Qualität hat ihren Preis!
Denn etwaigen Verbesserungen in der Qualität stehen massive finanzielle Verschlechterungen für die Krankenhäuser gegenüber, die leider nicht erwähnt werden.
Die Bundesregierung erkennt zwar einen höheren Mittelbedarf der Krankenhäuser an - streicht aber dennoch in Milliardenhöhe. Nach Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht der Gesetzesentwurf eine Einschränkung des Finanzrahmens, mithin reine Kürzungen, ab 2017 für alle Krankenhäuser in Deutschland im Umfang von etwa 1 Mrd. Euro pro Jahr vor.
Darüber hinaus werden weitere Kernprobleme wie Investitionsstau, nicht refinanzierte Tariflohnsteigerungen und Unterfinanzierung der ambulanten Notfallversorgung mit diesem Gesetzesentwurf ebenfalls nicht gelöst.
Beim Investitionsstau geht das seit Langem bekannte "Schwarze-Peter-Spiel" zwischen Bund und Ländern zu Lasten der Patienten und Mitarbeiter weiter. Die Krankenhäuser in NRW z. B. haben einen jährlichen Investitionsbedarf von rund 1,3 Mrd. Euro (Investitionsmittelbedarf auf Bundesebene rund 6 Mrd. Euro). Die deutlich darunterliegende jährliche Investitionsförderung des Landes NRW in Höhe von rund 500 Mio. Euro bedeutet ein Investitionsdefizit von rund 800 Mio. Euro pro Jahr. Mit den dringend notwendigen Investitionen in den Umbau von Stationen oder eine moderne IT-Infrastruktur könnten die Mitarbeiter entlastet und Patienten noch besser versorgt werden.
Eine Krankenhausreform ohne nachhaltige Lösung des Investitionsstaus ist keine echte Reform.
Außerdem berücksichtigt der Gesetzesentwurf die Unterfinanzierung der Tarifsteigerungen in keinster Weise. Tariflohnsteigerungen werden in den Fallkostenpauschalen zeitverzögert und/oder nur zum Teil eingepreist. Ab dem Jahr 2015 ergibt sich daher allein in diesem Bereich eine Unterfinanzierung von etwa 2,5 Mrd. Euro pro Jahr. Über das angedachte "Pflege-Förderprogramm", welches ab 2018 greifen soll, erhalten die Krankenhäuser aber durchschnittlich nur drei zusätzliche Vollzeitstellen pro Krankenhaus. Dies kann leider noch nicht einmal als "ein Tropfen auf den heißen Stein" bezeichnet werden. Im Übrigen stellt das in dem Gesetzesentwurf vorgesehene Förderprogramm zur Bezuschussung von Neueinstellungen bei Pflegekräften weit weniger Mittel zur Verfügung, als die Kürzungen (an anderer Stelle) ausmachen.
Zehn Millionen Patienten werden in den Notfallambulanzen der deutschen Krankenhäuser versorgt. Krankenhäuser behandeln mittlerweile mehr ambulante Notfälle als niedergelassene Ärzte. Für einen Behandlungsfall erhält das Krankenhaus aber nur 32 Euro bei durchschnittlich 120 Euro Kosten. Dadurch entsteht eine Unterfinanzierung der ambulanten Notfallversorgung von ca. 1 Mrd. Euro pro Jahr, die die Krankenhäuser derzeit selbst tragen.
Bei einem Gesamtumsatz aller Krankenhäuser in Deutschland von etwa 100 Mrd. Euro beläuft sich die Unterfinanzierung auf circa 7,5 Mrd. Euro pro Jahr.
Empörend sind die offenen Misstrauensbekundungen, die mit einer Vielzahl der Instrumente, die dieser Gesetzesentwurf vorsieht, zum Ausdruck gebracht werden. Die neuen, umfassenden Kontrollrechte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in unseren Krankenhäusern und die Einschätzung, man müsse über Qualitätsabschläge dem Qualitätsbewusstsein nachhelfen, stehen im absoluten Widerspruch zu unserem Verantwortungsverständnis und zum Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ärztlichen und pflegerischen Dienst.
Unter den sich abzeichnenden Bedingungen werden insbesondere kleinere Krankenhäuser in ländlichen Regionen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Aufgrund ihrer Struktur und Verortung sind damit gerade die katholischen Krankenhäuser durch das neue Gesetz besonders negativ betroffen. Auch die mit dem Gesetz beabsichtigte vereinfachte Gewährung von Sicherstellungszuschlägen ändert daran nichts. Denn ein Zuschlag soll nur erfolgen, wenn ein notwendiges Krankenhaus insgesamt Defizite zu tragen hat und wenn die Leistung auch durch ein anderes geeignetes Krankenhaus nicht ohne Zuschlag erbracht werden kann. Außerdem soll der Sicherstellungszuschlag auch noch durch die Partner der Selbstverwaltung vereinbart werden. In Summe dürften diese Voraussetzungen das Verfahren eher verkomplizieren und eine Gewährung eines Zuschlages stark hemmen.
Zwar haben die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates bei ihrer Sondersitzung am 30. Juni bereits einige Kritikpunkte am Gesetzesentwurf aufgegriffen und diskutiert, und auch der Deutsche Bundestag hat am 2. Juli 2015 in 1. Lesung über den Gesetzesentwurf beraten, die Bereitschaft, tiefgreifende Änderungen am Gesetzesentwurf vorzunehmen, ist aber leider in keinster Weise erkennbar gewesen. Wenn nicht noch erhebliche Veränderungen am Gesetzesentwurf vorgenommen werden, dürfte sich das KHSG für viele Krankenhäuser als "KHSG = Krankenhausschließungsgesetz" erweisen.
Demo und Protestaktionen
Auf breite Kritik bei den Fachleuten und große Empörung unter vielen Beschäftigten in den Krankenhäusern stößt die geplante Krankenhausreform.
Für den 23. September rufen die Krankenhäuser zu einem bundesweiten Protesttag auf. In Berlin wird an diesem Tag eine große Demonstration stattfinden. Zeitgleich finden in vielen Krankenhäusern eine "aktive Mittagspause" von Beschäftigten und zahlreiche flankierende Maßnahmen statt. Die Kampagne der Krankenhäuser läuft unter dem Motto "Krankenhaus-Reform? - So nicht!".
Infos unter www.ihre-krankenhaeuser.de