. 5 SGB V).
Die Kosten für eine vom Versicherten selbstbeschaffte Ersatzkraft werden in Höhe des tariflichen oder üblichen Entgelts einer Haushaltshilfe erstattet. Für Verwandte und Verschwägerte können Fahrkosten und Verdienstausfall in angemessener Höhe erstattet werden (§ 38 Abs. 4 SGB V).
4.1.6 Krankenhausbehandlung und Anschlussheilbehandlung (§§ 39 Abs. 4, 40 Abs. 6 SGB V)
Versicherte haben je nach Gesundheitszustand Anspruch auf notwendige vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre sowie ambulante Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus. Wählen sie ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.
Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen 10,00 € pro Kalendertag an das Krankenhaus für längstens 28 Tage pro Kalenderjahr.
Bereits im selben Jahr geleistete Zuzahlungen zu Krankenhaus- und Anschlussheilbehandlungen werden angerechnet.
4.1.7 Ambulante medizinische Rehabilitation (§ 40 SGB VI)
Bei einer ambulanten Kur übernimmt die Krankenkasse die medizinischen Leistungen (§ 40 Abs 1).
Für Kost und Logis kann sie nach ihrer Satzung zur Zahlung eines Zuschusses bis zu 13,00 Euro pro Tag, bei chronisch kranken Kleinkindern bis zu 21,00 Euro verpflichtet sein.
Für Arzneimittel und Heilmittel hat der Versicherte die gesetzlich vorgesehenen Zuzahlungen zu leisten.
Volljährige Versicherte, die stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch nehmen, zahlen für jeden Kalendertag dieser Leistungen 10,00 Euro für längstens 14 Tage, wenn der unmittelbare Anschluss der stationären Heilbehandlung an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlussrehabilitation); und die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen nicht möglich.
4.1.8 Kuren für Mütter oder Väter (§§ 24, 41 SGB V)
Versicherte, die aus medizinischen Gründen eine Mutter- oder Vater-Kind-Kur machen, haben - ohne zeitliche Beschränkung - 10,00 Euro pro Kalendertag zu zahlen.
4.1.9 Soziotherapie (§ 37a SGB V, Psychotherapie-Richtlinie)
Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist.
Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall.
Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag der Inanspruchnahme 10 % der Kosten, mindestens 5,00 Euro, maximal 10,00 Euro.
4.1.10 Fahrtkosten (§ 60 SGB V, Krankentransport-Richtlinie)
Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für Fahrten einschließlich der Krankentransporte nach § 133 SGB V, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizin-ischen Gründen notwendig sind.
Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen nur nach vorheriger Geneh-migung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in der Krankentransport-Richtlinie festgelegt hat. Ausnahmefälle sind in der Regel die Dialysebehandlung, die onkologische Strahlentherapie und die onkologische Chemotherapie.
Die Genehmigung muss nicht vor jeder Fahrt, sondern kann für alle im Rahmen einer konkreten Behandlung notwendigen Fahrten eingeholt werden (LSG Thüringen, Urteil vom 28.8.2012 - L 6 KR 188/11, BeckRS 2012, 75346).
Die Zuzahlung ist in Höhe von 10 % der Fahrtkosten, mindestens 5,00 Euro, maximal 10,00 Euro je Kalendertag zu leisten, aber höchstens in Höhe der Kosten der Fahrt. Die Zuzahlungspflicht besteht auch für Fahrten von Kindern (§ 61 Satz 1 SGB V).
Beispiel: Wird die onkologische Strahlentherapie an 40 Tagen durchgeführt und entstehen Fahrkosten in Höhe von täglich 6,00 Euro, hat der Versicherte zu den Gesamtkosten von 240 Euro eine Zuzahlung von 200 Euro zu erbringen.
4.1.11 Zahnersatz (§§ 55, 56 SGB V, Festzuschuss-Richtlinie)
Versicherte erhalten für ihren Zahnersatz einen festen Zuschuss, der sich am Zahnbefund orientiert, unabhängig von der Art der gewählten Versorgung.
Die Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen für die Festzuschüsse erfolgt in der Festzuschuss-Richtlinie. Der Festzuschuss wird grundsätzlich in Höhe von 50 % der in der Regel erforderlichen Kosten gewährt (Regelversorgung).
