Paderborn/Düsseldorf - Die Caritas in NRW erwartet, dass Kommunen die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Alltag stärker fördern. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention müsse ein wichtiges Thema im Kommunalwahlkampf sein, forderte der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig am Mittwoch. "Hier können die Ratskandidaten sozialpolitisches Profil zeigen", sagte Lüttig.
Abgeordnete aus Städten und Kreisen bestimmen in der Landschaftsversammlung die Politik der beiden Landschaftsverbände Westfalen und Rheinland, die sich selbst als die größten Hilfezahler für behinderte Menschen bezeichnen. "Die Caritas in NRW knüpft daher an die Kommunalpolitiker die Erwartung, ihre Verantwortung für die behinderten Menschen wahrzunehmen", betonte der Caritasdirektor. Dazu zähle Erhalt und Weiterentwicklung der Werkstätten und Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung. "Wir wissen um die angespannte Haushaltslage der Kommunen", sagte Lüttig, "doch die bestehenden Leistungen müssen zumindest im bisherigen Umfang aufrecht erhalten bleiben".
Notwendig sei allerdings auch der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder mit Behinderungen, der Ausbau eines inklusiven Bildungssystems und die Etablierung von Regionalkonferenzen für die Bedarfsplanung im Elementarbereich.
Lüttig kritisierte, dass es landesweit bislang erst 22 anerkannte interdisziplinäre Frühförderstellen gebe. "In einigen Landesteilen steht betroffenen Eltern und Kindern noch kein ganzheitliches Hilfesystem zur Verfügung", sagte er. Ziel der sogenannten Komplexleistung, wie sie in Frühförderstellen angeboten werde, sei die medizinische, therapeutische und heilpädagogische Leistung aus einer Hand.
In Deutschland gibt es etwa 8,6 Millionen Haushalte mit minderjährigen Kindern. In etwa drei Prozent dieser Haushalte lebt ein behindertes Kind. Begleitung, Betreuung und Pflege werden überwiegend von den Angehörigen geleistet. "Diese Familien benötigen neben Rat und Unterstützung auch ganz praktische Hilfen zur Entlastung im Alltag", betonte der Paderborner Caritasdirektor. Die Caritas setze sich für den flächendeckenden Ausbau und die angemessene Refinanzierung familienunterstützender Dienste ein.
Lüttig wies darauf hin, dass der Gesetzgeber das Amt eines Behindertenbeauftragten auch auf kommunaler Ebene vorgesehen habe. Nur etwa 50 Prozent der Städte und Gemeinden hätten jedoch einen Beauftragten bestimmt. Daneben bestehe die Möglichkeit, Ombudsmänner oder -frauen einzusetzen. Auch hiervon werde vielerorts nicht Gebrauch gemacht. "Die Parteien und ihre Kandidaten können in den Kommunen Entscheidungen für ganz konkrete Teilhabechancen treffen", betonte Lüttig. Daran müssten sie sich nach der Wahl messen lassen.
Hinweis: Mit ihren sozialpolitischen Forderungen mischt sich die Caritas in NRW in den laufenden Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen ein.