Menetekel Insolvenzen
Die Patientenbeauftragte Claudia Middendorf zeigte sich optimistisch, dass das System der Krankenhausplanung aus Nordrhein-Westfalen auf ganz Deutschland übertragen werden könne.Foto: Achim Pohl
Denn vielerorts ist die Existenz von Kliniken gefährdet. Über den Bundesrat hat derweil das Land Nordrhein-Westfalen vom Bund finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser gefordert.
Rund zwei Drittel der Kliniken befinden sich in akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sie müssen befürchten, die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) überhaupt nicht mehr zu erleben. Das Thema Insolvenz schwebt wie ein Menetekel über den Kliniken.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Thorsten Klute sprach sich in Essen dafür aus, "Krankenhäuser möglichst zu retten, nicht zu schließen". Deswegen unterstütze die SPD-Landtagsfraktion auch die Bundesratsinitiative aus NRW. "Aber", so Klute, "lösen wir damit das Problem?" Man müsse auch zur Kenntnis nehmen, dass die Fallzahlen um 12 Prozent und der Case-Mix-Index gar um 17 Prozent zurückgegangen sei. In einem fallzahlorientierten System führe das zu Erlösrückgängen. Mit Karl Lauterbach sei man im Gespräch. Klute warb vehement dafür, die Schuldenbremse zu verändern, um Investitionen zu ermöglichen. Denn auch das Land müsse bei den Investitionskosten mehr Verantwortung für die Refinanzierung übernehmen.
Die Bindung der Krankenhauseinnahmen an die Fallzahlen werde sich auch mit der geplanten Bundesreform nicht ändern, prognostizierte Dirk Albrecht, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Contilia-Gruppe, einem großen Krankenhausträger in Essen. Er warnte vor einer Überhitzung im Wettbewerb der Krankenhäuser. "Die Krankenhäuser wollen nicht gerettet werden, sondern sachgerecht und leistungsgerecht finanziert werden", unterstrich Albrecht. Das einzige Instrument sei, den Landesbasisfallwert sachgerecht anzupassen. Er gestand aber zu, dass auch innerhalb des Katholischen Krankenhausverbandes die Einschätzung vorherrsche, dass nicht alle Standorte gebraucht würden. Wichtig sei, herauszufinden, welche man brauche. Das werde mit dem NRW-Planungsmodell gelingen.
Betriebskosten refinanzieren
Ihr sei es wichtig, dass jeder Mensch innerhalb von 20 Minuten ein Krankenhaus erreichen könne, so Susanne Schneider von der FDP-Landtagsfraktion. Die Menschen dürften das Vertrauen in die Krankenhausversorgung nicht verlieren. Aber die Häuser, die vernünftig wirtschafteten, dürften nicht bestraft werden.
Marco Schmitz, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, wies auf die ungleichen Refinanzierungsbedingungen zwischen kommunalen und konfessionellen Krankenhäusern hin. "Kein Bürgermeister lässt es zu, dass sein Krankenhaus vor Ort geschlossen wird." Das sei bei den katholischen Krankenhäusern eben anders: "Die Bistümer sind nicht in der Lage, Geld nachzuschießen", warnte Schmitz, der für die CDU klar Position bezog und die Bundesratsinitiative erläuterte: "Wir wollen nicht, dass die Krankenhausplanung über Insolvenzen vorgenommen wird!" Die Betriebskosten der Kliniken müssten refinanziert werden, bis die Krankenhausreform greife.
Fachpolitische Diskussion auf dem Krankenhaustag der Caritas in NRW.Foto: Achim Pohl
Dass die Lage dramatisch sei, habe auch die Demo vor dem Landtag gezeigt, sagte Meral Thoms von den Grünen: "Die Botschaft haben wir sehr ernst genommen." Es werde dem Thema nicht gerecht, wenn sich Bund und Land gegenseitig die Schuld in die Schuhe schöben. "Auf der Landesebene sind wir mit der Krankenhausplanung Vorreiter", sagte Thoms. Dazu gehöre auch, die Klimakrise und bei den baulichen Maßnahmen die Entwicklung des Klimas zu berücksichtigen, den Hitzeschutz zu verbessern und erneuerbare Energien mit einzuplanen: "Solche Investitionen sparen Kosten auf lange Sicht."
Für die katholischen Bistümer in NRW begrüßte Antonius Hamers, Leiter des Katholischen Büros, die geplanten Reformen, auch wenn sie zu Marktbereinigungen führen könnten. "Wir legen allerdings großen Wert darauf, dass die Politik die Verantwortung übernimmt, wenn sie die Rahmenbedingungen ändert", sagte Hamers. Wenn politische Vorgaben, Reformen bei der Finanzierung und Krankenhausplanungen zu Schließungen von katholischen Krankenhäusern führten, dann sei die Politik gefragt, das zu erklären und öffentlich Verantwortung zu übernehmen.