Erhöhung des Festzuschusses bei regelmäßiger Zahnpflege
Die Festbeträge erhöhen sich um 20 bzw. 30 %, wenn der Versicherte sich in den letzten 5 bzw. 10 Jahren vor Beginn der Behandlung hat regelmäßig zahnärztlich untersuchen lassen (§ 55 Abs. 1 Satz 3-6 SGB V).
Einkommensabhängige Verdoppelung des Festzuschusses
Versicherte, deren Brutto-Familieneinnahmen die folgenden Grenzen nicht überschreiten, erhalten für den Eigenanteil an den Kosten den doppelten Festzuschuss, begrenzt auf die tatsächlichen Kosten (Grenzwerte für 2012).
Im Einzelfall übernehmen die Krankenkassen die darüber hinausgehenden tatsächlich entstandenen Kosten, soweit ausschließlich die Regelversorgung gewählt wurde.
Brutto-Familieneinnahmensgrenze zum Lebensunterhalt*
Mitglied | erster Angehöriger | weitere Angehörige |
1.106 Euro |
zuzüglich 414,75 Euro |
zuzüglich 276,50 Euro |
* Zu den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht die Grundrenten, die nach dem Bundes-versorgungsgesetz oder in entsprechender Anwendung dieses Gesetzes gezahlt werden.
Leistungen bis zur Höhe des doppelten Festzuschusses erhalten auch Personen, die
- Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (ALG II), Hilfe zum Lebens-unterhalt nach dem SGB XII oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge, Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten Grundsicherung, Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder dem SGB III erhalten,
- in einem Heim leben, wenn die Kosten der Unterbringung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.
Gleitende Höhe des Festzuschusses
Zusätzlich zu den Festzuschüssen in Höhe von 50 % der Regelversorgung hat der Versicherte Anspruch auf den Betrag, um den die Festzuschüsse das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Brutto-einnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Gewährung eines zweifachen Festzuschusses maßge-benden Einnahmegrenze übersteigen.
Die Krankenkasse hat nach dieser komplizierten Regelung umso mehr von den Kosten des Zahnersatzes zu übernehmen, je geringer das anzurechnende Einkommen der Versicherten ist. Obergrenze des flexiblen Zuschusses ist ein Betrag in Höhe des zweifachen Festzuschusses, begrenzt auf die tatsäch-lichen Kosten.
4.1.12 Kieferorthopädische Behandlung (§§ 28, 29 SGB V)
Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Fällen.
Sie leisten einen Anteil von 20 % an den Zahnarzt. Der Anteil für das zweite und jedes weitere Kind, das im gemeinsamen Haushalt lebt, verringert sich bei gleichzeitiger Behandlung auf 10 %. Die Zuzahlung wird am Ende der erfolgreichen Behandlung erstattet.
Bei Erwachsenen werden die Kosten nur übernommen, wenn schwere Kieferanomalien vorliegen. In diesem Falle hat der Versicherte einen Anteil von 20 % zu tragen (§ 28 Abs. 2 Satz 6ff. SGB V).
4.2 Befreiung von der Zuzahlung bei Erreichen der Belastungsgrenze
Die Belastungsgrenze soll verhindern, dass Versicherte mit einem geringen Einkommen durch die Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen unzumutbar belastet werden.
4.2.1 Anrechnungsfähige Zuzahlungen
Für jede Zuzahlung wird vom Arzt bzw. Apotheker eine Quittung ausgestellt. Die Quittungen sind aufzuheben und der Krankenkasse vorzulegen, wenn die Zuzahlungen für den Versicherten, die Ehefrau und die Kinder die persönliche Belastungsgrenze erreicht haben. Die Krankenkasse erteilt dann auf Antrag des Versicherten eine Bescheinigung über die Befreiung von Zuzahlungen für den Rest des Jahres (§ 62 Abs. 3 SGB V) und erstattet Zahlungen, die über die Belastungsgrenze hinausgehen.
Grundsätzlich werden alle Zuzahlungen angerechnet. Nicht berücksichtigt werden u.a.
- Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.
- Kosten für Leistungen, die ohne ärztliche Verordnung in Anspruch genommen wurden, zum Beispiel apothekenpflichtige Arzneimittel,
- Eigenanteile beim Zahnersatz, auch die für Zahnersatz der Kinder,
- Zuzahlungen für Hilfsmittel, die gleichzeitig Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (z. B. orthopädische Schuhe).
