Heftige Proteste gegen Sozialkürzungen
Am 19. August 2024 hatte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk den Entwurf des Haushalts 2025 an das Landesparlament übermittelt. Dieser Haushaltsplanentwurf enthält so viele Kürzungen im sozialen Bereich wie nie zuvor. Nach Berechnungen der Freien Wohlfahrtspflege NRW betragen die Kürzungen alleine im Bereich der Wohlfahrts- und Sozialarbeit knapp 89 Millionen Euro.
Um gegen diese Sparpläne der Landesregierung Zeichen zu setzen, führten Mitarbeitende aus den Wohlfahrtsverbänden zum Auftakt der Haushaltsberatungen eine erste Mahnwache vor dem Landtag von Nordrhein-Westfalen durch. Bei der Veranstaltung standen neben Kritik auch Dialog und Austausch mit Landtagsabgeordneten im Mittelpunkt. Etliche Mitarbeitende der Wohlfahrts- und Sozialarbeit sprachen auf den Landtagswiesen mit den Menschen über ihre Nöte, die häufig zu Lasten der Benachteiligten und Schwächsten der Gesellschaft gehen.
"Dieser Haushalt erweckt nicht den Eindruck, als wolle die NRW-Landesregierung die Mangelverwaltung in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit beseitigen", kritisierte Hartmut Krabs-Höhler, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW, den geplanten Landeshaushalt. "Viele Träger können ihre Angebote schon heute kaum noch aufrechterhalten und müssen ihre Dienste reduzieren. Wir sind zutiefst besorgt über die von der NRW-Landesregierung eingeleitete Sparpolitik im sozialen Bereich und fordern die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker nachdrücklich zu einer Kurskorrektur auf."
Sozialer Zusammenhalt gefährdet
Frank J. Hensel, Diözesan-Caritasdirektor im Erzbistum Köln ergänzte: "‘Wir wollen den sozialen Zusammenhalt in einer sich wandelnden Gesellschaft stärken‘, ist im Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen zu lesen. Genau das gerät jedoch gerade aus dem Blick! Wer die soziale Daseinsvorsorge und die Integrationskräfte schwächt, riskiert gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden. Diese Einsparungen haben einen hohen Preis. Wir appellieren: Statt auf Kosten der Menschen und ihrer Zukunft zu sparen, muss die NRW-Landesregierung die soziale Arbeit und den Zusammenhalt stabilisieren!"
hensel erklärte auch, warum die Wohlfahrtsverbände sich vor dem Landtag positionierten: "Für mich ist das eine falsche Priorisierung, auch ein Verkennen der Nöte", sagte Hensel. Das müssten die Wohlfahrtsverbände deutlich machen. "Wir kommen wieder", sagte er an. Die LAG Freie Wohlfahrtspflege hat weitere Mahnwachen parallel zu den Landtagsberatungen angekündigt. Auch über größere Protestaktionen werde schon wieder nachgedacht.
Der Münsteraner Diözesan-CAritasdirektor Dominique Hopfenzitzt wies gegenüber Josef neumann, dem Vorsitzenden des Sozialausschusses im Landtag auf weitere Effekte der Kürzungen hin: "Mit den Kürzungen des Bundes, den eingeschränkten Möglichkeiten der Kommunen und den sonstigen Liquiditäts-Schwierigkeiten vieler Dienste werden diese Einsparungen einen Dominoeffekt beim Rückgang von Angeboten im Sozialbereich auslösen." Die gemeinnützigen Träger der Freien Wohlfahrtspflege seien von dem geplanten Haushalt besonders betroffen. "Wir leisten täglich soziale Arbeit, die weder vom Staat noch von privat-gewerblichen Anbietern in gleicher Weise und in gleicher Qualität geleistet werden könnte", sagte Hopfenzitz. "Damit haben wir seit vielen Jahrzehnten den Sozialstaat in NRW entwickelt und getragen." "Die geplanten Kürzungen werden auch zu Lasten der Trägervielfalt, des Subsidiaritätsprinzips und der Selbstverwaltung in Teilen der Sozialversicherung gehen", so Hopfenzitz weiter. Insbesondere zurückgehende Beratungs- und Hilfsangebote als Hilfe zur Selbsthilfe würden dem Staat letztendlich aber wieder auf die Füße fallen. "Die zurückgehenden präventiven Beratungsleistungen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe werden ihn mittelfristig zu höheren Sozialleistungen zwingen - es wird wie immer zu kurz gedacht."
Bereits im Herbst vergangenen Jahres hatten 25000 Demonstrierende bei einer Großkundgebung der Freien Wohlfahrtspflege NRW vor dem Landtag auf die Unterfinanzierung und den Personalmangel im sozialen Bereich aufmerksam gemacht. Auch eine landesweite Protestwoche sowie eine Petition an die Landespolitik wiesen mit Nachdruck auf die unzulänglichen Rahmenbedingungen in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit in NRW hin. Verbessert hat sich seitdem nichts.
Die geplanten Kürzungen summieren sich nach Berechnungen der Freien Wohlfahrtspflege auf rund 89 Millionen Euro allein im sozialen Bereich. Sollten diese Realität werden, wird die soziale Infrastruktur in NRW erheblichen Schaden nehmen.