Gesellschaftliche Brücken brechen weg
Markus LahrmannFoto: Andre Zelck
Die aktuellen Kürzungen im sozialen Bereich, die die NRW-Landesregierung im Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr vorschlägt, haben eine alarmierende Dimension erreicht. Mit insgesamt 89 Millionen Euro, die bei essenziellen sozialen Dienstleistungen eingespart werden sollen, wird eine harte und höchst problematische Weichenstellung vorgenommen. Dies betrifft nicht mehr nur einzelne Projekte, sondern greift tief in das Herzstück der sozialen Infrastruktur unseres Landes ein.
Die Freie Wohlfahrtspflege, die traditionell als zentrale Säule der sozialen Unterstützung fungiert, steht vor einer enormen Herausforderung. Die angekündigten Kürzungen von 2,1 Millionen Euro an allgemeinen Mitteln für die Spitzenverbände zwingen diese zu einschneidenden Maßnahmen, die auf den ersten Blick gar nicht sichtbar sind. Programme, die Familien, Migranten und Geflüchteten, Menschen mit Behinderung sowie älteren Menschen in Notlagen helfen, sind gefährdet oder werden gänzlich gestrichen.
Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Welches Signal sendet diese Regierung mit diesen Einsparungen? In einem Koalitionsvertrag, der sich die Bekämpfung von Armut und die Förderung von Familien auf die Fahnen geschrieben hat, ist eine solche Entwicklung ein eklatanter Widerspruch. Denn gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie wir sie momentan durch die Folgen der Inflation und anderer globaler Krisen erleben, sind soziale Sicherungssysteme wichtiger denn je.
Natürlich ist es richtig, dass der Haushaltspolitik enge Grenzen gesetzt sind. Doch wenn diese Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden, ist dies ein politisches Armutszeugnis. Es muss gelingen, alternative Lösungen zu erarbeiten, statt den Rotstift bei denjenigen anzusetzen, die ohnehin schon kaum Gehör in der Gesellschaft finden.
Einschnitte im sozialen Bereich führen nicht nur zu einer Verschlechterung der Lebensqualität der Betroffenen. Sie verursachen langfristig auch zusätzliche Kosten, sei es durch verstärkte Armut, gesundheitliche Folgen oder gesellschaftliche Ausgrenzung. So wird beispielsweise der Abbau von Unterstützungsstrukturen in der Suchthilfe oder der Migration nicht nur zu mehr sozialer Ungleichheit führen, sondern auch den Druck auf andere gesellschaftliche Systeme wie das Gesundheitssystem erhöhen.
Der Landtag muss sich fragen lassen, ob er wirklich einen Kurs einschlägt, der den sozialen Frieden gefährdet. Denn wenn lebenswichtige Dienstleistungen eingeschränkt werden, entstehen nicht nur finanzielle Lücken - es brechen auch gesellschaftliche Brücken weg.