Rikscha und Kicker statt Podium
Ein gelungenes Experiment im Vergleich zu den üblichen Podiumsveranstaltungen, so fasste es Ulrich Reuter (FDP) für alle teilnehmenden Kandidatinnen und Kandidaten zusammen: "Zehn Minuten Gespräch hier waren viel gewinnbringender, hier sind wir nah an den Menschen." Insgesamt ging es zum Thema "Jugend braucht Chancen" natürlich um die Frage: "Welche Perspektiven braucht die Jugend, und welche Politik ermöglicht Chancen?", wie es Josef Lüttig, Vorsitzender des LAG-Ausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit, zu Beginn sagte. In einer Reihe von Veranstaltungen zur Wahl der Freien Wohlfahrtspflege NRW hatte die Caritas das Thema Jugend übernommen. Die hier wichtigen Aspekte sprach Lüttig gleich an mit digitaler Teilhabe und dem Übergang von der Schule in den Beruf.
Dazu waren die Folgen der Corona-Pandemie immer wieder Thema. Wolfgang Jörg (SPD), der das Format "cool" fand, benannte die Corona-Folgen als "größte Baustelle" der Politik. Jugendliche müssten wieder normal leben und Spaß haben können, um aus "guter Laune heraus motiviert zu sein, sich einen Beruf zu suchen".
Alle Landtagskandidatinnen und -kandidaten waren sich einig, dass die Jugendlichen dazu die Chance bekommen müssen. Im Wie und ob es sie tatsächlich für alle gibt, zeigten sich die politischen Differenzen. Während Nils Mehrer (FDP) die derzeitige Landesregierung mit 60 Talentschulen auf gutem Wege sieht und als Ziel für mehr Chancengerechtigkeit tausend Talentschulen ankündigte, hält Petra Backhoff (Bündnis 90/Die Grünen) "Schule für den Ort der Bildungsungerechtigkeit schlechthin". Viel zu früh werde hier ausgesiebt. Im Grunde beginne die Ungerechtigkeit schon mit dem Tag der Geburt.
Volkan Baran (SPD) unterstützte die Kritik: "Jede Schule muss Talentschule sein." Er forderte eine Begleitung der Ausbildung für alle Jugendlichen, noch besser wären Bildungslotsen schon ab der Kita. Auch Schulleitungen in Talentschulen klagten über Probleme, erklärte Gönül Eglence (Bündnis 90/Die Grünen). Letztlich brauche es mehr Pädagogen. Notwendig sind dazu nach Auffassung von Katrin Lögering (Bündnis 90/Die Grünen) nicht zuletzt eine gleiche Bezahlung der Lehrkräfte in Grund- und weiterführenden Schulen und die Öffnung für Quereinsteiger.
Wie Anja Butschkau (SPD) forderten mehrere Kandidaten, dass jeder Jugendliche, auch wenn er keinen Schulabschluss habe, eine Chance auf eine Ausbildung oder zumindest Beschäftigung bekommen müsse. Josef Lüttig, der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor ist, hatte einleitend schon darauf hingewiesen, dass es dafür gute Projekte gebe. "Die dürfen nicht enden mit einer neuen Landesregierung", mahnte er.
Dass es diese Fragen sind, die die jungen Erwachsenen umtreiben, erlebten die Landtagskandidaten hautnah. Jens Kamieth (CDU) fand es wichtig und gewinnbringend, "dass man mal eine andere Rolle annehmen muss". Vielfalt und Zusammenhalt seien wichtig in der Gesellschaft. Deswegen gab es als Dankeschön zum Abschied auch "Vielfalt-Socken" für die Landtagskandidatinnen und -kandidaten - und Kinogutscheine für die Jugendlichen.
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