NRW sucht neue Lösungen im Kampf gegen Armut
Wüst äußerte sich zum Auftakt der Konferenz gegen Armut mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Kommunen, Sozialverbänden und der Freien Wohlfahrtspflege.
Die Akteure sollen auch über das Treffen hinaus mit der Landesregierung Lösungsansätze gegen Armut entwickeln. Wüst verwies auf die aktuell stark gestiegenen Preise besonders im Bereich von Energie und Lebensmitteln. Dadurch gerieten arme Menschen besonders unter Druck und bräuchten Hilfe.
Die Landesregierung stelle aus dem Sondervermögen zur Krisenbewältigung 150 Millionen Euro zur Verfügung, etwa um Tafeln zu unterstützen und die Beratung für verschuldete Menschen zu stärken. Mit 60 Millionen Euro werde Kitas geholfen, um deren gestiegene Energiekosten aufzufangen und Schließungen zu vermeiden. Es brauche aber weitere Maßnahmen gegen Armut.
Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, das Problem Armut lasse sich nur angehen, wenn alle staatlichen Ebenen - Kommunen, Länder und Bund - sowie viele gesellschaftliche Akteure zusammenwirkten. In NRW sei die Armutsquote gesunken, dann sei Corona gekommen. Jetzt seien wieder drei Millionen Menschen und damit etwa 18 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen. Der Energiekrieg Putins verschärfe die Situation. Das untere Viertel der Einkommensbezieher müsse zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Mittel für Wohnen, Energie und Lebensmittel ausgeben. Die Inflation sei der Taschendieb der kleinen Leute, zitierte Laumann den früheren Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU).
Verpasste Chance
Als "verpasste Chance" bewertete hingegen Michaela Hofmann, Armutsexpertin beim Diözesan-Caritasverband Köln, die Konferenz gegen Armut. Hofmann wies darauf hin, dass schnell und einfach umsetzbare Maßnahmen wie die vollkommene Lernmittelfreiheit, kostenloses Frühstück und Mittagessen in allen Kitas und Schulen oder auch die Übernahme von Mietkosten und Nachzahlungen für Strom und Nebenkosten auf Darlehnsbasis nötig seien. Auch ein bezahlbares Sozialticket sei wichtig, unterstrich sie.
Der Diözesan-Caritasverband Köln hatte schon im vergangenen Herbst ein 29-Euro-Ticket für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, gefordert. "Mobilität ist ein Schlüssel zur Teilhabe in unserer Gesellschaft", so Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel. Wie wichtig ein günstiges Nahverkehrsticket für diese Menschen sei, habe das 9-Euro-Ticket gezeigt.
"Mal zu Freunden, zum Arzt oder auch zum Jobcenter - das ist das Mindeste, was Land und Bund den Menschen mit sehr wenig Geld ermöglichen müssen." Es habe sich herausgestellt: "Ein bezahlbares Ticket für Bus und Bahn ist ein sofort wirksamer Schritt gegen die soziale Ausgrenzung", betonte Hensel.
Für Verkehr sind derzeit im Regelsatz 45,02 Euro angesetzt, das reicht nicht einmal für das geplante 49-Euro-Ticket.
Markus Lahrmann (mit KNA)
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