Mietenproteste mobilisieren
Rund 3000 Menschen demonstrierten auf dem Kölner Heumarkt für bezahlbaren Wohnraum und Mieterschutz, unter ihnen Kölns Weihbischof Ansgar Puff am Transparent. Markus Lahrmann
Wohnen ist ein Menschenrecht, dafür müssen alle eintreten", sagte der Kölner Diözesan-Caritasvorsitzende Weih-bischof Ansgar Puff bei der zentralen Kundgebung in Köln. Es gebe viel zu wenige Wohnungen, da sei viele Jahre geschlampt worden, so sein Vorwurf. Der Caritas-Chef forderte, sich mit Obdachlosen und Wohnungssuchenden zu solidarisieren: "Gerade die Schwächsten der Gesellschaft haben keine Chance, deswegen stehen wir mit ihnen hier."
Nordrhein-Westfalen bräuchte jedes Jahr 80000 neue Wohnungen, gebaut werden aber nur 48000. Dementsprechend sind die Neubau-Kaltmieten in den vergangenen Jahren durchschnittlich von knapp 7 Euro auf 9,78 Euro pro Quadratmeter gestiegen.
"Inzwischen ist es schon für Normalverdiener schwierig, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wie sollen da Menschen, die wohnungslos waren oder verschuldet sind, eine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben?", sagte der Bochumer Orts-Caritasdirektor Hans-Werner Wolff bei einer Aktion in der Bochumer Innenstadt. Mit Zelten und einem Infostand warb das Bündnis dort um Unterschriften für die Petition "Wir wollen wohnen". Das Ziel: bisher gültige Regeln für den Mieterschutz wie zum Beispiel die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen oder den Kündigungsschutz bei Eigenbedarf erhalten. Gleichzeitig müsse der soziale Wohnungsbau gestärkt werden.
Politische Initiativen
Zu einer spontanen Diskussion mit Paderborns Bürgermeister Michael Dreier kam es beim Aktionstag #wirwollenwohnen in Paderborn. Klar, den öffentlichen Wohnungsbau hat die Stadt "auf dem Schirm". Doch wem nützen neue Wohnungen mit Mietpreisbindung, wenn selbst diese Mieten über den Wohnkosten liegen, die Hartz-IV-Empfängern zugestanden werden? Schon jetzt müssten viele Betroffene Geld aus ihrem Regelsatz für die Wohnkosten abzweigen. Außerdem sei Wohnraum für kinderreiche Familien bei Neubauvorhaben kaum in Blick, kritisierten Vertreter des Runden Tisches Armut.
Das Bündnis sammelt Unterschriften wie hier in Bochum analog – und online.Annette Borgstedt
Neben öffentlichen Aktionen sucht das Aktionsbündnis auch den Weg in die politische Debatte. Bei einer Anhörung im Landtag forderte der Sprecher des Bündnisses, der Mieterbund-Vorsitzende Hans-Jochem Witzke, den mietpreisgebundenen Mietwohnungsbau in den Mittelpunkt der sozialen Wohnraumförderung zu stellen. Denn auch die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der Wohnraumförderung machen eine Fehlentwicklung bei der Förderpolitik deutlich. Zwar wurden in NRW insgesamt 923,4 Millionen Euro für den öffentlich geförderten Wohnungsbau "verbaut". Dies sei aber auch auf eine Steigerung bei den Baukosten zurückzuführen und reiche bei Weitem nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken, so Witzke.
Zu wenig Sozialwohnungen
Vor allem die Verteilung der Mittel sieht das Bündnis kritisch: 2018 wurden nur 6159 Mietwohnungen und damit 820 weniger als im Vorjahr errichtet. Viel Landesgeld floss dagegen in die Eigentumsförderung, von der Geringverdiener und Menschen mit Behinderung oder anderen Beeinträchtigungen kaum profitieren. Insgesamt nimmt die Zahl der preisgebundenen Wohnungen in NRW immer mehr ab. Ende 2017 gab es noch rund 460000 öffentlich geförderte Wohnungen. Würden keine weiteren Sozialwohnungen mehr errichtet, so würde der Bestand aufgrund des Auslaufens der Sozialbindungen bis zum Jahr 2030 um 36,8 Prozent auf 291000 Wohnungen schrumpfen.