Beratung für Zuwanderer ist ihr Geld wert
Mache ich mich strafbar, wenn ich nicht direkt Kontakt mit den Steuerbehörden aufnehme? Und wie überhaupt soll ich all die Formulare ausfüllen, wenn ich weder Russisch noch Türkisch verstehe?
Je effizienter die Hilfe, desto schneller kann ich meine Rolle in der neuen Gesellschaft einnehmen. So arbeiten in Deutschland die Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zuwanderer (MBE). Sie bereiten zügig darauf vor, die Formalitäten zu erledigen und den Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Bundesweit bezogen im Jahr 2019 zu Beginn der Beratung 61 Prozent der Ratsuchenden Leistungen nach ALG II, am Ende der Beratung nur noch knapp 39 Prozent - so das Resümee der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege.
Trotz dieser positiven Resonanz hat die NRW-Landesregierung jedoch die Finanzierung der Beratungsstellen zum Jahresanfang 2021 gedeckelt. Ab 2023 wird neu entschieden. Die große Sorge der Freien Wohlfahrt ist, dass es zu weiteren Kürzungen kommen könnte. Über die Hintergründe informieren die Beratungsstellen in vielen Städten und Kreisen zum 7. MBE-Aktionstag am 30. Juni.
Der Beratungsbedarf der MBE-Klienten, die vor allem aus Syrien, Irak, Afghanistan, der Türkei und der Russischen Föderation kommen, ist nach wie vor hoch - und viel komplexer als meiner, ginge ich tatsächlich mit Expatriate-Status ins Ausland. Die Förderung des NRW-Integrationsministeriums wurde für 2021 von bis zu 71.000 auf 53.100 Euro gedeckelt. Die Träger müssen seither 5.000 bis 10.000 Euro jährlich pro Vollzeitstelle selbst finanzieren - woher nehmen, vielleicht aus den sinkenden Kirchensteuern?
Die Lösung könnten billigere Berater direkt nach dem Studium sein. Ein guter Mix im Team ist natürlich wünschenswert: hoch motivierte junge Fachkräfte, die bei den älteren Kollegen mit ihrem interkulturellen und juristischen Vorwissen und der nötigen Beratungsroutine "abgucken" können. Wer jahrelang als hoch qualifizierte Fachkraft Zuwanderern die Integration erleichtert, ist sein Gehalt mehr als wert. Außerdem: Die Zuwanderer, die hier beraten werden, haben keinen Expatriate-Status mit der Sicherheit einer heimischen Firma im Rücken, sondern meist eine gefährliche, zehrende, erschütternde Fluchtgeschichte in den Knochen. Für die Caritas ist es auch eine humanitäre Verpflichtung, ihnen den Weg in ein selbstbestimmtes, sicheres Leben zu ermöglichen.