Stromsperren verhindern
"Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht ..." Treffender könnte das Brecht-Zitat auf Stromschuldner nicht passen. Ohne Energie sitzen Menschen sprichwörtlich im Dunkeln. Mehr als 330 000 Stromsperren im vergangenen Jahr verdeutlichen die Dimension des Problems. Dabei bildet der Zugang zu Energie eine Grundlage zur gesellschaftlichen Teilhabe und Daseinsfürsorge. Was bedeutet es, keinen Strom zu haben? Zuerst denkt man: kein Licht, vielleicht noch kein Fernsehen. In der Regel heißt es, keine Mahlzeit mehr kochen zu können, keine Musik, kein Radio, oft kein warmes Wasser. Eine alleinerziehende Mutter berichtete eindrücklich: "Selbst telefonieren wurde zum Problem." Sie hatte nur ein Handy, wie aufladen? Selbst bei Festnetzanschluss ist es heute schwer, noch ein Telefon zu finden, das keinen Strom braucht.
Ist der Strom gesperrt, stehen die Betroffenen vor enormen Herausforderungen. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Öffnen der gesperrten Stromzufuhr mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Für viele Haushalte ist es schwer, die Energiekosten zu tragen, da die Energiepreise konstant auf einem sehr hohen Niveau sind. Vor allem Bezieher von Niedrigeinkommen und Sozialleistungen sind betroffen. So ist selbst ein niedriger Stromverbrauch in den Regelleistungen des SGB II nicht ausreichend berücksichtigt. Seit vielen Jahren fordert die Caritas, dass die Kosten für Haushaltsenergie im SGB II und XII bedarfsgerecht abgebildet werden müssen, ca. zehn Euro pro Monat zusätzlich.
Es gibt viele Vorschläge, die helfen, das Problem zu mindern oder sogar Sperren zu verhindern: Neben der Anpassung der Regelleistungen müsste es für Bezieher von Niedrigeinkommen eine Entlastung geben. So könnte im Wohngeld ein Zuschuss für Heizkosten integriert werden. Weiterhin sollten für Energieversorger verbindliche Regelungen getroffen werden, die Energieschuldnern eine realistische Möglichkeit geben, das Problem zu lösen. Es sollten grundsätzlich Stromsperren untersagt werden, wenn tragfähige Lösungen zur Regulierung entwickelt wurden, selbst bei Zahlung von Kleinstraten. In anderen Ländern (z. B. Großbritannien) gibt es solche Lösungen. Sie müssen auch hier endlich angegangen werden. Bis dahin wird Weihnachten aber noch mancher Tannenbaum (leider) dunkel bleiben …