Ist das Solidarität?
Menschen in schwierigen Situationen brauchen soziale Sicherheit und unsere Solidarität.Foto: Markus Lahrmann
Anderen etwas vom eigenen Überfluss abzugeben, ist grundsätzlich christlich und gut. Spenden für Arme und Bedürftige sollen diesen an Weihnachten das Gefühl geben, dass andere sie nicht vergessen und alleinelassen.
Gleichzeitig hatten wir in den letzten Monaten eine Debatte um das Bürgergeld, die ausgrenzende, verletzende, und unsolidarische Züge hatte. Es ist falsch, pauschal zu behaupten, dass Menschen Bürgergeld wie ein bedingungsloses Grundeinkommen in Anspruch nehmen. Es stimmt nicht, dass das Bürgergeld so hoch ist, dass es sich nicht lohne, arbeiten zu gehen. Der Blick hinter die Kulissen zeigt eine andere Perspektive. Bürgergeldempfänger arbeiten und müssen aufstocken. Andere erziehen kleine Kinder alleine, sorgen für pflegebedürftige Eltern oder sind selbst krank. Und so zeigt auch der gerade veröffentlichte 7. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung auf, dass viele Menschen entweder aus Unwissenheit oder aus Scham ihre Ansprüche nicht geltend machen. Dies ist insbesondere für Kinder aus einkommensarmen Familien fatal. Ihnen werden die Möglichkeiten genommen, sportlich aktiv zu sein, andere Kinder zum Geburtstag einzuladen, Fußball zu spielen, ein Handy zu haben und vieles mehr. Stattdessen werden sie als arme und unterstützenswerte Kinder gesehen, deren Eltern sich nicht kümmern wollen.
Dabei ist mir noch nie jemand begegnet, der sagt: Ich bin extra arm geworden, weil das so schön ist - oder: Ich möchte nicht, dass es meinen Kindern gut geht. Ihnen?
Dominique Hopfenzitz ist Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Münster.Foto: Achim Pohl | Caritas im Bistum Münster
Unsere Gesellschaft braucht Solidarität. Menschen, die in schwierigen Situationen sind, brauchen die Solidarität der Gesellschaft, um sich als Teil davon zu fühlen, sich aufgehoben und sicher zu fühlen. Gehört hier nicht ein Bürgergeld oder eine Grundsicherung dazu, die ein Leben mit Teilhabe ermöglicht und die Haltung vermittelt: Wenn es dir einmal nicht gut geht, dann wird dir Sicherheit gegeben!
Jede und jeden von uns kann eine schwere Krankheit, ein Unfall, eine Scheidung, die Insolvenz oder Auflösung des Betriebes oder andere Katastrophen des Lebens in eine Situation bringen, wo er und sie auf die bedingungslose Solidarität der Gesellschaft angewiesen sind.
Deswegen spricht das Grundgesetz vom Sozialstaat. So hat es das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt. Leistungen im Bedarfsfall, nach Prüfung der Bedürftigkeit helfen, ein Leben in Würde zu führen. Das zu akzeptieren und - auch in der öffentlichen Debatte - Haltung zu zeigen, ist gelebte Solidarität.
Bitte machen Sie mit, und schenken Sie den Menschen über all die guten Taten und Gesten hinaus Ihre Solidarität. Eine Solidarität, die den Menschen und seine Lebenssituation wahrnimmt und nicht abwertet. Die nicht verurteilt und die eine sozialstaatlich abgesicherte gute Grundsicherung als selbstverständlich erachtet.
Ich danke Ihnen dafür!
