Opferschutz gefährdet
Deutscher Caritasverband/Harald Oppitz, KNA
Fallen Hilfsangebote weg, bei denen es um die Resozialisierung von Straftäterinnen und Straftätern geht, kann es buchstäblich gefährlich werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Haftentlassene rückfällig werden, wenn sich niemand ihrer annimmt, steigt nachweislich. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege leisten mit ihrer Beratung und Begleitung seit Jahrzehnten eine wichtige Arbeit.
Kosten steigen woanders
Nebenbei entlasten sie den Landeshaushalt deutlich - etwa indem sie die Möglichkeit anbieten, dass Straffällige anstelle eines Haftantritts gemeinnützige Arbeit leisten. Der Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Köln hat im Zuge des Programms "Schwitzen statt Sitzen" in den vergangenen fünf Jahren dafür gesorgt, dass 11744 Haft-Tage vermieden werden konnten und damit der Justizkasse fast zwei Millionen Euro Kosten erspart wurden.
Die angekündigten Kürzungen im Haushalt des Landes NRW für 2025 bedrohen nicht nur die erfolgreichen Programme, sie gefährden auch den sozialen Frieden. Denn betroffen sind nahezu alle Bereiche der Straffälligenhilfe, dazu gehören neben der allgemeinen Beratungsarbeit für Straffällige auch Angebote von Therapien für Sexualstraftäterinnen und Sexualstraftäter.
In Essen haben die Ankündigungen aus dem Justizministerium bereits konkrete Folgen: Die Beratungsstelle "Start 84" wird zum 1. Januar 2025 geschlossen, auch das angeschlossene Übergangswohnheim muss seine Pforten dichtmachen. Das Land begründet die Kürzungen mit sinkenden Fallzahlen und einem nicht mehr vorhandenen Bedarf. Das jedoch ist eine Selbsttäuschung. Vielmehr haben fehlende gerichtliche Zuweisungen die Arbeitsbereiche zunehmend ausbluten lassen.
Ebenso betroffen ist der Opferschutz. Beispiel Münster: Hier hat das Täter-Opfer-Ausgleich-Projekt des Vereins sozial-integrativer Projekte in den vergangenen fünf Jahren 929 Verfahren, bei denen es um eine Konfliktlösung zwischen Täterin oder Täter und Opfer ging, positiv abgeschlossen.
Besonders deutlich wird dieser Sicherheitsaspekt bei der Therapie von Sexualstraftäterinnen und Sexualstraftätern. Die Kapazitäten der entsprechenden Beratungsstellen sind mit 300 laufenden Therapien und 8700 Sitzungen voll ausgeschöpft. Wer eine Therapie antreten will, muss schon jetzt ein Jahr warten. Durch die Kürzungen steigen die Wartezeiten weiter - die Rückfallgefahr wird dadurch ganz sicher nicht sinken.