4.2.2 Belastungsgrenze
Versicherte müssen bis zu zwei Prozent ihres Bruttojahreseinkommens als Zuzahlung leisten. Für schwerwiegend chronisch Kranke beträgt diese Belastungsgrenze grundsätzlich ein Prozent (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Die chronische Erkrankung wird durch Bescheinigung des Arztes nachgewiesen (Formular ist bei der Krankenkasse erhältlich). Mit der Bescheinigung ist auch nachzuweisen, dass der Erkrankte sich "therapiegerecht" verhalten hat (§ 62 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
Zur Ermittlung der persönlichen Belastungsgrenze werden die Zuzahlungen und Bruttoeinahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners jeweils zusammengerechnet, unabhängig davon, ob sie zuzahl-ungspflichtig sind oder nicht.
Einnahmen zum Lebensunterhalt sind alle Bruttoeinkünfte, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt sind (z. B. Arbeitsentgelte, Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit, Renten, Versorgungs-bezüge, Zinsen aus Kapitalvermögen oder Mieteinnahmen).
Zu den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht die Grundrenten, die nach dem Bundesver-sorgungsgesetz oder in entsprechender Anwendung dieses Gesetzes gezahlt werden.
Angehörige sind der im Haushalt mit dem Mitglied lebende Ehegatte/Lebenspartner und generell Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, darüber hinaus, wenn sie nach § 10 SGB V familienversichert sind.
Das maßgebliche Bruttoeinkommen wird um die Freibeträge der im Haushalt lebenden Angehörigen vermindert. Berechnungsgrundlage der Freibeträge ist die jährliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (2014: 33.180 Euro). Die Freibeträge berücksichtigen die Unterhaltspflichten und führen zu einer an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angepassten Belastung.
Verminderung der jährlichen Bruttoeinahmen in 2014
erster Angehöriger |
Verminderung um 15 Prozent der Bezugsgröße: |
weitere Angehörige |
Verminderung um 10 Prozent der monatlichen Bezugsgröße: |
Kinder |
Verminderung um das Existenzminimum eines Kindes in Höhe |
Berechnungsbeispiel für 2014:
Versicherter, verheiratet, zwei Kinder: Zur Feststellung der Belastungsgrenze sind die Freibeträge von den Bruttoeinnahmen abzuziehen
Bruttoeinnahmen der Familie in 2014: 30.000 Euro
Freibetrag für Ehefrau: 4.977 Euro
Freibetrag für zwei Kinder: 14.016 Euro
Anrechenbares Einkommen: 11.007 Euro
Für diesen Restbetrag Euro gilt die Belastungsgrenze von 2 Prozent. Somit hat der Versicherte für sich und seine Familie maximal 220 Euro an Zuzahlungen aufzubringen.
4.2.3 Belastungsgrenzen bei Bezug von existenzsichernden Sozialleistungen
(§ 62 Abs. 2 Sätze 5 und 6 SGB V)
Für Versicherte, die Sozialleistungen erhalten, die nur das Existenzminimum sichern sollen, sind die Bruttoeinahmen und damit die Belastungsgrenzen wie folgt zu bestimmen:
SGB II - Bezieher
Bei Versicherten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch (SGB II) erhalten, sind als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 des Zweiten Buches maßgeblich (in 2013: 12 x 382 = 4.584; in 2014: 12 x 391 = 4.692).
Die Belastungsgrenze für SGB II - Bezieher lag somit in 2013 regelmäßig bei 91,68 Euro und liegt in 2014 bei 93,76 in 2012. Für chronisch Kranke lag sie in 2013 bei 45,84 Euro und in 2014 bei 46,92 Euro.
Bezieher von Sozialhilfe und vergleichbaren Leistungen
Die für SGB II-Bezieher bestimmte Belastungsgrenze gilt auch für Versicherte,
- die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch (Sozialhilfe) oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesver-sorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt, erhalten,
- bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden
- sowie für nicht Versicherungspflichtige, deren Krankenbehandlung die Krankenkasse nach § 264 SGB V übernommen hat;
denn für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ist nur der Regelsatz des Haushaltsvorstands nach der Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelsatzverordnung) maßgeblich.
Der Beitrag wurde im Juni 2014 umfangreich aktualisiert und weicht daher inhaltlich von der gedruckten Fassung der Ausgabe 1/2012 (Januar 2012) des Recht-Informationsdienstes ab.