Sozialpolitische Profilierung
Markus Lahrmann, ChefredakteurAndre Zelck
Wie einfallslos ist das denn? Das Sozialticket abschaffen und mit den gesparten Millionen gerade mal 3,4 Kilometer Straßen bauen? NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hatte sich bei seinem husarenhaften Ausritt in das Gebiet der Sozialpolitik kräftig vergaloppiert. Ein Sturm der Empörung fegte durchs Land, bis der kluge Ministerpräsident Armin Laschet das Vorhaben ebenso schnell kassieren ließ, wie es aufgetaucht war.
Denn nicht einmal das von Wüst eilig nachgeschobene Argument, die Systematik der Förderung müsse korrigiert werden, überzeugte. Es stimmt zwar, die Verkehrspolitik in NRW muss grundlegend überholt werden. Das fängt bei den eigensinnigen Verkehrsverbünden an, die oftmals mehr das Wohl ehemaliger Politiker in ihrem Einzugsbereich im Blick zu haben scheinen als die effiziente Organisation von Mobilität. Und natürlich wünschen sich die leidgeprüften Pendler zu Recht Sanierung und Ausbau der maroden Brücken, engen Straßen und bröckelnden Unterführungen, in die allzu lange viel zu wenig investiert wurde. Aber doch bitte nicht als Erstes bei den Ärmsten sparen!
Laschets einsichtige Korrektur hat den Dampf aus der innenpolitischen Debatte über die zukünftige Sozialpolitik genommen. Doch es darf vermutet werden, dass die Diskussionen zwischen den Koalitionären von FDP und CDU zunehmen werden. Auch interne sozialpolitische Kurs-Debatten in der CDU-Fraktion, die zu 60 Prozent aus Parlamentsneulingen besteht, sind zu erwarten. Das muss nicht schlecht sein. Streit kann zu einer Profilierung führen. Dabei sind Ernsthaftigkeit und seriöse Argumentationsführung notwendig, um nicht den extremistischen Populisten auf den Leim zu gehen. Dieses Land hat eine sozialpolitisch profilierte CDU-Fraktion verdient.