Nationalität: Mensch
Er ist einer von fünf Jungs aus Guinea, Somalia und Tadschikistan, die gemeinsam mit 13 Jugendlichen aus Deutschland einer alte Lok auf dem Bochumer Spielplatz an der Freiligrathstraße zu neuem Leben verholfen haben. Jetzt ist die Lok quietschbunt und trägt Botschaften wie "Refugees Welcome" oder "Nationalität: Mensch".
Nationalität Mensch: Das Grafitti haben Jugendliche aus Deutschland und junge Flüchtlinge gemeinsam auf eine Lok auf einem Bochumer Spielplatz gesprüht, Caritas / Christoph Grätz
Eine Anspielung auf die Eintragung im Reisepass, die Schicksal sein kann für Menschen aus Armutsgebieten, Kriegs und Katastrophenregionen. Realität für die fünf Jungs, die über ihre Reise nach Deutschland nur ungerne reden, wie auch über ihre Familien. Bei Dankotako aus Guinea, der nur seinen "Künstlernamen" nennen mag, ist sie praktisch nicht mehr vorhanden.
Der Junge hat es irgendwie geschafft nach Deutschland zu kommen. Nun wohnt er mit 15 anderen in der Außenwohngruppe "Globus" des St. Vincenz-Hauses, einer katholischen Einrichtung, in der Jungen aus Westafrika, Afghanistan, Tadschikistan und Syrien an das Leben in Deutschland herangeführt werden, Menschen wie Dankotako im Sozialarbeiterdeutsch nur mit den drei Buschstaben UMF bezeichnet als "unbegleiteter minderjähriger Flüchtling", nicht mehr Kind aber auch noch kein Erwachsener: In einem fremden Land auf sich allein gestellt zu sein, in einer fremden Kultur zurechtzukommen und eine ihre Sprache zu lernen, ist eine grosse Herausforderung.
Dankotako aus GuineaCaritas / Christoph Grätz
"Eigentlich", so sagt Jenny (23) aus Duisburg "ist die Sprache gar nicht so wichtig, wenn es um ein gemeinsames Projekt geht." Jenny ist eine der 13 Teilnehmerinnen, die bei der Graffiti -Aktion mitgemacht haben. "Selbst ohne perfekte Verständigung", ergänzt Frauke (23) aus Münster, "haben wir zusammen etwas geschaffen: ein Kunstwerk, bei dem die Herkunft und Hautfarbe keine Rolle spielen. So sollten wir in Deutschland überhaupt mit Flüchtlingen umgehen." Die Jugendlichen finden, dass die Unterscheidung von Menschen in Flüchtlinge und Einheimische unnötig ist und Menschen einen Stempel aufdrückt.. Lisa (21) aus Fulda:"Warum reden wir nicht von Menschen auf der Flucht? Das trifft es doch viel besser."
Waren stolz auf ihr Werk: Jugendliche vom Welcomlab und junge Flüchtlinge besprühten gemeinsam eine Lok auf einem Bochumer Spielplatz.Caritas / Christoph Grätz
Für die 13 Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet, aus Aachen, Fulda und Paderborn war es jedenfalls eine coole Aktion, mal das zu tun, was sonst nicht erlaubt ist. Zu sprayen und damit eine politische Botschaft in die Welt zu tragen. Denn Graffiti ist Hip-Hop, ist Protest und politisches Statement. Die Regenbogenfarben, in denen die alte Lok nun erstrahlt, symbolisieren dabei Toleranz und Frieden. "We are all the same", "wir sind alle gleich" steht dort in verschiedenen Sprachen, auch auf Somali. Etwas schüchtern hat Mohammed das Motto in seiner Sprache aufgeschrieben. Der 17 jährige lebt seit einem Jahr in Deutschland, macht zur Zeit ein Schulpraktikum und will Schneider oder Polsterer werden.
Die Jugendlichen sind sich näher gekommen und haben festgestellt, dass sie über vieles ähnlich denken: ihre Zukunft, Familie und Job. "Nationalität: Mensch" eben. Und das ist die vielleicht eindringlichste Botschaft dieser Graffiti-Aktion, einer von fünf Aktivitäten von youngcaritas Deutschland an diesem Wochenende. (ChG)