Nebelkerzen einer Krankenhausreform
Ein Kommentar von Aachens Diözesan-Caritasdirektor Burkard Schröders
"Deshalb stärken wir die Spitzenmedizin und sorgen dafür, dass sich besonders gute Qualität künftig auch finanziell lohnt", sagte Bundesminister für Gesundheit Hermann Gröhe zu seiner vorgelegten Krankenhausreform. Wer sollte ihm da widersprechen? Wer will nicht von der Spitzenmedizin profitieren?
Dass gute Qualität besser bezahlt werden soll als schlechte, klingt auch irgendwie logisch! Aber die Sache hat einen Haken, denn die jetzigen Rahmenbedingungen zeigen ein eher düsteres Bild. So vertritt u. a. Karl-Josef Laumann, Pflegebeauftragter der Bundesregierung und ehemaliger Gesundheitsminister in NRW, die Meinung, dass Krankenhäuser mit weniger als 200 Betten es schwer haben werden zu überleben. In NRW wäre das jedes dritte Krankenhaus, viele davon konfessionell getragen.
Eines bleibt unstrittig: Qualität im Krankenhaus hat ihren Preis, und der schlägt neben einer adäquaten Geräteausstattung in erster Linie in Form von Personalkosten für Pflegemitarbeiter und Ärzte zu Buche. Bekannte Finanzierungsfragen löst die Krankenhausreform allerdings in keiner Weise. Im Gegenteil: Die Häuser werden mit massiven finanziellen Einbußen zu kämpfen haben. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Reform zum Etikettenschwindel entwickeln. Indem auf steigende Qualität gesetzt wird, sind Krankenhausschließungen mit gemeint. Dabei gilt es doch, im Sinne der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung weiter in die Zukunft zu schauen. Und da machen mir viele offene Fragen Sorge.
Wer soll die gesundheitliche Versorgung in ländlichen Regionen aufrechterhalten, wenn immer mehr Hausärzte und Fachärzte in Ruhestand gehen und keine Nachfolger finden? Hier werden in Zukunft neue Konzepte gefragt sein. Dem Krankenhaus als "Gewährleister" der ambulanten und stationären Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen wird dabei eine zentrale Aufgabe zukommen.
Wie soll gerade in personalintensiven Bereichen wie zum Beispiel der Geriatrie eine qualitativ gute Pflege geleistet werden? Qualität heißt in diesem Zusammenhang besonders: Es müssen Menschen vor Ort sein, die Unterstützung und Hilfestellung geben können, fachlich gut pflegen, Zeit haben und Angehörige beraten, um die beste Versorgung auch nach dem Krankenhausaufenthalt zu sichern.
Nicht zu vergessen sind deshalb die alltäglichen Belastungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Krankenhäusern, die mit hoher Motivation Tag für Tag ihren Dienst am Menschen leisten. Mehr Wertschätzung und Entlastung - will heißen die Finanzierung einer auskömmlichen Vergütung und mehr Personalressourcen -, das sollte eine Reform auch zum Inhalt haben!
Katholische Krankenhäuser scheuen nicht die Qualitätsdebatte. Aber wir fürchten, dass die Politik nicht mit offenen Karten spielt, sondern Nebelkerzen zündet. Denn durch die jetzt gewählten Maßnahmen geraten Häuser in Schwierigkeiten, obwohl sie für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung von Bedeutung sind. Bleibt nur zu hoffen, dass die Politik ihre Maßnahmen noch einmal überdenkt und Patienten sowie Mitarbeiter in das Zentrum ihrer Strukturreform stellt!